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An den Klostergebäuden St. Marie Magdalene und St. Johannis und dem mit diesem verbundenen Johanneum erkennt man noch die Bauart des sechzehnten und siebzehnten Jahrhunderts, welche bei dem vormaligen Dom und dessen Umgebungen und Anhängseln noch mehr in die Augen sprang. Eines der am besten und unverändert erhaltenen Gebäude jener frühern Zeit war das englische Haus *) in der Gröninger Straße. Es gibt davon eine sehr gute Abbildung in Steindruck, welche vielleicht verdiente, in Müllers Denkmälern deutscher Baukunst aufgenommen zu werden. — Das Innere solcher Häuser konnte nach dem heutigen Maßstabe der Bequemlichkeit nicht einladend sein, und es ist dem heutigen Geschlecht unbegreiflich, wie damals die Notabeln des Orts, die Ratmänner und Bürgermeister und selbst Millionäre sich wohl darin befinden konnten. Aber man baute auf die Dauer und für das Gewerbe, entweder zum Warengelass oder für das Brauwesen. Die mehrsten, ja fast alle an den Kanälen liegenden Häuser der Altstadt, waren Brauhäuser. Die Brauerei war damals eins der vorzüglichsten Gewerbe Hamburgs.

*) Mit dem Hause selbst, welches vor einigen Jahren niedergerissen wurde, ist auch der Name verschwunden. Es war dem vormaligen englischen Court, oder den englischen Aventurier - Kaufleuten, einer sehr bevorrechteten Gesellschaft, von der Stadt eingeräumt. Der ganze Umfang desselben, von der Gröninger Straße bis zum Catarinenkirchhofe, enthielt die Wohnungen verschiedener Beamten jener Gesellschaft, die Kirche der Episcopalen und großen Warengelass. Das Haus musste den ganzen Tag, bis gegen Abend, offen gehalten werden und gewahrte den Fußgängern eine angenehme Abkürzung des Weges nach dem Zippelhause, der holländischen Reihe und andern Gassen der Gegend. Eine Folge des Eindringens der Franzosen in Norddeutschland und der Besetzung von Hamburg war die Aufhebung jener Sozietät und die einstweilige Vertreibung der Engländer von hier. So verfiel das Haus wiederum an die Stadt. Nachdem Hamburg sich selbst wiedergegeben war, wurde beschlossen, das ganze, große, wüste Gebäude mit seinen Anhängen, abzubrechen und den ganzen Raum teilweise auf Grundmiete zu verkaufen. So ist denn eine ganz neue Fahrstrasse entstanden, die sogenannte neue Gröninger Straße. Man hätte ihr wohl den Namen des unternehmenden Bürgers beilegen mögen, welcher den ganzen Raum übernommen und mit sehr gefälligen, in einem sehr einfachen Geschmacke errichteten Häusern bebauet hat. Die alte Gröninger Straße erhielt ihren Namen von den Schiffern aus Gröningen, welche hier mit ihren Schiffen anlegten, als die Fletseite noch häuserleer war. Die Benennung der neuen Gasse scheint also sehr unpassend. Gemeinhin wird sie abgekürzt die grüne Straße genannt.

Es bedurfte viel Raum, so dass für zahlreiche und bequeme Prunkzimmer wenig übrig blieb. Daher denn unten und eine kleine Treppe hoch ein Paar niedrige und finstre Zimmer nach der Gasse hinaus zur täglichen Bewohnung, hie und da in allen Winkeln Kammern zu allerlei Gebrauch, die Küche gewöhnlich auf der Hausflur in einem Windfange, seltener und erst später im Untergeschoß des Mittelhauses, wo sich die sparsam, etwa drei- oder viermal gebrauchten Fest- und Ehrenzimmer befanden, die krummen Wendeltreppen zu den obern Stockwerken im Winkel, folglich mehrenteils dunkel, und große lange mit Geländern versehene Vorplätze zur Verbindung des Vor- und Mittelhauses. Mehr verlangte man nicht, weil man nicht mehr bedurfte.

