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Hier findet sich nicht mehr jene Nacktheit und ängstliche Präzision einer zu Trutz und Schutz unterhaltenen Festung; hier wurde, schon seit Menschenaltern, kein sich ansiedelndes Bäumchen, kein Gesträuche von der ebnenden Hand des Ingenieurs zurück, gestoßen, und hin und wieder sind an dem Abhange dieser Wälle, auf den Bastionen und in den Gräben ganze Lustwäldchen in die Höhe gewachsen. Die Alleen auf den Wällen selbst sind ursprünglich gepflanzt worden.

 

— Wehe dem, der darüber spotten wollte! Diese Stadt kann nach der Kriegsart unserer Tage nie wieder eine Festung sein, kann nie daran denken, sich zu verteidigen, oder einem Feinde zu trotzen! Alles, was Hamburgs friedliche Bürger jetzt von ihren Mauern zu erwarten haben, ist, dass sie die Zwecke der Polizei befördern, und den Einheimischen wie den Fremden zu einem angenehmen Spaziergange dienen. Also lasse man es immer wachsen, das hohe Gras, pflege jedes Bäumchens und freue sich seines Schattens. Hin und wieder finden sich wirklich an diesen Wällen und Gräben allerliebste Partien, die dem Gemählde zum Vorgrunde dienen, und über welche hinaus eine Aussicht sich auf das Land öffnet, das durch Häuser, Gärten und Anlagen aller Art einen erquickenden Anblick gewährt, indess man auf der innern Seite die Stadt und ihr Gewimmel in der Nähe hat.

Welche herrliche Anlagen könnte man hier machen, wenn man diese weitläuftigen Festungswerke nach dem Plane behandeln wollte, wodurch die Stadt Leipzig einzig in ihrer Art geworden ist, und einen Vorzug erhalten hat, den ich, ohne Ausnahme, in keiner Stadt in Europa kenne. Allein zu einer durch das hiesige Lokale so ungeheueren Unternehmung möchte es wohl, andere Ursachen zu geschweigen, an Gelde fehlen.

Dieser Spaziergang auf den Wällen ist um so interessanter und schätzbarer, da die Gegend, die unmittelbar die Stadt umgibt, dem Fußgänger wenig Resourcen anbiethet. Immer ist er entweder zwischen Häusern, Gartenmauern und Hecken eingeschlossen, oder er wandelt, auf sandigem Boden, und unter Bäumen, die ihm die Aussicht versperren; wird entweder von dem Kote, oder dem Staube der Fahrenden und Reitenden belästiget, oder kommt in einige unangenehme, kahle Striche, wo nicht einmahl ein freundlicher Baum ihn gegen einen schnellen Regen in Schutz nimmt. Auch ist es für diejenigen, die zu Hamburg nicht in der Nähe eines Tores wohnen, keine Kleinigkeit, sich durch die volkreichen, mehrenteils schmutzigen Gassen der Stadt zu winden, und durch die sehr tiefen Tore ihren Weg in das Freie zu machen. — Die Wälle sind also die hauptsächlichsten Spaziergänge Hamburgs, und sie haben das Angenehme, dass man sie auch befahren kann, ohne dass die Fußgänger dadurch belästiget werden, weil der Weg für die letztern, auf dem Glacis hingeht, und also höher ist. — Hier bin ich nun, wenn ich nicht auf dem Lande war, seit zwei Monaten fast täglich umher, gewandelt, wenn es nur immer das Wetter erlaubt hat, und immer mit neuem Vergnügen. Auch habe ich einige Lieblingsplätze, die ich selten vorübergehe, ohne bei ihnen zu weilen. Reizend ist die Aussicht in dem Winkel, den der Wall mit der Elbe nach der Seite von Altona zu macht, wo auf eine eigene Anhöhe ein bequemer Weg führt. Eben so bin ich immer mit Vergnügen zwischen den beiden Seen, dem Jungfernstieg gegen über, stehen geblieben. Endlich findet sich nicht weit von dem letztern Striche, auf einer Anhöhe, eine Bank, wo der schönste Gesichtspunkt ist, aus dem man diese Stadt sehen kann. Es ist eine wahrhaft mahlerische Aussicht, so sehr es nur immer eine sein kann, von der eine große Stadt den vorzüglichsten Teil ausmacht. Ich glaube, dass dieß der Ort sei, von dem man Hamburg aufnehmen müsse, und ein paar Zeichnungen, die ich kürzlich sah, haben mich überzeugt, dass mein Urteil richtig war. — Bäume umschatten die Bank: und da sie ein wenig von dem allgemeinen Spaziergange abliegt, wird sie ein Plätzchen der Zuflucht für den Einsamen, und ich habe öfters Personen mit einem Buche da sitzen gesehen.

