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Hamburg. Der große Stadtbrand 1842

Der große Stadtbrand in Hamburg 5. bis 8. Mai 1842

Aus: Hamburgische Geschichte des 19. Jahrhunderts von 1800 bis 1843, von Johann Wilhelm Christern, (?) 1843

Die kleine Revolte, welche im Sommer 1830 auch in Hamburg vorfiel, ist für die Geschichte zu unbedeutend geblieben, weshalb sie hier nicht weiter erzählt zu werden braucht, es sei denn, dass alle kleinen Ergebnisse der beiden letzten Dezennien ausführlich besprochen und an allen ein ununterbrochener Faden fortgeführt werden sollte, was teils aber zu unerquicklich, teils für das Ganze zu resultatlos und uninteressant und gefährlich ist, besonders wenn jeder Leser diese junge Zeit noch allzu gut im Gedächtnis trägt, wenn eine Periode, wie die obengeschilderte, voraufgegangen ist und keine Jahrbücher mit allen Details geliefert weiden sollen.

Nicht leicht aber hat Hamburg ein Ereignis aufzuweisen, welches eine so allgemeine und nachhaltige Wirkung hervorgebracht, welches einen so tiefen Eindruck gemacht und eine so nationale Bedeutung gewonnen hätte, als der große Brand vom 5. - 8. Mai 1842.

Aus: Hamburgische Geschichte des 19. Jahrhunderts von 1800 bis 1843, von Johann Wilhelm Christern, (?) 1843

Wenn die Hamburger jetzt mit frischer Liebe und Lust sich daran machten, nicht bloß jedes feindliche Zeichen zu verwischen, sondern an ihrer neuerstandenen und gewonnenen Stadt zu bauen und zu bessern, so war ihnen dies durch das ebenfalls erwachte höhere Bedürfnis und die bereicherte Erfahrung in die Seele gegeben. Was getan, gekämpft und erduldet war, das konnte nur aus einem höheren Gesichtspunkte vergolten werden, das konnte nur geschehen, um die alte Hansestadt jetzt im wohl verdienten, dreifachen Glanze erscheinen zu lassen. Verkennen und verleugnen darf man es nicht, dass die Franzosen, durch den genialen Reformationsgeist Napoleons, durch den umgestaltenden Drang seines Geistes in bessere Form und Fassung, in exaktere Betreibung und Verwaltung der verschiedenen höheren und niederen Staatsgeschäfte gesetzt, für manches Bedürfnis auch hier die Augen geöffnet hatten, so dass man dennoch in einem Sinne ihren Spuren nachging, obgleich man sich dies immer nur ungern und höchstens im Geheimen hat zugestehen wollen, und sich die Sache dadurch um Vieles erleichterte, aber ewig Schade auch zugleich, dass Napoleon für uns direkte nicht weiter vorgearbeitet hatte, dass man daher mit Lust und Neigung am Staatswesen zu arbeiten, zu früh inne hielt, dass man sich, was die innere Staats-Ökonomie anbetrifft, zu eiligst und behaglich in den alten Stühlen wieder glücklich fühlte.

Aus: Hamburgische Geschichte des 19. Jahrhunderts von 1800 bis 1843, von Johann Wilhelm Christern, (?) 1843

Es währte noch bis zum 30. Mai, ehe die Franzosen alle mit einander die Stadt verließen, aber schon am folgenden Tage hielt Bennigsen, und zugleich mit ihm Mettlerkamp mit seiner Schar, seinen von freudigen Jubelgrüßen begleiteten Einzug. Dasselbe Glück hatten am 30. Juni endlich auch die wackeren Streiter von der hanseatischen Legion. Die Fenster aller Straßen, durch welche sie zogen, waren mit tausenden von Zuschauern besetzt, welche Hurrah! Es lebe Hamburg! riefen, mit weißen Tüchern flaggten, und zahllose Blumen und Kränze auf die im Parademarsch Vorbeiziehenden herabwarfen. Nur die Frauen, Mütter und Bräute derjenigen, welche als des Vaterlandes edle tapfere Söhne, im heiligen Kampfe für Freiheit und Recht gefallen waren, mischten in den Jubel der Wonne, der Errettung ihre Thronen der Wehmut und stillen Klage. Allein diese Beweinten, im Siegerheimzug Vermissten, sind nicht vergessen worden, denn ihre Namen stehen mit goldenen Buchstaben auf schwarzer Tafel in der Michaeliskirche verzeichnet, dort zum Ehrengedächtnis aufgehängt, nebst den Fahnen, welche auch ein blutiges Lied zu singen wissen von jenen Tagen, am 18. Oktober 1817, dem rechten Tage der Deutschen, wo zugleich die wahre Glaubensfreiheit ihr dreihundertjähriges Jubiläum feierte.