Als am Ende des sechzehnten und im Anfange des siebenzehnten Jahrhunderts, so viele tausend niederländische Familien, um der Grausamkeit eines Alba und seiner Schergen zu entfliehen, ihr Vaterland verließen, wählten viele derselben Hamburg zu ihrem Wohnorte. Die mehrsten waren wohlhabend, und belohnten die gastfreundliche Aufnahme durch Einführung mancher, hier bisher unbekannter Industriezweige. Sie siedelten sich in einer bisher unbebauten Gegend der Stadt an, welche nach ihnen der holländische Brock und die holländische Reihe benannt wurde. Mit ihnen kam die holländische Art zu bauen auf, wodurch die bisherige gotische allmählig verdrängt wurde. Es entstanden stattlichere Gebäude. Neben den freilich allgemeineren spitzen und hohen Giebeldächern, sahe man doch auch manche ansehnliche, mit Säulen und Laubwerk gezierte Fassaden. Das Innere war dem heutigen Maßstabe der Gemächlichkeit zwar nicht völlig angemessen, aber doch bei weitem bequemer, als in den vormaligen Brauhäusern. Der kaufmännische Vorteil blieb noch immer das Hauptaugenmerk. Daher noch weitläuftige Hausfluren und geräumige Böden zur Niederlage für Waren, und insbesondere eine durch alle Stockwerke gehende Radwinde, so das die Prunkzimmer noch immer ins Mittelhaus verlegt werden mussten. Mit dem zunehmenden Wohlstande Hamburgs, besonders durch die Einwanderung der nach Aufhebung des Edicts von Nantes vertriebenen Franzosen, deren Nachkommen noch jetzt zu den geachtetsten Bürgern gehören, wurden in den verschiedensten Gegenden der Stadt, besonders der Altstadt, Gebäude errichtet, welche sich durch Regelmäßigkeit, zweckmäßige Einrichtung und Schönheit der äußern Form auszeichnen und bei aller Veränderung des Geschmacks die Zierde eines jeden Orts sein würden. Dieses gilt, um nur einige zu bezeichnen, von den Häusern des Herrn Bürgermeisters Koch, der Fr. Wittwe Faulsen, und dem Stadthause auf dem Neuenwall, von dem gräflich Schimmelmanschen Hause in der Mühlenstraße und so manchen soliden und geschmackvollen Gebäuden in den beiden Wandrahmen. Manche derselben stehen jedoch zu beengt, um vorteilhaft in das Auge zu fallen.

Da der An- und Fortbau der Neustadt in jene Zeit der Einwanderung der Niederländer und Franzosen fällt, so kann auch hier von gotischer Bauart nicht mehr die Rede sein. Hier waren die Bauherrn nicht, wie in der Altstadt, durch den Lauf der Kanäle beschränkt, nicht genötigt in die Höhe und Tiefe zu bauen, sie bedurften keines so ausgedehnten Raumes, teils weil sie wegen der Entfernung vom Wasser nicht Großhändler waren, teils weil sie keine Brauereien anlegen durften. Die Altstadt hatte sich dieses Privilegium vorbehalten. Man konnte daher das Verhältnis der Höhe, Breite und Tiefe zu einander besser beobachten. Aber man fing auch schon an, viel leichter und weniger dauerhaft zu bauen. Nur wenige Häuser aus jener Periode sind ganz von Brandmauern aufgeführt, sondern bestehen mehrenteils aus Fachwerk mit Ziegeln ausgefüllt. Merkwürdig ist es, dass die Altvordern welche die Altstadt anbaueten, des Lichtes, wie es scheint, so wenig achteten oder bedurften. Ihre Häuser waren mehrenteils finster; sparsame Fenster mit kleinen Glasscheiben erschwerten das Eindringen der Sonnenstrahlen, denen es endlich gelungen war, sich über die gegenüberstehenden hohen Dächer zu schwingen. In der Neustadt dagegen glaubte man der Fenster nicht genug haben zu können. Diese nehmen gewöhnlich den größten Raum der Vorderseite ein, und geben nur so viel ab, als eben nötig ist für die Haustüre, das Fachwerk und die Stender. Da ist keine Spiegelwand zwischen zwei Fensterfächern. In einem und demselben Stender haften die Haspen der beiden benachbarten Fenster. Gegen Süden gelegen ist in solchen Wohnungen im Sommer die Hitze unerträglich, von welcher man, so es möglich wäre, gerne ein Teil für den Winter hegen möchte, um der, durch diese Lichtgeber überall eindringende Kälte, dem Winde und der Zugluft zu wehren. Einen anschaulichen Anblick von dieser Bauart gibt der neue Steinweg und besonders die Mühlenstraße an der Norderseite.