Hamburger HafenpartieSo wie man am Ende des Walles auf der Altonaer Seite einen großen Teil des Seehafens übersieht, so hat man an dem entgegengesetzten, oder obern Teile der Elbe die Aussicht auf den Flusshafen, der von jenem verschieden ist. Beide sind interessant, obschon der untere, wie natürlich, weit lebhafter und wichtiger ist. Im obern sieht man alle Fahrzeuge, die zwischen Hamburg, Magdeburg, Berlin u. s. w. laufen, und die nicht über die Grenze dieses Hafens hinabgehen. Es sind eigentliche Flussschiffe, und also in Anlage, Form und Bau ganz von denen verschieden, die bestimmt sind, in die See zu stechen. Auch ist hier die eigentliche Sprache Deutsch, und wahrlich oft ein sehr kräftiges Deutsch, während dass im großen Hafen in mannigfaltigen Zungen geredet wird. — Eine erbauliche Gewohnheit fiel mir auf, als ich das erste Mahl über einen Teil dieses Flusshafens setzte. Ich war in einer zahlreichen Gesellschaft, in der sich mehrere Frauenzimmer befanden, mit denen ich in einem Hause auf der kleinen Insel Grasbrok gespeist hatte. Ich hört, allerlei Zurufe und Schimpfnamen, worunter sich das altdeutsche Wort H . . . sehr deutlich vernehmen ließ. Ich blickte umher, und konnte nicht finden, dass dieser kraftvolle Zuruf einem andern Boote gelten könnte, als dem unsrigen. Indessen waren die Damen dabei ganz ruhig, und nur einer fremden schien es aufzufallen. Kurz, ich erfuhr, dass dieß weiter nichts ist, als irgend ein anderer freundschaftlicher Zuruf, ein Hurrah oder Husseh, mit Einem Worte, eine Gewohnheit, oder selbst zugeeignetes Recht, von welchem diese ungesalzenen Wasser-Matrosen seit undenklichen Zeiten im Besitze sind. Auf den persönlichen Charakter der Frauenzimmer, die diese Leute ohnedieß nicht kennen, wird nicht die geringste Rücksicht genommen. Es ist nichts Arges gemeint, und wird ohne Arg aufgenommen.

Der ganze Weg über den Wall von der Elbe bis an die Elbe, beträgt ungefähr zwei Englische Meilen, höchstens eine halbe Deutsche. Dieser Spaziergang ist durchaus mit Bäumen besetzt, und so hoch, dass der Weg über alle Stadttore weggeht. Nur da, wo er zwischen den beiden Seen durchläuft, ist er etwas niedriger.

Zu bedauern ist es, dass man in einer schönen Sommernacht, oder an einem mondhellen Abend keinen Gebrauch von diesem Spaziergange machen kann. Einige Zeit nach Sonnenuntergang wird er von der Bürgerwache besetzt, und niemand weiter hinauf gelassen.

