Aus: Die Kunst. Monatshefte für freie und angewandte Kunst. 29 Band. XXIX Jahrgang. 1914. Von H. E. Wallsee
Das Schicksal wird nicht müde im Schaffen von tragischen Gegensätzen. Gerade um die Zeit, da der zum Neubau erweiterte Umbau der Hamburger Kunsthalle unter Dach gebracht worden ist, bricht Alfred Lichtwark, dem dieser Bau stets als Krönung seines Lebenswerkes vorgeschwebt, sterbend zusammen. Im letzten Herbst von den Nachwirkungen einer Magenoperation niedergeworfen, erholte sich der bis dahin breite und stämmige Mann ein zweites und ein drittes Mal, um nach einem vorübergehenden Kuraufenthalt in Wiesbaden sich mit einer Entschlossenheit, an der stille Verzweiflung, in Vorahnung des nahenden Unabwendbaren, wohl auch Teil gehabt haben mochte, wieder seiner geliebten, ach, so sehr drängenden Arbeit zuzuwenden. Doch es war nur mehr ein letztes, schwaches Aufflackern der zähen Energie von einst, mit der er die Anordnung der Städtebauausstellung in der Kunsthalle überwachte. Mit dem Schluss dieser Ausstellung schloss auch das Leben des Mannes selbst, der ihr im zweifachen Sinne die Weihe gegeben hatte. Am 13. Januar 1914 ist Alfred Lichtwark entschlafen.