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- Category: Stadt & Leute
- Published: 19 April 2011
C.S.: Liebe Bozinsky Crew, wie man auf euer homepage lesen kann, habt ihr ja schon seit 2002 u. a. in der Hamburger Markthalle (MarX) – bis 2005 unter dem Namen "Catchy Tunes" – und zuletzt im headcrash und der Astra Stube die Puppen tanzen lassen. Wie habt ihr euch zusammen als Band gefunden?
Bozinsky: Die Wurzeln der Band liegen bereits in der Schulzeit. Robin und ich haben schon in unserer ersten Schülerband zusammen Musik gemacht, aber danach aus den Augen verloren. Jonas, der auf derselben Schule war, traf ich an der Uni wieder. Er begann in der Band Catchy Tunes zu trommeln, weil deren Gründungsmitglied, Robin, ans Gesangsmikro gewechselt hatte. Catchy Tunes suchten einen zweiten Gitarristen und damit war auch ich an Bord. Catchy Tunes fehlte noch ein Bass. Mit Sascha fanden wir, ebenfalls an der Uni, den richtigen Mann für den "Bums". In den folgenden Jahren stieg der erste Gitarrist aus und Daniel ersetze den bisweiligen Keyboarder. Weder musikalisch, noch personell waren wir zu diesem Zeitpunkt noch Catchy Tunes. Also erfolgte die Umbenennung in Bozinsky.
C.S.: Die zerbrochene Brille als euer Symbol erinnert an den Stadtneurotiker Woody Allen, der sich im Großstadtdschungel verliert. Was bedeutet das Symbol und wie steht ihr zu euer Stadt Hamburg?
Bozinsky: Wir sind zwar alle in Hamburg aufgewachsen, aber mittlerweile nicht mehr zu 100% in Hamburg beheimatet. Dennoch lieben wir unsere Stadt. Zwar hat unser Umgang miteinander, aufgrund der langen Zeit, die wir uns schon kennen, häufig etwas Neurotisches, aber, nein, mit Woody Allen hat die zerbrochene Brille nichts zu tun. Sie ist eine Anspielung auf das bekannte Computerfreak-Klischee, das auch dem "Vater" unseres Bandnamens, "Murray Bozinsky", aus der 80er Jahre-Fernsehserie „Ein Trio mit vier Fäusten" anhaftet.
C.S.: Ihr spielt in Songs wie "Männergespräch" musikalisch mit beinahe Reggae oder Ska-haft verzögerten Rhythmen, Lautstärkewechseln und inhaltlich mit gesellschaftlichen Erwartungen z. B. Körperkult, Oberflächlichkeit und Gefahren bei der Partnerwahl. Immerhin jedoch – was ja absolut nicht selbstverständlich ist – rockt ihr oftmals auf Deutsch und macht ja auch vor Merkel und Beckstein nicht Halt und sprecht von comedic-rock. Wo würdet ihr euch als Band verorten und mit welchen Themen fühlt ihr euch am wohlsten?
Bozinsky: Also wir sind wohl eine der Bands, bei denen keine zwei Mitglieder dieselbe "Platte im Schrank" – oder eher "Album auf (Fest-)Platte" – haben. Wir geben uns Mühe, die unterschiedlichen Ideen verschiedener Stilrichtungen unter einen Hut zu bringen. Wenn uns das gelingt, ergibt sich zwangsläufig ein breites Stilspektrum.
Textlich haben wir irgendwann begonnen, nur noch Deutsch zu schreiben. Anfangs war das seltsam, weil wir alle mit englischsprachiger Musik aufgewachsen sind. Aber heute fühlen sich deutsche Texte für uns ganz natürlich an. Wir haben kein Problem mit der Zweisprachigkeit. Wenn wir ältere Songs spielen, dann sind die eben Englisch. Nach Konzerten werden wir häufig auf diesen Punkt angesprochen, aber für uns gibt es hier keinen Konflikt.