Hamburg JungfernstiegWeit besuchter als der Wall ist der Jungfernstieg, nach jenem der einzige Spaziergang innerhalb der Mauern, wenn man nicht einige Gassen so nennen will, wo auch bisweilen, an einem schönen Sommerabend, Leute umhergehen. Er ist nicht groß, aber äußerst angenehm an einem großen Wasserbehälter, oder kleinem See, den man die Binnenalster nennt. Er wird durch den Alsterfluss innerhalb der Festungswerke der Stadt gebildet, und hängt durch eine mäßige Öffnung mit einem größern See zusammen, welcher die äußere Alster genannt wird, und innerhalb der Stadt liegt. — Der Jungfernstieg war sonst noch enger; man hat aber seine Breite erweitert, indem man einen Teil des Wassers ausgefüllt hat. Da, wo er nach der Stadt zugekehrt ist, d. h. auf der Seite, wo die Häuser stehen, ist er mit Bäumen besetzt, die alt genug sind, um Schatten zu gewähren; auf der Wasserseite aber scheinen die neugepflanzten Bäume nur kümmerlich zu wachsen, und ihr mageres Laub lässt jetzt noch jeden Sonnenblick durch. — Hier versammeln sich täglich und stündlich Menschen aller Stände, und aller Alter, und es ist schwer zu sagen, ob die Zahl der bloß Vorübergehenden, oder der Lustwandler größer sei. Es ist der Sammelplatz aller Müßiggänger, die in jeder Stunde des Tages so ziemlich gewiss sind, einige Bekannte hier zu finden, und Neuigkeiten zu hören. Es ist aber auch ein Übergang aus einem Teile der Stadt in einen andern, und schon dadurch wird er einer sehr besuchten Gasse ähnlich. Hierzu kommt, dass der Jungfernstieg der einzige Spaziergang der Stadt ist, und dass er vielen nicht weit aus dem Wege ihrer Geschäfte liegt. Man befindet sich in der Nähe, und, ohne gerade einen Spaziergang zu suchen, nimmt man, fast unwillkührlich, seine Richtung dahin, und gehet ein paar Mahl auf und ab. Selbst der emsige Geschäftsmann, wenn er ihn ohne großen Zeitverlust erreichen kann, nimmt seinen Weg hierher, schöpft ein wenig frische Luft und gehet weiter, um seine wichtigeren Zwecke zu verfolgen.

Hamburg Segelschiffe im HafenFür den Fremden endlich ist einer der unterhaltendsten Spaziergänge der Hafen. Freilich kommt es dann nicht so wohl auf Umfang des Platzes an, und auf Bewegung, die man sich da geben kann, als auf die Mannigfaltigkeit der Gegenstände, die man sieht, und das Interesse, das sie einflößen. Auf dem festen Lande von Europa ist Hamburg in diesem Augenblicke unstreitig der wichtigste Handelsplatz, und selbst Konstantinopel wird ihm, was den Umfang der Geschäfte betrifft, jetzt schwerlich gleich kommen. Hamburg ist die große Angel, um die sich, seit einigen Jahren, ein wichtiger Teil des Handels von England und des übrigen Europa dreht. Schließen Sie daraus auf die ungeheure Menge von Schiffen, die beständig in diesem Hafen liegen! Gleichwohl ist er (ich meine den eingeschlossenen Teil desselben; denn im Grunde ist die ganze untere Elbe der Hafen von Hamburg) weder sehr groß, noch sehr bequem, und sein Landungsplatz nichts weniger, als geräumig, für die Geschäfte, die hier gemacht werden. Hamburg, wie Sie wissen, liegt nicht an der großen Elbe! Diese teilt sich, ehe sie die Stadt erreicht, zwischen einer Menge von Inseln, die also Hamburg gegenüber, teils etwas höher, teils etwas niedriger, als die Stadt, liegen: und nur der Teil des Flusses, der zwischen dem rechten Ufer und diesen Inseln läuft, macht hier den Teil der Elbe aus, welcher für die Hamburger Seefahrt eigentlich brauchbar ist, und wovon der Teil, der die Stadt unmittelbar berührt, und welcher täglich geöffnet und geschlossen wird, der Hafen von Hamburg genannt wird. Er ist offenbar zu klein für die Bedürfnisse der Stadt, und die Schiffe liegen hier so zusammen, dass sie, wie eben so viele Häuser, enge Gassen bilden, zwischen denen sich denn ohne Unterlass eine Menge kleiner Boote und andere Fahrzeuge von verschiedener Gestalt und Größe bewegen. Das Gewimmel ist da oft größer als in den bevölkertsten Gassen, die Fahrzeuge laufen noch häufiger, als die Menschen, an einander, und die kleinen werden nicht selten von den größern beschädiget. Mühsam und langweilig ist es, eins der schwerern Seeschiffe in Bewegung und aus dem Hafen herauszubringen. So sehr er aber auch angefüllt ist, so enthält er bei weitem nicht alle Schiffe, die bis nach Hamburg heraufkommen. Ich habe immer eine beträchtliche Zahl unter dem Hafen nach Altona zu, und noch mehrere an der Seite, nach der kleinen Insel, dem Grasbrok hin, liegen sehen. Dieß verursacht Aufenthalt, und das Laden und Ausladen wird dadurch erschwert. Sehr große und schwer beladene Schiffe können den Hafen gar nicht erreichen, sondern müssen erst, in einer gewissen Ferne durch kleinere Fahrzeuge (Lichter) gelichtet und erleichtert werden. Die, welche mehr als funfzehn Schuh Wasser ziehen, wagen sich nicht über Cuxhafen herauf, und müssen schon dort gelichtet werden. Indessen liegt immer eine kleine Dänische Fregatte in der Gegend von Altona, und eine Hand, versche nicht weit von Stade.

