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Category: Stadt & Leute
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Published: 10 March 2011
Bis zur Konfirmationszeit bleiben sie in dieser Anstalt; dann bestrebt sich dieselbe ihnen irgend einen Weg in das Leben zu erschließen, ihnen eine Stelle zu verschaffen, von welcher aus sie ein passendes bürgerliches Ziel erreichen können. Die Anstalt hat weder in ihrer Grundlage mit einem Waisen-, noch mit einem Armenhause Ähnlichkeit; denn es wird als Bedingung zur Aufnahme in dieselbe weder der Verlust der Eltern, noch die Armut erfordert. Eben so wenig ist sie einer Besserungs-Anstalt zu vergleichen, denn es ist nicht notwendig, dass die aufzunehmenden Kinder auf irgend eine Weise moralisch gelitten haben, auch wird hier durchaus nicht physischer Zwang angewendet. Noch weniger ist sie ein Asyl für kleine Vagabunden, oder Bettler. Ein Haupterfordernis zur Aufnahme ist das, dass die Eltern, wegen schlechter, unmoralischer Lebensweise, keine Hoffnung zu einer guten Erziehung ihrer Kinder geben. Um aber das Band der kindlichen Liebe so fest als möglich, unter solchen Verhältnissen, zu erhalten und zu keinen Kränkungen der Kinder unter einander Veranlassung zu geben, sieht man sorgfältig darauf, dass den Kindern die Veranlassung nicht bekannt werde, weshalb man sie der elterlichen Gewalt entzogen hat. Fürwahr! ein in jeder Hinsicht humanistisches Institut, ein Institut, welches eine ganz und gar moralische Grundlage hat und die Hochherzigkeit des Stifters bekundet. Es handelt sich hier nicht um die Sicherung materieller, sondern psychischer Interessen.
Frau A. W. Sieveking hat einen Frauen-Verein hervorgerufen, welchen Herr de la Nourais in der „Revue germanique“ mit vollem Rechte den Titel: „protestantische barmherzige Schwestern“ beilegt. Die Hamburgerinnen, welche den Verein bilden, besuchen mehre Male wöchentlich die auf der Liste des Vereins verzeichneten Kranken und verschämten Armen; sie verschaffen ihnen Hülfe, Arbeit und Alimente. Es versteht sich von selbst, dass den Armen und Kranken, die an den Wohltaten der Gesellschaft Teil nehmen wollen, kein schlechter Lebenswandel zur Last gelegt werden darf. Wollen sie zu jenen zugelassen werden, so müssen sie der Gesellschaft von den Armen-Ärzten oder Gesellschafts-Mitgliedern, oder endlich von durchaus bekannten Leuten empfohlen seyn.