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Der Turm wurde 1580 vollendet, musste schon vor Ablauf von hundert Jahren 1659 renoviert werden, bedurfte abermals, ehe hundert Jahre verflossen waren, 1732 einer sehr kostbaren Reparatur und doch war man genötigt die Spitze 1810 gänzlich abzutragen. Offenbar ist bei der ersten Erbauung der Grund zu schwach gewesen. Jetzt ragt die Mauer um ein weniges über das Kirchendach hervor. Das Gewölbe ist niedriger als in den andern Hauptkirchen, aber sehr dauerhaft. Die Länge der Kirche beträgt 220, die Breite 120 Fuß. Der Altar steht frei und ist nach der Wiederherstellung anspruchlos und einfach verziert. An Denkmälern ist diese Kirche dürftiger als die übrigen, welches sich von der Unvermögenheit der Gemeindeglieder nicht anders erwarten lässt, obgleich diese von jeher sich durch eine sehr große Anhänglichkeit an ihre Kirche, Gemeinde und geistlichen Hirten ausgezeichnet haften. Beim Eintritt in die Turmtüre sieht man rechts an der Südseite eine Abbildung Hamburgs aus neuern Zeiten. Denn es sind alle Türme, welche die Stadt jemals gehabt hat, zu sehen. Die Ansicht ist vom Grasbrook aus genommen. Unter diesem Gemälde ließt man: Zum Andenken VON Heinr. Kühl, ältestem Oberalten der Kirche. Vermutlich hat er es geschenkt. Er war ein Liebhaber der hamburgischen Geschichte und Sammler von Altertümern, und hat sich auf mannigfaltige Weise um diese Kirche und um das Gemeinwesen verdient gemacht. Die sehr gute Orgel ist 1689 erbauet. Unter den Abbildungen merkwürdiger Männer zeichnet sich die von dem bekannten Erdmann Neumeister in Lebensgröße aus. An dieser Kirche haben von jeher ausgezeichnete, auch als Gelehrte im Auslande berühmte Männer gestanden. Die Namen eines Joh. Balt. Schuppius, Ant. Reiser., Erdmann Neumeister und Joh. Fried. Mayer, sind noch nicht vergessen. Dieser war ein Mann von außerordentlichen Talenten, von ausgebreiteter Gelehrsamkeit, großen Rednergaben, aber ein ehrgeitziger, unruhiger Kopf, ein wahrer Demagog und Aufwiegler des Volks, welches so fest an ihm hing, dass man es in den damaligen unruhigen Zeiten nicht wagte, ihn zur verdienten Rechenschaft zu ziehen. Man wurde seiner glücklich los durch einen Ruf, welchen er als Kanzler nach Greißwalde erhielt. Alle Versuche seines Anhangs ihn wieder nach Hamburg zu rufen, wurden vereitelt. Er stand bei großen Herren in einem solchen Ansehen, dass fürstliche Personen bei ihm in Hamburg zu logieren pflegten und die beiden Könige Friedrich von Dänemark und Friedrich August von Pohlen ihn kurz vor seinem Ende persönlich besuchten. Er starb in Stettin, wohin er sich im nordischen Kriege geflüchtet hatte, 1712, an der Brustwassersucht.