An einem Teile dieses Hafens hin läuft in der Länge ein Kay, der aber weder lang noch tief genug ist, um zu einem bequemen Abladungsplatze zu dienen, so wenig, als der Platz hinreichend ist, welchen man in der Gegend des Baumhauses zu diesem Zwecke gebraucht. Müsste man, wie zu Liverpool, Bristol, Hull und in vielen an, dern Seestädten die Güter aus den Schiffen gerade auf das Land bringen, so würde die Verwirrung zu Hamburg aus den Landungsplätzen so wohl als in den Gassen, unbeschreiblich sein; allein diese Stadt hat Kanäle, und auf diesen werden durch eine besondere Art von Fahrzeugen, die man Ewer nennt, die mehresten Waaren an den Ort ihrer Bestimmung gebracht.

Die Häuser am Hafen sind mehrenteils klein und unansehnlich, und unterscheiden sich in dieser Rücksicht sehr von den schönen und ansehnlichen Gebäuden, die zu Rotterdam und in einigen andern Häfen längs dem Wasser sich erheben. Die zu Hamburg sind häufig Matrosenwohnungen, und der Sitz von mancherlei Menschen, die mit der Schifffahrt zu tun haben; kleine Schenken und Speisehäuser für Menschen dieser Klasse; kurz sie sind für das Schiffsvolk bestimmt, welches hier die Befriedigung seiner verschiedenen Bedürfnisse findet. Ich gehe oft hier umher und belustige mich mit der Hamburger Kraftsprache, so weit ich sie verstehe, und mit dem mannigfaltigen Gemische ausländischer Zungen, unter denen die Englische bei weitem die herrschende ist. Nicht nur viele Hamburgische, Dänische, Norwegische, und Schwedische Matrosen verstehen diese Sprache, sondern sie wird auch häufig als eine Zwischensprache von Menschen gebraucht, deren keiner des andern Muttersprache redet. — Übrigens hat man sich in diesem ganzen Striche in Acht zu nehmen, dass man nicht in Verdrießlichkeiten und Zänkereien kommt. Man hatte mich überhaupt vor dem Hamburger Pöbel und besonders vor den Bewohnern der Wasserseite sehr gewarnt; (allein ich habe mich in dieser Stadt nie über jemanden zu beklagen gehabt.)

Eine mäßige Strecke von Altona, etwa Flottbeck gegen über, hören die Inseln wieder auf, und die Elbe bekommt beinahe die Breite einer Deutschen Meile, die dann weiter hinab immer zunimmt, bis man von Glückstadt nach dem nächsten entgegen gesetzten Ufer zwei Meilen rechnet. Noch weiter hinab lässt sich ihre Breite gar nicht bestimmen, weil von Neuhaus an ihr Ufer sehr westlich läuft, und man nicht eigentlich sagen kann, zwischen welchen entgegen gesetzten Punkten der beiden Ufer sie sich messen lasse. Überhaupt ist es schwer, geographisch zu bestimmen, wo die Elbe aufhört, und das Meer anfängt. Der Schiffer hingegen hat ein gesetzteres Maß, und spricht mit der äußersten Genauigkeit. Da sie unten nur in der Nähe des linken Ufers mit Sicherheit fahrbar ist, so betrachtet er bloß das Fahrwasser; und dann macht die erste Boje, oder Tonne, welche fünf Deutsche Meilen unter Cuxhafen liegt, die Grenze zwischen dem Flusse und dem Meere. — Die Elbe ist also, verhältnismäßig gegen ihre Breite, nur an wenigen Orten für Seeschiffe fahrbar. Dieser Strich ist bis an ihre Mündung, oder bis an das Meer herab, bezeichnet, und heißt das Fahrwasser. Fast alles Übrige besteht aus Untiefe, Sandbänken, Erderhöhungen oder kleinen Inseln, die bei sehr niedrigem Wasser sichtbar werden. Also, das Fahrwasser zu bezeichnen, von Zeit zu Zeit zu untersuchen, und die Zeichen sichtbar zu erhalten, ist von äußerster Wichtigkeit. Dieß ist das Geschäft der Hamburger Admiralität, und die Schiffe entrichten dafür einen gewissen Zoll. Die Bojen, womit der Weg bezeichnet ist, sind auf der rechten Seite des Fahrwassers weiß, auf der linken schwarz. Eine solche Boje, die man auch Tonne nennt, ist ein scharf zugespitzter Konus oder Kegel von Holz, angestrichen und stark mit eisernen Reifen beschlagen. An dem spitzen Ende hängt die Last, welche sie stehend macht, und das breite ragt über das Wasser hervor, so dass man es ziemlich weit sehen kann. Die, welche ich in der Folge zu Cuxhafen sah, mochten ungefähr neun Schuh lang sein, und oben sieben bis acht Schuh im Durchmesser haben. Das so bezeichnete Fahrwasser ist keinesweges sehr breit man sieht selten zwei, höchstens drey Schiffe neben einander fahren: gemeiniglich gehen sie hinter einander, welches eine Gewohnheit zu sein scheint.

