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- Category: Geschichte
- Published: 25 February 2011
Die Befehle, Verordnungen und Bekanntmachungen, welche alle darauf hinausgingen, die Stadt die Kreuz und Quere auszusaugen und jeden gesunden Lebensverkehr zu hemmen, drängten sich von einem Tage zum andern, und oft, weil man der örtlichen Verhältnisse nicht so kundig war, bis zur Verwirrung. Endlich übergab der Senat selbst der Bürgerschaft folgendes, von Napoleon eigenhändig unterzeichnetes Dekret:
Art. l. Die großbritannischen Inseln weiden für blockiert erklärt.
Art. 2. Aller Handel und alle Korrespondenz mit den großbritannischen Inseln ist verboten. Folglich werden Briefe und Pakete, welche nach England und an einen Engländer adressiert oder in englischer Sprache geschrieben sind, auf den Posten nicht abgeben können, sondern angehalten werden.
Art. 3. Jeder Engländer oder englischer Untertan, von welchem Stande er sein mag, der in den von unsern Truppen oder den Truppen unserer Alliierten besetzten Länder angetroffen wird, soll zum Kriegsgefangenen gemacht werden.
Art. 4. Alle Magazine, alle Waren, alles Eigentum, von welcher Beschaffenheit es sei, welches einem englischen Untertan gehört, soll für eine gute Prise erklärt werden.
Art. 5. Der Handel mit englischen Waren ist verboten, und alle Waren, welche Engländern zugehören oder aus englischen Fabriken und Kolonien herrühren, werden für gute Prisen erklärt.
Die ferneren Artikel, im Ganzen elf, erhalten die nähere Bestimmung über die Verteilung der konfiszierten Güter, so wie die besondere Instruktion an die Minister der auswärtigen Angelegenheiten, des Krieges, der Marine usw. — Der Senat fugte diesem Dekret sogleich sein besonderes, gleichlautendes Gebot in fünf Paragraphen Hinzu. Die Angabe und Aufgabe der englischen Waren wurde mit der größten Strenge und Genauigkeit betrieben. In einer Bekanntmachung hieß es, dass der Reichsmarschall Mortier gefunden, dass ein Aufschub von 18 Stunden noch nicht hinreichend sei, um alle Waaren zu deklarieren, es solle deshalb mit der Aufnahme ununterbrochen fortgefahren werden.
Die Beschränkung im gewöhnlichen Lebensverkehr ging soweit, dass selbst die leer ausgehenden kleinen Bauerwagen, welche Viktualien zur Stadt gebracht hatten, einen Pass lösen mussten, um nur durch das Tor wieder hinauszukommen. Diese Maßregel mochte aber doch der Mühe zu viel machen, weshalb sie nach einiger Zeit durch höchsten Befehl selbst wieder aufgehoben wurde.
Zu leugnen ist nicht, dass der Senat, seinem obigen Versprechen gemäß, unausgesetzt tätig war, den Verkehr namentlich im Handel einigermaßen zu erleichtern, nur blieben alle seine Bestrebungen ziemlich fruchtlos. Nach inständigem Drängen und Beschwören, dass unter obschwebenden Umständen die Stadt am Ende nicht mehr fähig sein würde, selbst ihrer Militärbesatzung und den vielen an sie ergehenden Forderungen den nöthigen Vorschub zu leisten, kam es endlich so weit, dass der Verkehr mit Waren, welche in dem obgedachten Dekret nicht mitbegriffen waren, wieder freistehen sollte, nur müsste dem Reichsmarschall beständig eine genaue Liste über Namen und Gegenstände wie deren Bestimmung eingeliefert werden. Um diese Angaben unter Kontrolle zu halten, wurden die ausgehenden Waaren von den Douaniers an den Toren und Schlagbäumen untersucht, und bei überführter Unrichtigkeit oder auch nur Ungenauigkeit weggenommen.
Während der Handel solchergestalt auf alle Weise beengt und gedrückt, also die rechte Erwerbsquelle so gut wie abgeschnitten war, sah sich der Rath dennoch genöthigt, eine förmliche Anleihe bei der Bürgerschaft zu machen. Die Verordnung über die durch Rath und Bürgerschluss beliebte contributionsmäßige Anleihe wurde am 27. November 1806 ausgegeben, und lautete dahin, dass, in Folge der gegenwärtigen bedrängten Lage und der nötig werdenden großen außerordentlichen Ausgaben, jeder Bürger und im Nexu stehende Einwohner, dessen Leistung zu einem einfachen Kopfgelde von 30 Mark Courant und darüber betrage, verpflichtet sein solle, noch vor dem 31. Dezember zehnmal so viel in Banco zur Anleihe und zur Disposition der Kammer herzugeben, als er für sich in Courant zu dem letzten einfachen Kopfgeld habe beitragen müssen, so dass, wer 30 Mark Courant Kopfgeld zahlte, 300 Mark Banco hergeben musste.