Aus: Hamburgische Geschichte des 19. Jahrhunderts von 1800 bis 1843, von Johann Wilhelm Christern, (?) 1843

Während dieser schrecklichen Ereignisse in Hamburg waren in der Umgegend fortwährend kleine Gefechte gewesen. Schon von Anfang Dezember hatte sich unter den französischen Truppen eine ungewöhnliche Unruhe gezeigt. Es verbreiteten sich Gerüchte, dass die noch im Lande hausenden Franzosen überall geschlagen würden; man erwartete offenbar eine Schließung der Tore und einen starken Angriff auf die Stadt. Man durfte jedoch auch erwarten, dass die Verbündeten so leicht nicht noch ein solches Schicksal über Hamburg herbeiführen würden; wenn Davoust gleich nicht den geringsten Teil, keine Straße verschont, und eher einen ungeheuren Schutthaufen hinterlassen als sich ergeben hätte. Einzelne Abteilungen der Verbündeten hatten bei Boitzenburg über die Elbe gesetzt, und ihre Stellung von Ochsenwärder bis nach Wandsbeck hinauf eingenommen. Der Lübsche- und Hammerbaum wurden geschlossen. In der Nacht vom 5. auf den 6. Dezember erhob sich ein heftiger Kampf, wobei besonders die Dänen viele Offiziere verloren. An demselben Abend wurde eine Abteilung der Franzosen bei Ochsenwärder geschlagen. Die Fliehenden kamen in Hamburg an und behaupteten keck, dass sie abgelöst worden wären! Abermals erhoben sich jetzt freiwillige und zahllose Auswanderungen. —

Aus: Hamburgische Geschichte des 19. Jahrhunderts von 1800 bis 1843, von Johann Wilhelm Christern, (?) 1843

Der innere Zustand war noch immer ein höchst unerfreulicher, die französische Herrschaft hatte sich hinter den Wällen zu fest gesetzt und schien auf keinen Fall weichen zu wollen, so lange sie nicht von den Bundesmächten bedrohet wurde. Es wurde mit der größten Hartnäckigkeit in der bekannten Weise fortgefahren. Alle Zurüstungen und Anordnungen, welche ferner gemacht wurden, deuteten darauf hin, dass man die schärfste Belagerung aushalten wolle. Der jetzige Maire Rücker erließ Verordnungen über Verordnungen, dass die Bewohner sich auf alle Fälle zu verproviantieren hätten, dass er für die Folgen einer Aushungerung nicht verantwortlich bleibe.

Aus: Hamburgische Geschichte des 19. Jahrhunderts von 1800 bis 1843, von Johann Wilhelm Christern, (?) 1843

Zu einigem Troste schienen die Dinge von Außen durch den Waffenstillstand ein anderes Ansehen zu gewinnen. Nach Aufhebung desselben ergingen in Hamburg aber wieder die geschärften Befehle, dass alle Versammlungen der Einwohner auf's strengste verboten wären; dass sogar Frauenzimmer — Damen der Halle? — auseinander getrieben und mit Ruten gepeitscht werden sollten; dass die Bewohner, im Falle eines Angriffes, sich in ihre Häuser begeben und die Türen verschließen sollten.

Aus: Hamburgische Geschichte des 19. Jahrhunderts von 1800 bis 1843, von Johann Wilhelm Christern, (?) 1843

Wenn diese tatkräftige Entschlossenheit eine augenblickliche Erhebung hervorgebracht hatte, so sollte die Beruhigung sich noch dadurch in Etwas stärken, dass mit einem dänischen Parlamentär die Meldung einlief, die Stadt möchte vier Bataillonen dänischer Truppen ihre Tore geöffnet halten. Jede Protektion würde ihr gewährt werden, sobald sie sich schnell unterwerfe. Diese Aufforderung geschah im Namen des Prinzen von Eckmühl. Der Senat zeigte unmittelbar die neue Besetzung an und forderte zur Ruhe auf, aber noch ehe ein Franzose seinen Fuß wieder in Hamburg gesetzt hatte, wurden auch schon die früheren Requisitionen gemacht. Den verbündeten Dänen folgten Franzosen sogleich nach. Davoust bezog die Wohnung Tettenborns, obgleich die Truppen noch mehrere Tage unter freiem Himmel bivouakiren mussten, um die Bürgerschaft durch Einquartierung nicht zu Auftritten zu reizen und die Wogen der Leidenschaften sich überhaupt erst wieder legen zu lassen.