Inhaltlich haben wir keine feste Linie, was die Texte angeht. Es geht häufig um Begebenheiten und zwischenmenschliche Ereignisse aus unserem und dem gesellschaftlichen Leben. Auch wenn wir mit "Blumen von der Kanzlerin" schon politisch erscheinen, ist das gesamtinhaltlich nur ein Randthema.
C.S.: Ihr sucht nach Auftritten und Möglichkeiten, euch zu präsentieren. Wo würdet ihr gern auftreten und mit welchem musikalischen Programm könntet ihr eure Lieblingsschuppen oder Open Airs rocken?
Bozinsky: Also wenn man Musik macht, dann will man die auch präsentieren. Und als Rock-Band geht das am besten live auf einer Bühne. Dabei kommt es weniger auf die Location sondern mehr auf die Stimmung an. Open Air ist immer ein Highlight. Auch wenn wir schon auf einigen Veranstaltungen im öffentlichen Raum gespielt haben, haben wir ein Ereignis noch ausgelassen: den Hamburger Hafengeburtstag. Da sind dann auch die Temperaturen angenehmer als bei unserem letzten Open Air Konzert im Dezember auf dem Weihnachtsmarkt auf dem Spielbudenplatz. Ich glaube, da werde ich mich gleich mal drum kümmern...
C.S.: Euer zweites Album "Murrayed in a Fever" aus 2007 kann man im Internet hören, also auch Kracher-Songs wie "Next Mission" oder "Bleeding". Neben diesen relativ lauten Titeln habt ihr aber mit "Nur Vorbei" auch im wahrsten Sinne "Piano" an Deck gelassen. Wir kamt ihr auf den nicht ganz wortgetreuen Namen "Murrayed"? Ich habe was Ähnliches bei Klinischer Mikrobiologie gelesen – vielleicht Zufall.
Bozinsky: Wir veröffentlichen alle unsere Alben grundsätzlich online. Die erste Platte haben wir noch auf CD veröffentlicht, aber was machen die Leute dann damit? Genau, rippen und auf den MP3-Player damit. Dann lieber gleich als Download im Netz.
Nein, mit Mikrobiologie hat das nichts zu tun. Es ist eine Mash-up vom Vornamen unseres Bandnamensgebers und einer Textzeile des Songs "Jackson", den Nancy Sinatra im Duett mit Lee Hazlewood (1929-2007) gesungen hat.
C.S.: In welchen Bereichen habt ihr euch in den letzten 4 Jahren am meisten entwickelt? "Queen Murray" zum Beispiel ist ja eine Weiterentwicklung – Kann man das euer 3. Album nennen?
Bozinsky: Ja, auch wenn die Veröffentlichungen bisher immer eine überschaubare Songauswahl enthalten, sehen wir das schon als "3. Album". Ich glaube, die größte Entwicklung der letzten 4 Jahre ist, dass wir uns noch nicht gegenseitig umgebracht haben. ;-)
Musikalisch betrachtet, entwickeln wir uns immer weiter. Bis auf den Wechsel zu ausschließlich deutschen Texten, kann ich nichts besonders herausstellen. Davon kann sich aber jeder selbst ein "Ohr" machen.
C.S.: Wo können euch die Leser von mein-hamburg und die Fans das nächste Mal sehen, und gibt es 2011 eine neue CD von euch?
Bozinsky: Beim Hafengeburtstag! :-)
Aktuell haben wir keine Live-Termine geplant. Aber sie werden kommen. Sicherste Möglichkeit, da am Ball zu bleiben, ist, uns bei Twitter zu folgen. Unsere Songs sind alle unter der Creative Commons Lizenz (erlaubt nichtkommerzielle Nutzung und freie Weitergabe) auf unserer Homepage veröffentlicht.
2011 wird es ein neues Album geben, aber ein genaues Datum haben wir auch noch nicht. Wir hoffen, dass wir es bis zum Sommer fertig haben.
Danke für die Möglichkeit zum Gespräch und alles Gute für euch!
Bozinsky: Wir danken!