Ich hatte einst einen herzerhebenden Anblick, dergleichen ich nie vorher irgendwo genossen hatte. Ich war auf einem Landhause, eine kleine Meile unter Hamburg, wo ich im Verlauf einer halben Stunde an die hundert Schiffe mit allen ihren Segeln aufgespannt, die Elbe hinab fahren sah. Wer die Majestät eines großen Schiffes, dessen Segel alle geschwellt sind, kennt, wird einiger Maßen einen Begriff von der Pracht einer langen Reihe solcher Fahrzeuge haben, die ununterbrochen auf einander folgen. Der schönste Moment war dann, als die eine Hälfte vor mir defiliert hatte; denn nunmehr sah ich den Fluss hinauf und hinab eine endlos scheinende Reihe mit ihren Flaggen und Wimpeln, die so bunt und leicht und lüftig im Winde weheten, jedes gefolgt von einem kleinen Boote, das an den Stern gebunden ist, und dem Lootsen gehört, der dann zurückfährt, sobald er das Schiff sicher in die offene See ge, bracht hat. — Auf den ersten Meilen bleiben die Schiffe in der Nähe des rechten Elbufers; erst in der Folge entfernen sie sich davon, indem die Holsteinische Seite voller Sandbänke und Untiefen ist. Diesen Nachteil hat die ganze westliche Seite der Dänischen Besitzungen, und er erstreckt sich bis an die nördlichste Spitze von Jütland, auf welcher weiten Strecke nur sehr wenig Häfen sind, und diese keinesweges von vorzüglicher Güte. — Nachdem ich mich lange an dem herrlichen Anblick geweidet hatte, ging ich in ein nahes Landhaus, das dicht am Flusse liegt, wo ich ein gutes Telescop fand, und mich mit der nähern Untersuchung so mancher Dinge belustigte. Vorzüglich fielen mir die Amerikanischen Schiffe in die Augen! Sie zeichnen sich aus durch ihre schöne Form, ihre anscheinende Leichtigkeit, ihren festen Gang, und fast möchte ich sagen durch die Grazie, mit der sie sich bewegen. Man hält hier die Amerikanischen Schiffe für die schönsten in der Welt, und zieht sie den Englischen vor. — Die Ursache, warum so viele Schiffe auf einmahl ausliefen, war, dass sie vierzehn Tage lang den widrigem Winde sich gesammelt hatten.

Man übersieht also nicht, in der Gegend von Hamburg, die ganze Breite der Elbe, weil die da liegenden Inseln in einiger Ferne wie das entgegen gesetzte Ufer erscheinen, und den Fluss also dem Auge viel schmäler zeigen, als er wirktich ist. Mich dünkt, die gerühmten Hamburger Elbaussichten gewinnen dadurch sehr merklich an Schönheit! Wären die Inseln nicht da, und übersähe man auf einmahl die ganze Wasserfläche, so würden die Gegenstände am jenseitigen Ufer sehr klein erscheinen, weil das Land entweder ganz flach ist, oder nur unbeträchtliche Erhöhungen hat. So aber sieht man in einer mäßigen Ferne das Ufer von Inseln, wenn man das des Flusses zu sehen glaubt, und erst auf den Höhen, die man gelegentlich ersteigt, wird man gewahr, dass das wahre Ufer der Elbe weit darüber hinaus liegt.