Seit dem letzten Menschenalter ist in Hamburg sehr viel gebaut worden. Es sind einzelne vorher nicht vorhandene Straßen entstanden. Im Anfange jener Periode baute man noch verständig, nach altbürgerlichen Grundsätzen, dauerhaft, bequem, dem Zweck angemessen und ohne Prunksucht. Davon zeugt die Admiralitätsstraße mit ihren anspruchlosen, mit wenigen Ausnahmen zierratlosen und doch gefälligen Gebäuden. Einige angesehene und wohlhabende, durch Reisen gebildete und an den Anblick des Schönen gewöhnte Bürger, ließen sich, entweder durch das Bedürfnis gezwungen, oder durch die, beim Bewusstsein pekuniärer Kraft, so leicht erwachende Baulust gereitzt, von geschickten Baumeistern neue Wohnhäuser in einem edleren und gefälligeren Style aufführen, welche sich sowohl durch äußeres Ansehen, als durch Solidität, durch kunstreiche innere Einrichtung und Überwindung der Schwierigkeiten eines oft sehr eingeschränkten Raums empfehlen. Sie werden dem Namen ihrer Erbauer noch lange Ehre machen, wenn so manche ephemere Produkte der Nachahmung längst zusammengefallen, oder, dem Einsturz zuvorzukommen, abgebrochen sind *).

*) Ich nenne von diesen Häusern nur die der verstorbenen Herrn Senatoren Günther und Sonntag, und des gleichfalls verstorbenen Archivarius Schütze, und von den Baumeistern, um durch Auslassung keinen der lebenden zu beleidigen, den der Kunst zu früh entrissenen Baurat Arens, dessen Handzeichnungen sich auf der Bibliotek, der Gesellschaft zur Beförderung der Künste und nützlichen Gewerbe befinden.

Jener Nachahmungssucht haben wir, glaube ich, neben andern Ursachen, die vielen Missgeburten der Baukunst oder eigentlich Bauunkunst der neuesten Zeit in Hamburg zu danken. Wenn ein gelungenes, im rechten Verhältnis zum Zweck und Raum ausgeführtes Haus dasteht, so glaubt dann ein jeder ehrliche Handwerksmann: ei, das könntest du auch wohl leisten. Ein Riss ist dann bald gemacht. Flache Dächer, wenige, aber hohe Fenster, ein Balkon, ein Paar Säulen, und das Ding ist fertig. Was wir selbst nicht wissen und nicht in uns haben, das finden wir wohl in den schönen Bilderbüchern von Stieglitz u. a. Der gute Bauherr, entzückt von dem Aufriss des Hauses, verlangt höchstens noch einige Zierraten und Schnörkel, der Baukontrakt wird unterzeichnet und der Bau hebt an. Ob dabei dann die Verhältnisse des Raums, der örtlichen Lage und des Zwecks beobachtet sind, das zeigt sich, wenn der Bau vollendet ist. An die Forderungen des Himmelsstrichs wird gewöhnlich gar nicht gegedacht. Balkons, bis zum Fußboden herabgehende Fenster und andere Südlichkeiten passen zum dreiundfünfzigsten Grade nördlicher Breite nicht und stehen mit den schneebedeckten flachen Dächern und monatelang beeiseten Gassen in gar starkem Widerspruch. Säulen, welche noch obendrein nichts zu tragen haben, schicken sich wohl für Palläste, nicht für Bürgerhäuser. Besondern Beifall scheint der weiße Kalkanwurf, womit die Vorderseite der Häuser überzogen wird, gefunden zu haben, und er ist allerdings ein sehr empfehlungswürdiges Mittel, das schlechte Gemäuer zu bedecken. Aber sehr selten pflegt er den Kampf gegen die Feuchtigkeit unsers Himmelsstrichs und gegen die Schlagregen des Herbstes lange zu bestehen und es ist nichts Seltenes, schon einige Monate nach geendigtem Bau, große Lappen dieser, gewöhnlich schlecht bereiteten, Tünche herabfallen zu sehen. Ganz unbedingt, wie es mir scheint, sollte dieser blendende Anwurf eigentlich nicht erlaubt sein. In engen Gassen ist er dem Gegenwohner, wegen der rückprallenden Sonnenstrahlen, oft eine große Plage und nötigt diesen, einen großen Teil des Tages seine Vorhänge herabzulassen, Gut und linienrecht ausgefugtes Gemäuer von Backsteinen oder ein Anstrich von nicht zu heller Ölfarbe, fallen eben so gut ins Auge und haben den großen Vorzug der Dauer.