Aus: Hamburgische Geschichte des 19. Jahrhunderts von 1800 bis 1843, von Johann Wilhelm Christern, (?) 1843

Die Botschaft, welche von London einlief, dass Bernstorfs Bemühungen dort vergeblich gewesen seien, machte einen höchst niederschlagenden Eindruck, wenn auch noch manche Gefechte, wie beim Zollenspeicher mit Kraft bestanden und zurückgeschlagen wurden. Viele Franzosen wurden niedergehauen, die Fliehenden ertranken.

Aus: Hamburgische Geschichte des 19. Jahrhunderts von 1800 bis 1843, von Johann Wilhelm Christern, (?) 1843

Alles drängte sich nun unters Gewehr und zu den Waffenübungen; man setzte seinen Ehrgeiz dann, der Erste bei den Fahnen und der Kräftigste im Dienste zu sein. Selbst die Frauen und Mädchen opferten ihren Schmuck willig auf, um den Erlös zur Befreiung des Vaterlandes, für Waffen, Uniform und Munition hinzugeben. — Wilhelmine Behrmann erließ einen eigenen Aufruf an ihr Geschlecht in Hamburg, die heilige Sache der Männer und Jünglinge zu unterstützen. Ihre edle, hochherzige Gesinnung verdient, in der Erinnerung an jene bedeutungsvollen Tage, was sie wollten und brachten, ewig mit fortzuleben. Schon nach acht Tagen hatten sich gegen 2.000 Männer und Jünglinge zur Befreiung des Vaterlandes gemeldet. Mit Begeisterung gaben sie ihren Namen ab für die große Sache. Die Kavallerie unter dem tatkräftigen Joseph Westphalen wurde am ersten vollzählig. Daneben errichtete der brave Hanfft auf eigene Kosten eine Schwadron, welche größtenteils aus kräftigen Fleischern bestand. Indem er sich freilich als Rittmeister an ihre Spitze stellte, war er doch bescheiden genug, dem sächsischen Major von Hobe den Oberbefehl einzuräumen.

Aus: Hamburgische Geschichte des 19. Jahrhunderts von 1800 bis 1843, von Johann Wilhelm Christern, (?) 1843

Im Namen des Kaisers von Russland verkündigte Tettenborn, dass die Stadt ihre alte Freiheit und Unabhängigkeit wieder erhalten solle, dass der Rat nach der Verfassung wieder in seine volle Tätigkeit treten und bleiben möchte. Dadurch wurden Senat und Kollegien zugleich jeder Verantwortung überhoben. Tettenborn sprach insbesondere allen Bürgern Lob und Mut zu, er richtete folgende gewichtige und hochherzige Worte an sie:

Kosaken

Kosaken

Aus Hamburgische Geschichte des 19. Jahrhunderts von 1800 bis 1843, von Johann Wilhelm Christern, (?) 1843

Wenn aber auch die Bürger mit immer mehr gespannter Erwartung den nunmehr wahrscheinlichen Ausgang der Dinge erwarteten, so war der große Haufe schon dreister und unverholener in seinen Ansichten und seinem Betragen. Dieser große Haufe, die sogenannten kleinen Leute waren besonders gegen die Douanen aufgebracht, weil sie sie beim Schuckeln so streng überwacht, so manche winzige, aber jetzt teure Ware unerbittlich weggenommen hatten, weil sie es waren, die dem Kleinleben auch den letzten armseligen Reiz im wahren Sinne genommen hatten.

Die Trümmer der Großen Armee 1812

Die Trümmer der Großen Armee 1812


Aus: Hamburgische Geschichte des 19. Jahrhunderts von 1800 bis 1843, von Johann Wilhelm Christern, (?) 1843

Der Senat trat am 13. Februar 1811, aus seiner alten, rechtmäßigen Wirksamkeit und am 22. des Monats wurde das Urteil schon im Namen des Kaisers der Franzosen gesprochen. Der längst unendlich bedrängte Handelsverkehr ging unter der französischen Herrschaft in völlige Erstarrung über; 320 Schiffe lagen wie verödet und verwaiset im Hafen und verursachten dadurch den Eignern einen Schaden von zwölf Millionen Franken. Die Armut erstreckte sich jetzt auf Alle, von dem Größten bis zu dem Geringsten in gleichem Maße, Jeder war ausgesogen bis auf's Blut, entkräftet bis zur Ohnmacht.