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- Category: Vermischtes
- Published: 17 March 2011
Über dem Gitter ist ein Chorlector, in dessen Mitte die Kanzel vorspringt, welches eben keinen schönen Anblick gewährt. Sie ist 1683 erbauet. Ob sie vor der Reformation dieselbe Stelle eingenommen, ist nicht auszumachen, aber nicht wahrscheinlich. Jetzt möchte der Versuch sie zu verlegen und dadurch den Altar von seiner Einfassung zu befreien, etwas gewagt sein. Schon jetzt ist der Redner nicht in allen Gängen der Kirche recht gut zu verstehen. Bei der einmaligen Einrichtung der Emporkirche, Gestühle und Kirchenlogen könnte sehr leicht für einen großen Teil der Zuhörer die ganze Predigt verloren gehen, wenn man die Kanzel an einen Pfeiler, wie in den andern Kirchen, heftete, welches doch notwendig geschehen müsste. . .
Die Orgel ist vorzüglich. Vormals hatte die Kirche deren zwei, eine kleinere, welche beim Frühgottesdienst in der Woche gebraucht wurde. Man hat sie weggenommen, nicht allein weil man ihrer nicht bedurfte, sondern auch weil sie von den Franzosen sehr beraubt und beschädigt war.
An Denkmälern und Kunstwerken ist diese Kirche arm. Das historisch Merkwürdigste ist das des Bürgermeisters Simon von Utrecht in einer Kapelle südlich vom Altar. Es ist mit Ruinen zerstörter Schiffe geziert, welche auf die Siege des tapfern Mannes über die Strandfriesen hindeutet. Diese hatten die Schifffahrt der Bremer und Hamburger sehr beeinträchtiget. Die Städte rüsteten daher eine mit Mannschaft wohl versehene Flotte aus, welche Simon befehligte. Er traf die Seeräuber zwischen der Weser und Ems, schlug und zerstörte ihre Flotte, landete, siegte abermals, schleifte die Raubburgen, eroberte Emden und führte dessen Besitzer mit nach Hamburg. — Die gewöhnliche Sage, dass er die berüchtigten Seeräuber Störtebecker und Gädeke bezwungen, ist ungegründet. Deren Überwinder war Nicolaus Schocke, auch Bürgermeister, im Jahre 1402. Simon von Utrecht wurde erst 1433 Bürgermeister. Die Inschrift ist nicht wohl zu lesen, weil sie zu hoch ist.
Der Turm der Kirche ist freilich nicht in dem einfachen Stil des Petriturms aufgeführt, aber ungeachtet der Künsteleien doch von gutem Ansehen. Das große Mauerwerk endigt mit einer Gallerie. Auf dieser erhebt sich ein gemauertes Achteck, auf welchem die Pyramide ruht, die durch eine Laterne unterbrochen wird. Auf dieser lagern acht große vergoldete Knöpfe mit einem Durchmesser von 7 1/2 Fuß, welche sich in der Ferne bei Sonnenschein sehr gut ausnehmen. In der Laterne befindet sich ein sehr wohlklingendes holländisches Glockenspiel, welches, wie das zu St. Petri, zu gewissen bestimmten Tageszeiten und auf Verlangen bei festlichen Gelegenheiten gespielt wird. Es ist vom Catarinenturm hierher versetzt, weil jener es nicht zu tragen vermochte. Die Kirchenvorsteher ließen noch sieben und zwanzig neue Glocken dazu gießen und am 15. Julius 1663 wurde zum erstenmale darauf gespielt. An dieser Kirche stand einst der in der bamburgischen Kirchengeschichte berühmte Horbius, J. J. Speners Schwager, welcher dem bekannten und vom Volke begünstigten Streiter, J. F. Meyer, weichen musste, auf seinem Garten in dem benachbarten Dorfe Schlem starb (1695) und in Steinbeck, wo ihm ein Denkmal errichtet wurde, begraben liegt.