In mancher Hinsicht wohnt es sich allerdings angenehmer in diesen neuen Gebäuden, als in den finstern und schwerfälligen Brauhäusern der Vorzeit. In einander gehende Zimmer, mit Ausgängen auf den Vorplatz, hohe Fenster, helle Treppen, sind eine große Annehmlichkeit, besonders wenn sie nicht durch die Entbehrung wesentlicher Dinge erkauft sind. In einem Bürgerhause will und soll doch vorzüglich die Hausfrau walten. Ihr Regiment erstreckt sich weiter als auf die Wohnzimmer. Betrachtet und untersucht man nun sehr viele dieser neuen Gebäude von dieser Seite, so weiß man nicht, ob man sich mehr über die Unwissenheit und Unerfahrenheit, oder über die Gedankenlosigkeit der Bauenden wundern soll. Um recht viele Zimmer zu haben, sind die Vorplätze so enge, dass die Schränke für Kleider und Wäsche gewöhnlich in die Zimmer des obersten Stockwerks gebracht werden müssen und die Hausfrau beständig genötigt ist, die Treppen auf- und abzulaufen oder ihre Schlüssel dem Gesinde anzuvertrauen. Höchst selten ist bei der Anlage der Küche und des Heerds auf die neueren Erfindungen zur Ersparung der Feurung, auf Sammlung und Zusammenhalten der Wärme und die Gesundheit des Gesindes Rücksicht genommen. Da wo ein langer Winter die Anschaffung von Vorräten auf fünf Monate und länger nötig macht, in einem Orte, wo auch der minder Wohlhabende, selbst um zu ersparen, sich auf längere Zeit mit Wein zu versehen Gelegenheit hat, sollte man einen geräumigen möglichst trockenen Keller nicht vergeblich suchen. Und doch ist es nicht selten dor Fall, dass die Bewohner der Häuser von neuester Art und Kunst, ganz wie der geringe Mann, dem Höcker in die Hände fallen oder sich nach einem Gelasse außerhalb ihres Hauses umsehen müssen. Bei den flachen Dächern und den überall angebrachten Zimmern und Zimmerchen, reicht der Bodenraum für die nötige Feurung auf den Winter, geschweige denn auf ein ganzes Jahr, selten hin, zum großen Vorteil der Vorkäufer und Torfschiffer, welche ihren besten Preis gegen Ende Winters von solchen Kunden zu machen pflegen. Alle jene äußern Zierraten und der veredelte Baugeschmack, wovon man doch nichts gewahr wird, wenn man im Hause wohnt, entschädigen in der Tat nicht für den Mangel so notwendiger und unentbehrlicher Dinge, und man kann nicht umhin dem Urteil des geistreichen und wahrheitliebenden von Heß beizustimmen: „Ohne Zweifel sind wir an künstlichen Fassaden und säulenreichen Portalen, auch an bequemer innerer Einteilung und geschmackvolleren Dekorationen reicher geworden; aber einen bessern, für Hamburg geeigneten Baugeschmack, der mit der eigentümlichen Anlage der Stadt, mit dem Erhaltungsprinzip derselben, dem Handel, und mit dem festen anspruchlosen Charakter des freien Bürgertums im Einverständnis stehe, den haben wir durch die neueste säulenreiche Prunk-Bauart nicht erhalten.“

