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- Category: Stadt & Leute
- Published: 08 April 2011
Als man nun sah, dass keine Rettung möglich sei; da die umherliegenden Schiffe sich nun auch entfernten, um nicht vom Feuer oder durch die Explosion der Pulverkammer ergriffen zu werden, da erschütterte eine rührende Szene den Mut und das Herz des Kapitäns. Sein Sohn, ein noch sehr zarter Jüngling, fiel vor ihm nieder, umfasste des Vaters Knie, und bat ihn um Gottes willen und in den beweglichsten, rührendsten Ausdrücken, er möchte sich doch retten und mit ans Land fahren. Allein Carpfanger blieb standhaft, ließ seinen Sohn nebst andern Freunden durch den Quartiermeister in einem Boote ans Land fahren, und sagte mit griechischem Heroismus: „Der Sohn muss schweigen, und sich wegbegeben. Ich weiß es besser, was mein Amt und meine Ehre erfordert.“ Hier auf suchten sich die noch übrigen Leute durchs Schwimmen zu retten, weil kein Fahrzeug mehr da war. Kurz darauf sprang der Hinterteil des Schiffs mit einem gewaltigen Schlage in die Luft, alle Kanonen lösten sich, und die Granaten zerschmetterten. Noch hätte der Kapitän gerettet werden können; allein er wollte nicht. Die meisten Leute, welche sich durch Schwimmen hatten retten wollen, 42 Matrosen und 22 Schiffssoldaten, ertranken. Des Nachts um 1 Uhr, wie das Schiff bis auf den Kiel niedergebrannt war, warf sich der Kapitän ins Meer. Allein entkräftet von der Arbeit und den Schrecknissen des Tages, ohnedem noch von schwächlicher Gesundheit, fand er seinen rühmlichen Tod in den Wellen. Sein Körper wurde zuerst wieder gefunden, am 13ten mit allem Pompe, welcher in solchen Fällen gewöhnlich ist, hinter den Puncteles, dem Begräbnisorte der Fremden, begraben, und alle umliegende Schiffe gaben ihm die Ehrensalve.
Wem füllt hier nicht der Athenienser Chabrias ein? Als in dem Bundesgenossenkriege Chios belagert wurde, lief er mit dem Schiffe, auf welchem er sich befand, in den feindlichen Hafen ein, in der Hoffnung, daß die ganze atheniensische Flotte ihm folgen wurde. Allein die Befehlshaber derselben waren neidisch auf des Chabrias Ruhm und Ansehen, und blieben verräterisch vor Anker liegen. Sein Schiff wurde von feindlichen Fahrzeugen umringt, und blieb mit dem Vorderteil festsitzen. Er hätte sich durch Schwimmen retten können, weil die atheniensche Flotte in der Nähe war. Allein er wollte lieber sterben, als seine Waffen abwerfen und sein Schiff verlassen. Die Besatzung des Schiffes hatte dies feine Ehrgefühl nicht, sondern stürzte sich ins Meer und rettete sich. Nun stand und kämpfte Chabrias allein, bis er von einem feindlichen Geschoss durchbohrt wurde.
Wenn Hamburg je seinen patriotischen und verdienstvollen Männern ein Pantheon errichtet: so verdient Carpfängers Bildnis darin einen vorzüglichen Platz.