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Eine ganz andere Welt geht Einem hier bei der Teemaschine auf. Nicht eine Spur von Philisterismus findet man in diesen eleganten, hellen, mit venetianischem Spiegelglas geschmückten Kaufmannshäusern; wenn man irgend von kosmopolitischer Feinheit sprechen kann, so muss man sie dem Hamburger nachrühmen. Was bietet die Londoner City, was bietet Amsterdam, was bietet Paris, im Vergleich mit Hamburg für das soziale Leben? Hier steht Einem der Engländer mit aller seiner Bizarrerie, dort der Holländer mit allem seinen Minheer-Phlegma, dort endlich der Franzose mit aller seiner Nonchalance und Frivolität entgegen. Der Hamburger aber ist in seinem Hause deutsch, d. h. gemütlich; er übertrifft den Engländer an Zutraulichkeit, wenn er ihm an reiner Wäsche, an Offenheit und Freiheit gleich kommt; er übertrifft den Franzosen an Sittlichkeit, wenn er ihm an Liebenswürdigkeit nicht nachsteht; mit dem Holländer hat der Hamburger nichts gemein, als den Patriotismus. Dieser Patriotismus zieht sich in die Einsamkeit des Hauses zurück; von hieraus wirkt er auf den Staat und das Staatswohl kräftig ein; von hieraus zügelt er das anscheinend zügellose Treiben der Öffentlichkeit; von hieraus schreitet er, unbeeinträchtigt, zum Forum und ruft die schönsten Institute echten Bürgersinns ins Leben, ohne sich irgend auf Pietismus und Mystizismus einzulassen und, zum Schaden der Humanität, eine Frömmigkeit zu affektieren, die dem Staatszweck so wenig entspricht.

Man sieht hier wirklich, was moralische Kraft und bürgerliche Einfachheit vermag, die in sich selbst den sichersten Schutz gegen den Pöbel erblickt, der aus allen Klassen, hohen und niederen, in Hamburg zusammenströmt. Was würde eine republikanische Regierung, und gar eine demokratisch-republikanische ausrichten, wenn sie nicht in dem Bürgersinne die kräftigste Stütze fände?