Aus: Skizzen aus den Hansestädten. Hamburgische Skizzen. Beurmann, Eduard (1804-1883) deutscher Jurist, Publizist und Schriftsteller. 1836
Hamburg ist in der Beziehung zu sich wenigstens Freistaat; in der Beziehung zum Auslande verdient es freilich diesen Namen nur, nach den Bestimmungen der Wiener Kongreß-Akte, die, des europaischen Gleichgewichts wegen, die republikanische Anomalie in Deutschland dulden musste. Geistige und politische Freiheit kann man deshalb in Hamburg so wenig suchen, wie in den anderen freien Städten.
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Die Verfassung Hamburgs ist die bestorganisierte der Hansestädte. Die Hoheit des Staats ist in den Händen des Rats und der Bürgerschaft, wie in den übrigen freien Städten; aber der Bürgerschaft ist eine weit festere Stellung, ein weit ausgedehnterer Wirkungskreis eingeräumt, als solches die Verfassungen Bremens und Lübecks gestatten. Schon die Kollegien der Oberalten, der Sechziger und Hundertachtziger, die uns, als Repräsentanten der Bürgerschaft, entgegentreten und derselben ein festes kollegialisches Fundament verleihen, einen Anhaltspunkt, auf den sie sich verlassen kann, bestätigen diese Behauptung.
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Ein reges wissenschaftliches Leben ist in Hamburg nicht zu finden. Der Handel mit allen feinen Einflüssen ist am schärfsten im öffentlichen Leben ausgeprägt; er ist der Koncentrationspunkt des Verkehrs. Demohngeachtet muss man doch zugeben, dass Wissenschaft und Kunst in keiner der freien Städte so sehr goutirt werden, wie in Hamburg. Man könnte vielleicht glauben, solches rühre aus einem gewissen Luxus - Getreibe her, welches auch mit den Musen ein Haus zu machen suche.
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Ich komme hier zu einer weiteren Folgerung. Die Humanität (man verstehe hier nicht den beschränkten Begriff darunter,) ist in Hamburg nicht zu Hause. Man stößt auf keinen Philisterismus, wie in Bremen, auf keine Dürftigkeit, wie in Lübeck, man findet geselliges Leben in den Häusern, milde, sanfte Augen bei den Hamburgerinnen der höheren Stände, Armen - und Krankenhäuser, die nichts zu wünschen übrig lassen, Kunst-Anstalten wissenschaftliche Vereine; man wird es bis zu Eisenbahnen bringen. Aber die Humanität gehört in Hamburg zu den böhmischen Dörfern.
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Der Hamburger „unparteiische Korrespondent“ erscheint im Verlage der Grund'schen Erben, und wird von Runckel redigiert, der die seltensten Sprachkenntnisse vereint und mit einer Geläufigkeit sein redakteurliches Geschäft verwaltet, die zu bewundern ist. Übersetzend aus der einen Sprache und einem Schreiber diktierend unterhält er sich mit einem Dritten in einer anderen. Die gerühmte Unparteilichkeit, die diese Zeitung, als Motto ihres Wappens, an der Stirn führt, ha! nun freilich in der letzteren Zeit einem fremden Einflusse weichen müssen.
Die Börsenhalle ist Privat-Entreprise; aber sie ist ein wesentliches Institut für eine große Handelsstadt und findet deshalb in dieser die kräftigste Unterstützung. In einer engen Gasse gelegen verliert sie allerdings an imposantem Ansehen; indes man kann es nicht leugnen, sie gehört zu den Bauzierden der Stadt. Der Peristyl unter den Arkaden trägt einen gewölbten Balkon, dessen Vertiefungen mit den Attributen des Handels verziert sind. Die Treppe von der Straße führt unmittelbar in den großen Saal, die eigentliche Halle.
Ich muss bei dieser Gelegenheit eines Zweiges der hamburgischen Staatsgewalt Erwähnung tun, der mir alle Achtung zu verdienen scheint. Es ist die Polizei. Die Hamburger Polizei ist die gemütlichste und harmloseste von der Welt. Sie hat Handschuhe von Samt über den Händen und geht auf Filzsohlen. Man merkt sie nirgends und sie ist allenthalben, mischt sich jedoch nie in die politischen Gedanken, sie mögen sich noch so laut und deutlich aussprechen. Sonst tut sie als Polizei ihre Schuldigkeit. Sie kennt einen Jeden, wenn er nur vierundzwanzig Stunden in Hamburg ist, und hütet ihn, ist er verdächtig, d. h. verdächtig in Betreff eines Attentats gegen die Sicherheit des Eigentums oder die Person.
