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In einer großen Stadt überbieten sich die Genüsse und es gibt keine Bizarrerie, wodurch man nicht das große Publikum anzulocken versteht. In der ersten Zeit jener Entreprise hat das Tivoli-Theater sogar dem Stadt-Theater bedeutenden Abbruch getan: man fand sich durch die Neuheit jenes zu sehr angezogen, und Herr Maurice wurde mit neidischen Augen von den beiden Schauspiel-Direktoren im Hause am Dammtore betrachtet. Tivoli ist eigentlich der Konzentrationspunkt der Hamburger Volks - Vergnügungen, die hier freilich nicht mit der so sehr ansprechenden Seele auftreten, wie in Wien, aber doch auch weit lebhafter, als in Berlin. Ein eigentliches Volksleben findet man in Hamburg nicht. Dasselbe setzt Nationalität voraus, und wo wäre diese in der Geschiedenheit der Bundesstaaten zu finden? Der Hamburger ist, wie die übrigen Freistädter, an den Materialismus gebunden. Im Welthandel verkehrend, in einer Stadt lebend, die weniger, als Bremen und Lübeck von Deutschland geschieden ist, sondern vielmehr durch die Elbe in die Hauptstaaten desselben eingreift, tritt er großartiger auf, als die Bewohner der Schwesterstädte und bietet den schroffsten Gegensatz zu dem Philisterismus des Bremers. Wenn dieser um zehn Uhr seine Haustür schließt, so ist der Hamburger unter allen Deutschen derjenige, der am spätesten schlafen geht. Die größere Lebhaftigkeit des Hamburgers, welche teilweise den Anschein einer Volkstümlichkeit erhält, erklärt sich aber eben auch aus dem Verkehr mit Fremden aus allen Weltgegenden. Diese Lebhaftigkeit ist jedoch nur äußerlich, nicht, wie bei dem Wiener, Humor. Die öffentlichen Vergnügungen in Hamburg sind selten ohne rohen Genuss. Wenn wir in Tivoli dieselben in ihrer zartesten Haltung erblicken, so werden wir bei Peter Ahrens, Dorgerloh u. s. w., sie auf dem Zenit des Materialismus schauen, ein Resultat, welches bei einer Welt-Seestadt so natürlich ist, welches jedoch kaum in irgend einer Seestadt der zivilisierten Welt in der Vollendung heraus tritt, wie in Hamburg.