mein-hamburg.jpg
Jene blonde, blauäugige; jene schwarzgelockte, flammende; jene Brünette, begehrende — sie Alle, die das Auge erblickt, rufen zu Opfern an den Altären Cyterens; sie Alle zeugen von dem Leben in Hamburg, von dem Auswuchs des Handels und Gewinnes den mächtigen Polypen im Herzen eines Volks. Ihnen strömt die hamburgische Welt zu, das große Chaos, welches man, ohne sich zu versündigen, nicht Volksleben nennen darf. Und wie stolz ist der gemeine Hamburger auf seinen Peter Ahrens! Großer Gott! kein Name lebt so sehr im Volksmunde, als dieser Peter Ahrens. Nach ihm nannte man zu meiner Zeit die Freitag, die vielleicht jetzt schon tot ist, die aber früher Haus und Hof hielt für die Venus vulgivaga, der hier die schönsten, lieblichsten Priesterinnen lächelten. Soll ich noch weiter gehen? Soll ich zu Wandels, zu Dorgerloh eilen, wo dasselbe Wesen herrscht? Wollen die Leser mir sogar auf die Drehbahn folgen, wo Haus an Haus elegante Niederlagen für jene Göttin bietet? Sechstausend Phrynen [Phryne war eine berühmte griechische Hetäre (Prostituierte)] leben in Hamburg im glänzenden Elende; ich will derer gar nicht gedenken, die im elenden Elende leben, die Einem Abends an Arm und Rockzipfel fassen. Um sie und was ihnen anhängt drehet sich in Hamburg das „Volksleben“ — wie man es mit so vielem Unrecht nennt. Man hat auch in Wien jenen rohen Materialismus, aber der Humor, die Gemütlichkeit macht ihn übersehen, wenn die Grobheit und Indecenz [Unschicklichkeit], die Nacktheit ihn in Hamburg so ganz und gar als das hinstellen, was er ist.