Auf diesen Strich an der Elbe schränken sich die gerühmten Hamburger Gegenden größrenteils ein. Hier hat man von mäßigen Anhöhen und lieblichen Hügeln den Blick auf den großen und belebten Fluss. Ungefähr alle übrige Gegenden in der Nähe der Stadt sind flaches Land, und haben keine andern Schönheiten, als die, welche sie durch einen hohen Anbau, und durch die ungeheure Menge von Landhäusern und Gärten erhalten. Das entgegengesetzte Ufer ist den Hamburgern unbekanntes Land, weil die Stadt auf dem rechten Ufer liegt, und es beschwerlich sein würde, immer über den Fluss zu setzen, dessen Überfahrt bisweilen eben so beschwerlich als langweilig ist. Ich höre, dass man im Winter, bei widrigem Winde, oft fünf bis sechs Stunden und drüber damit zubringe. Das Land auf dem Hannöverschen Ufer macht mit dem diesseitigen einen auffallenden Abstich, weil es nicht mit Landhäusern verschönert, nicht von reichen Hamburgern angebaut ist. Überhaupt, nehmen Sie den Gegenden um Hamburg die Elbe, und Sie bekommen ein Land, wie ich es in hundert und hundert Strichen schöner, romantischer, und mahlerischer gesehen habe. Aber dieser Fluss gibt dem Ganzen einen eigenen Charakter von Schönheit und Leben, wodurch alles unendlich reizend wird.

In jenen Zeiten, da die Hamburger den König von Dänemark als ihren natürlichen Feind betrachteten, trug man Bedenken, sich in seinen Provinzen anzubauen. Der Bürger begnügte sich mit hinem kleinen Landhause auf seinem eigenen Gebiete, wo er sich wenig ausbreiten konnte, und woran er wohl mehrenteils eben sowenig dachte. Daher kommt jene Menge von Gartenhäusern in der Gegend unmittelbar um Hamburg, weiche zu Gassen angewachsen sind, und die fast alles von einer Stadt haben, den Namen ausgenommen. Nur die wenigsten darunter sind beträchtlich, und sie werden noch jetzt von Familien von einem mittleren Vermögen bewohnt und gesucht. Veränderte Staatsverhältnisse, vermehrter Reichtum, erweiterte Begriffe, zunehmender Luxus und vielleicht auch besserer Geschmack, wiesen auf die Gegenden unter Altona an den Ufern der Elbe hin. Dänemark begünstigte und zeigte sich auf mancherlei Art gefällig gegen die neuen Ansiedler. Man kaufte ganze Güter, man breitete sich aus, und das Land stieg um das Doppelte in seinem Wert. Hier ist es nun, von Altona an, bis beinahe eine Meile lang hinab, dass Sie die schönsten Anlagen, die größten Landsitze und die anmutigsten Häuser der Hamburger suchen müssen. Man benennt sie von den Dörfern, in welchen, oder in deren Nachbarschaft sie liegen. Diese sind vorzüglich Neumühlen, Flottbeck, Nienstetten und Dockenhude. Ich will meine Leser nicht mit Beschreibungen von allen diesen Landsitzen heimsuchen; doch möchte es manchem nicht unangenehm sein, die Besitzer der vorzüglichsten hier angezeigt zu finden. Gleich am andern Ende von Altona ist der Beckersche Garten, dessen Lage an einem Abhange gegen die Elbe, Aussichten und Anlagen ihn sehr interessant machen, so dass man darüber vergisst, dass der Eigentümer auf dem sehr kleinen Umfange zu viel tat. — Umfangender und jetzt schöner ist, etwas weiter hinab, der Sivekingsche, in Rücksicht der Lage übrigens, dem vorigen sehr ähnlich. — Die Sitze der Herren Peter, sowohl als Cäsar Godefroy sind von ziemlichem Umfange, und haben beide manche romantische und mahlerische Partien, so wie der des Herrn Peresch sorgfältige Anlagen, und eine schöne Aussicht an der Elbe hat. — Die der Herren Thornton, Vidal, Hanbury, haben samt und sonders ihr Verdienst und ihre angenehmen Seiten, so wie noch einige andere; aber hauptsächlich zeichnet sich der Sitz des Herrn Etatsrat Voght zu Flottbeck, durch Lage, glückliche Natur, Umfang und Anlagen aus. Hier ist mehr als ein Landhaus und ein sogenannter Englischer Garten; es ist wirklich ein Englischer Landsitz, und er verdient diesen Namen besser, als eine Menge anderer, die ich in verschiedenen Teilen des festen Landes von Europa gesehen habe. Der Grundboden, ohne gerade sehr uneben zu sein, wechselt angenehm ab, und hat in einem schr hohen Grade, was der berühmte Brown Capabilität *) nannte. Die Aussichten auf die Elbe sind mannigfaltig, und das schönste, was Herr Voght vorfand, ist ein hundertjähriger Eichenwald. Dieser schöne Sitz steht jedermann offen, und vermehrt die Annehmlichkeit dieser Gegend. Die Einwohner der Landhäuser umher machen häufig mit ihren Gästen Spaziergänge dahin; und Sonntags wird er von einer Menge Hamburger und Fremden besucht, die eine Lustpartie nach den umherliegenden Wirts- und Speisehäusern machen.

