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Allein diese bedeutende Summe war wenig geeignet, um Hamburg vor der Entwickelung des Krieges zu schützen und es von den ferneren Übergriffen, des Weltenstürmers anzuschließen. Man muss die zahllosen Broschüren lesen, welche in jenen Tagen erschienen, und welche alle darauf ausgingen, die täuschenden Reden und einschläfernden Versprechungen in ihrem rechten Lichte darzustellen, um die Empfindungen und Aussichten des an eigener Verteidigung doch immer höchst schwachen und unzulänglichen Hamburgs begreifen zu können. Was es getan und an begeisterter Tapferkeit bewiesen hat, das hat es im Vertrauen auf Gott und die alte Heiligkeit deutschen Rechtes und Gesetzes getan, dass, es falle wie es falle, jedem sein Loos zugewogen sei, dass der Himmel die nicht verlässt, die ihn und sich selbst nicht verlassen. Noch können wir uns von Augenzeugen erzählen lassen, was damals geschehen ist, noch wissen sie uns mit der grüßten Lebendigkeit anzugeben, wo und unter welchen Gefühlen sie zuerst dem nahenden, schleichenden Feinde gegenüber gestanden, wie sie mit noch unsicherer Hand auf ihn gezielt, unter Angst, Mühe und Schweiß Schanzen und Wälle gegen ihn aufgeworfen haben. Ich habe nicht ein Mal, ich habe viele Male den Berichten mit Lust und Wehmut zugleich zugehört, ein heiliger Schauer durchfuhr mein Gebein, wenn ich sie ihren Tag begehen sah. Ich habe nicht ein Mal, sondern viele Male gestanden wie der junge Franzos auf dem Bilde von ? rnet, der kleine Napoleon von Gips waren hier die drei Türme, am liebsten aus Erz gegossen, auf dass sie mit Ewigkeit täuschen, und die würdige Matrone mit dem beredten Munde war der Schutzgeist Hamburgs, vielleicht die alte, blauäugige Germania selbst, welche meinem lüsternen Ohr von den Tagen der Opfer erzählte. Meine Seele glühte, auf mein Herz fiel eine Träne und — ich dachte an Hamburg! — Wenn der junge Republikaner sich für Freiheit und Tugend begeistern will, so soll er sich an seine Väter und jene Tage erinnern!

Die ersten französischen Soldaten, deren nähere Bekanntschaft Hamburg in feindlicher Beziehung eigentlich machen sollte, kamen, 240 an der Zahl, am 24. Oktober 1804 von Harburg, landeten bei Nacht und Nebel in der Vorstadt St. Pauli, und zogen in aller Stille nach dem Grindel, um das Haus des englischen Botschafters Sir Rumbold vor dem Dammtore zu durchsuchen, wie ihn und seine Papiere mit sich nach Paris zu nehmen. Darnach wurde wiederum eine Anleihe von 250.000 Thalern gemacht, angeblich um sie zum Vorteile Hannovers zu verwenden, wogegen den Hamburgern allein die Vergünstigung gestattet wurde, dass Pakete von 50 Pfund und darunter ohne Aufhaltung und Untersuchung durch das hannoversche Land sollten gebracht werden können. Man nannte dieses schon eine Erleichterung des erneuerten Handelsverkehrs, und pries die Verhältnisse, als sich damit die Erlaubnis Englands verband, dass die Fahrt zwischen Tönningen und Hamburg über die sogenannten, Matten offen sein sollte. War durch den obigen Gewaltstreich das Gesandtschaftsrecht auf das Tiefste verletzt und das Völkerrecht in seiner alten Heiligkeit mit Füßen getreten worden, so schien durch diese Vergünstigungen mit der einst so glänzenden Hansamacht nur Spott und Hohn getrieben zu, werden. Erst am 11. Oktober 1805 konnte Hamburg einen freien Atem schöpfen, als die Blockade der Weser und, Elbe wieder aufgehoben wurde und es den Anschein gewann, als sollte dem Handel und dem ganzen Leben Hamburgs schon dadurch ein Morgenrot aufgehen. Aber es war nur eine Vorspiegelung von Glück, gleichwie ein Raubtier seine Beute wohl auf Augenblicke fahren lässt, um sie gleich nur um so sicherer zu ergreifen. Der bisherige französische Minister Reinhard ward aus Hamburg abgerufen, und von Bourienne trat an seine Stelle, ein Mann, der der entschiedenste Anhänger Napoleons und seiner Pläne war, und der daher ganz vorzüglich geeignet scheinen musste, das Leben und Treiben der Stadt wie der Gegend zu belauschen und von allem Vernommenen den schnellsten und getreuesten Bericht abzustatten.