Über den Geschmack soll man bekanntlich nicht streiten, obgleich, wer am Wege bauet, sich das Meistern gefallen lassen muss. Über die Art und Weise, wie Einer das Innere seines Hauses einrichtet, hat der Dritte eigentlich nicht zu richten. Aber die, wie von Heß sie mit Recht nennt, gewissenlose Leichtigkeit, womit die mehrsten dieser neuen Gebäude aufgeführt sind, verdient doch wohl eine Bemerkung. Schon die Schnelligkeit, mit welcher sie gleichsam aus der Erde hervorwachsen, macht Dauerhaftigkeit und innere Festigkeit unmöglich. Eilfertigkeit und Dauer sind selten vereinbar bei solchen Dingen, deren Teile aus sehr verschiedenen Materialien zusammengesetzt werden müssen. Es ist gar nicht ungewöhnlich, dass ein Haus innerhalb sechs bis acht Monaten angefangen, fertig und bewohnt ist. Des Nachteils für die Gesundheit nicht zu gedenken, ist es ja nicht möglich, dass sich alles gehörig lagern und die dem Kalk beigemischte Feuchtigkeit verdunsten könne. Daher fangen die Reparaturen an, sobald der letzte Handwerker den Bau verlassen hat. Zu jener unverständigen Schnelligkeit kommen dann die elenden Materialien: Frisches und wahnkantiges Holz, schlecht gebrannte Ziegel, leichter, unverhältnismäßig mit Sand vermischter Kalk, können keine festen Häuser geben. Aber man will wohlfeil bauen und verdingt die Arbeit. Die Scherwände sind mehrenteils nichts weiter als ein aufrechtstehender Ziegelstein, welches im Inneren des Hauses allenfalls hinreichen möchte. Aber mehrere, durch eine sogenannte Attika in einem Verbande stehende Wohnungen sind fast immer nur durch eine solche winzige Mauer getrennt, so dass die Nachbarn ganz bequem, ohne sich zu sehen, mit einander sprechen können, wenns Not tut oder ihnen Vergnügen macht. Doch ist dieses letzte wohl nicht immer der Fall. Dem Kaufmann auf seinem Comtoir, dem Geschäftsmann in seinem Arbeitszimmer, sind die musikalischen Übungen der Kinder seines Anwohners und der unmelodische Ammengesang zur Beschwichtigung des schreienden Säuglings gewiss keine erfreuliche Unterhaltung. Zwei meiner Bekannten mussten sich über die Lehr- und Übungsstunden ihrer Kinder auf dem Klavier vergleichen, um sich nicht gegenseitig zu stören. Ein anderer meiner Freunde bezog ein neues Haus dieser Art. Als er, um ein ziemlich großes Gemälde aufzuhängen, einen starken Nagel in die Wand schlug, fiel dem Nachbar der Ziegelstein in die Stube. Ähnliche Anekdoten gibt es genug, welche man vielleicht für Erfindungen halten möchte; aber es ist buchstäblich wahr, dass ein eben fertiges, ganz neues Haus von sehr elegantem Äußern, als es bezogen wurde, die doch nicht übermäßige Last des Feurungsvorrats auf dem Boden nicht tragen konnte.

Man könnte das bloß lächerlich finden; aber die Sache hat doch auch ihre sehr ernstafte Seite. Schon ein so überhandnehmender Leichtsinn, und diese in die Augen fallende Unrechtlichkeit, ist ein widerlicher Gedanke. Gerät nun einmal ein solches Gebäude in Brand, so greift die Flamme ohne Widerstand rechts und links um sich und im Nu muss die windige Masse in Trümmern und Asche liegen. Darüber könnte man sich trösten, denn die Habe ist versichert und der weiteren Verbreitung werden die Löschanstalten schon wehren. Aber die Menschen, vielleicht im ersten Schlafe, im obern Stocke! Wohin dann, da die schnell einbrechenden Flammen die hart an den Wänden liegenden Treppen zuerst ergreifen? Wohin mit den Greisen, Kranken, Wöchnerinnen und Kindern? Hier dann noch manche schwer zu lösende Aufgabe für unsere Retter *). Doch ein Trost und eine Hülfe liegt vielleicht in dem Hebel selbst. Ein tüchtiger Knabe kann, dem Feuer abwärts, die nächste Mauertafel eintreten und den Gefährdeten vielleicht einen Weg zur Flucht öffnen.

*) Von diesem, so viel ich weiß, bis jetzt nur noch in Hamburg errichteten höchst zweckmässigen Corps unten ein Mehreres.

Dass es Ausnahmen von dieser nicht löblichen Regel gebe, bedarf keiner Versicherung. Der verständige Grundeigentümer, welcher für sich, zum eigenen Gebrauch und auch noch wohl für seine Nachkommen bauet, muss schon um seines eigenen Vorteils willen dergleichen luftiges Flickwerk verschmähen und Dauerhaftigkeit mit gelalliger Form zu verbinden suchen, und edle Einfachheit jenen abgeschmackten Schnörkeln und Firlefanzen vorziehen. So ist das Wortmannische Haus am Gänsemarkt ein Muster einfach - edler Bauart und geschmackvoller innerer Einrichtung.

Das Landleben der Hamburger und unsere Wanderungen in dem Gebiet und den Umgebungen der Stadt, werden uns noch einmal auf die Architektur zurückführen. Jetzt richten wir unser Augenmerk auf die öffentlichen Gebäude.