*) Natürliche Fähigkeit des Bodens und der Gegend, um von einem Kunstgärtner bearbeitet zu werden.


Als ich das Letztemahl zu Hamburg war, stand Herrn Voghts Landsitz nicht mehr unbeschränkt offen! Ich las an den Eingängen, dass, wer den Ort sehen, oder da spazieren gehen will, sich an den Gärtner wenden muss: Eine Maßregel, zu der der Eigentümer vermutlich durch das Publikcum gezwungen worden ist, dem man leider! selten etwas lange und unbestimmt offen lassen kann. Herr Voght wohnt hier das ganze Jahr hindurch, und beschäftiget sich sehr mit dem Landbaue und der Verbesserung der Viehzucht. Die vielen Maschinen und Modelle, die er aus England und Schottland hat kommen lassen, und die mannigfaltigen Versuche, die sein Vermögen ihm zu machen erlaubt, müssen, so wie die verbesserten Viehrassen, nach und nach einen sehr wohlthätigen Einfluss auf die ganze Gegend umher haben. Sein Haus ist häufig der Sammelplatz vieler Männer von Verdienst, einiger Altonaer, und mehrerer Hamburger Gelehrten; so wie auch nicht leicht ein interessanter Fremder durch Hamburg geht, der nicht hier einspräche, oder an der Tafel Anteil nähme, zu der Herr Voght mit so vieler Hospitalität einladet. Sein Forschungsgeist und ein zweijähriger Aufenthalt in Großbritannien und Irland, berechtigten ihn vollkommen, in den Genius der Zeit ein Paar Aufsätze über diese Länder einrücken zu lassen, die unter das Wahreste und Beste gehören, das über diese Gegenstände gesagt worden ist. — Noch muss ich eine ausgesuchte Bibliothek und eine schöne Sammlung von physischen Instrumenten, die sich hier finden, nicht vergessen. — Jetzt hält sich in diesem Hause Herr Schmeisser auf, ein Gelehrter, dessen Fach hauptsächlich die Chymie ist, dem Herr Voght zu Flottbeck ein Laboratorium hat anlegen lassen, und der hier über seine Hauptwissenschaft Vorlesungen hält, die von einer zahlreichen Nachbarschaft, wovon sich auch das schöne Geschlecht nicht ausschließt, besucht werden. — Herr Schmeisser ist kürzlich zu Paris gewesen, und hat „Beyträge zur nähern Kenntniß des Zustandes der Wissenschaften etc.“ herausgegeben, wovon ich eben das erste Heft gelesen habe. Dieses Werk macht uns mit den altermehresten jetzt zu Paris lebenden Gelehrten bekannt, und liefert Nachrichten über sie selbst und ihre Schriften. — (Seitdem hat sich Herr Schmeisser in Hamburg niedergelassen.)

Ein großer Teil des ganzen angeführten Striches von Altona bis Dockenhude, gehört also jetzt Hamburger Bürgern, und täglich wird mehr gekauft und gebaut. (Als ich im Herbste 1799. diese Gegend wieder besuchte, fand ich mehrere Häuser, wo zwei Jahre früher noch Feld war, und die Grundlage zu verschiedenen neuen.) Indessen werden sich hier die Landhäuser nie so häufen, wie auf dem Boden, der der Stadt näher liegt, eben darum, weil man gleich vom Anfange her einen ganz andern Plan befolgt hat. Die Anlagen, die seit einiger Zeit gemacht worden sind, und noch jetzt gemacht werden, sind fast durchgehends, mehr oder weniger, im Englischen Geschmacke, und fordern also einen beträchtlichen Umfang, ob man schon im Ganzen ziemlich einfach dabei zu Werke geht. Manchem ist es genug, einen großen, von Bäumen umgebenen Grasplatz vor, und einen Küchengarten hinter dem Hause zu besitzen, überdieß haben viele sehr ansehnliche Küchengärten und so viel Wieseland, als sie für ihre Pferde bedürfen. Auch fangen hier einige Familien an, selbst den Winter auf ihren Landhäusern zuzubringen, ob schon die Hausväter, Hamburger Kaufleute, genötiget sind, alle Wochen mehrere Tage in der Stadt zuzubringen, während dass der weibliche Teil nur hin und wieder bei besonderen Gelegenheiten dahin geht.