Die Gefängnisse Hamburgs sind verschieden. Ich führe hier die neben einander liegenden: Spinnhaus und Zuchthaus an. Das erstere ist für schwere Verbrecher, die hier zur Arbeit angehalten werden. Sie müssen Decken verfertigen. Wolle spinnen und weben. Zu bewundern ist es, dass man hier keine andere Wache findet, als die, welche der Ökonom und drei Beamte versehen. Sie genügen vollkommen zur Aufsicht über die große Anzahl schwergravierter Sträflinge.
Es wird hier am rechten Orte sein, von dem „allgemeinen Krankenhaus“ zu sprechen, welches für tausend bis zwölfhundert Kranke eingerichtet ist. Es kann sich kühn mit dem Hotel-Dieu in Paris, dem Josephs-Hospital in Wien und dem des heiligen Julius in Würzburg messen. Der Bau und die innere Einrichtung machen dem Architekten Wimmel, dem Erbauer, die größte Ehre. Am 28. Juni 1821 wurde der Grundstein zu diesem Gebäude gelegt, und bereits am 30. Oktober 1823 wurde dasselbe feierlich eingeweiht.
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Das Klima Hamburgs ist veränderlich, Regen und Sonnenschein wechseln in einem Tage oft mehre Male. Crome rechnet auf ein halbes Jahrhundert und drei bewölkte und achtzig heitere Tage. Ungeachtet dieser etwas nebligen Temperatur, ungeachtet des Wassers, welches Hamburg umgibt und der stinkigen Kanäle, die hier „Fleete“ genannt werden, kann man die Luft nicht in dem Grade ungesund nennen, als man solches anzunehmen berechtigt wäre. Ihr schädlicher Einfluss auf die Menschen wird freilich durch die vielen engen Lokalitäten vermehrt, durch die Anhäufung der Menschen in den „Gängen, „Höfen“ und „Kellern“, durch die Armut und das mit dem Handel zusammenhängende Elend des Lebens. Aber man trifft mit Umsicht Vorkehrungen gegen Epidemien, und selbst die Cholera, von der man fürchtete, sie werde einen glänzenden Hof innerhalb Hamburgs Ringmauern aufschlagen, benahm sich bescheidener und zahmer, als man es hoffen konnte. Gewöhnliche Krankheiten sind: Brustübel, Rheumatismen und Schwindsucht.
Der Hamburger Berg — also wird der Vorstadt-Teil von Hamburg genannt, der diese Stadt von Altona scheidet. Beide Städte bieten sich hier beinahe die Hände. Schifft man über die Elbe zu Hamburg heran, so gewahrt man die Grenzscheide nicht: Hamburg und Altona scheinen eine weitausgedehnte Stadt zu bilden. Die neidische Holstein-Dänische allzunahe Nachbarin muss wider ihren Willen dazu beitragen, den Glanz und das Ansehen der stolzen Handelsstadt, die ihr den Fuß auf den Nacken gesetzt, zu erhöhen.
Aus: Deutsches Museum. Zeitschrift für Literatur, Kunst und öffentliches Leben. Robert Prutz, Wilhelm Wolfsohn, Hermann Rost. Erster Jahrgang 1851. Juli - September
RL. Mitten in dem Treiben der Handelsstadt, der Rastlosigkeit des Erwerbs und dem Stolz des Besitzes, machen die österreichischen Uniformen einen durchaus fremdartigen, keineswegs imposanten Eindruck. Der militärische Lärm, der hier doch bloß das dolce far niente des Gamaschendienstes begleitet, verschwindet gegen den Lärm der Arbeit, mit welchem ein alle Zonen umfassender Handel die Straßen Hamburgs erfüllt. Der österreichische Patriotismus, der von Wien und dem Kaiser phantasiert, hat etwas Kleinstädtisches gegenüber dem Weltbürgertum, durch welches selbst das Hamburger Proletariat sich auszeichnet, dem Valparaiso, Pernambuco, Buenos Ayres, New-York und Kanton so geläufig sind wie dem österreichischen Soldaten Wien und Prag. So vermochte denn auch die Glorie des Kaisertums, welche hier am letzten Geburtstag des Monarchen durch Kanonendonner, große Parade, und Festessen den Hamburgern in Erinnerung gebracht wurde, dieselben nickt aus ihrer Gleichgültigkeit gegen die prunkenden Schaustellungen des Absolutismus aufzurütteln. Sie versammelten sich zwar zahlreich, ihr ganzes Benehmen jedoch während der Messe und der Parade zeigte, dass das große militärische Schauspiel auf sie keinen andern Eindruck machte, als etwa ein Feuerwerk auf dem Uhlenhorst. Der Hamburger hat nun einmal keine Empfänglichkeit für die Poesie der Militärstaaten.