Ein Landhaus ist dem Bewohner Hamburgs beinahe zum Bedürfnisse geworden, und ihre Zahl vermehrt sich, so wie der Luxus und der Reichtum des Ganzen zunimmt. Ich kenne, ohne Ausnahme, keine Stadt in Europa, die in einem so kleinen Umfange diese ungeheure Menge von Land- und Gartenhäusern hätte. In der Gegend um Wien finden Sie, auf dem nämlichen Umfange, nicht den zehnten Teil derselben; aber in den Gassen dieser Stadt stehen sieben hundert Lohnkutschen, (Fiacres,) während dass Hamburg nicht eine einzige hat. Welch ein auffallender Unterschied in der Lebensart dieser beiden Städte!

Die nämliche Hospitalität, die der Hamburger in der Stadt ausübt, und der nämliche Hang zu Erholung und geselligem Leben folgen ihm auch auf das Land. Man sieht sich, wie in der Stadt, bey Mittags- und Abendmahlzeiten, bei Tee und Spiel. Auch empfängt man in den mehresten Hausern alle Sonnabende eine gewisse Zahl von Personen, die selbst keine Landhäuser haben, und die bis Montag bleiben. Diese freilich kostbare Gewohnheit ist im Grunde viel vernünftiger, als die so mancher andern Städter, die ihre Freunde bloß zu Mittage auf dem Lande empfangen, und die Abendstunden allein zubringen, während dass der Gast oft im Dunkeln und auf schlechten Straßen seinen Weg nach Hause macht, so gut er kann. Aber eine Menge Sitten und Gebräuche verschiedener Menschen und Völker werden mehrenteils durch etwas bestimmt, das in ihrer physischen oder bürgerlichen Lage seinen Grund hat. Da die Tore der Stadt bald nach Sonnenuntergang geschlossen und für kein Geld geöffnet werden; da man hier zu Lande ziemlich spät zu Mittage speist, und die Landhäuser oft in einer ziemlichen Entfernung liegen: so würde man der Gesellschaft vieler Personen ganz entsagen müssen, wenn man sie nicht auch über Nacht bewirtete. Ich habe in dieser ganzen Art, auf dem Lande zu leben, vielen Frohsinn, Treuherzigkeit und Gutmütigkeit gefunden, und habe mit Vergnügen lange bei dieser Beschreibung verweilt, weil ich, seit meinem Aufenthalte in diesen Gegenden, ungefähr eben so viel auf dem Lande, als in der Stadt gelebt habe, und immer mit süßer Erinnerung an diejenigen Familien denken werde, mit denen ich in der genauesten Verbindung stand.

Es versteht sich von selbst, dass durch diese Menge von Landhäusern, Englischen Anlagen, Grasplätzen und Küchengärten der eigentliche Bauer beinahe vertrieben wor, den ist, und dass man nur wenig von dem sieht, was den Landbau und seine Geschäfte characterisirt. Dieser Vorwurf trifft vorzüglich die Landhäuser nahe bei der Stadt, und ganz besonders die, welche zunächst vor dem Dammtore liegen. Eine lange Reihe kleiner, an einander stoßender Häuser, die also wie die eine Seite einer Gasse sind, zieht sich längs der Alster hin. An Landleben ist nicht zu denken; denn hier sehen Sie keines der Geschäfte des Feldbaues. Alles ist von Städtern besetzt, und selbst die Spaziergänge sind nicht angenehm, einen einzigen an der Alster ausgenommen; aber auch dieser ist im Grunde nichts, als eine Straße, deren eine Seite von Gärten und Gartenhäusern ganz eingenommen ist. Entfernet man sich von der Alster, um nach der Elbe zuzugehen, so findet man wiederum nichts als Gärten und Landhäuser, oder man kommt nach Altona.