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Einer der beiden Pavillons hat das Privilegium, dass in ihm geraucht werden kann. Das zartere Geschlecht begibt sich deshalb meistenteils zu dem andern, in welchem es süßer und kuchenartiger ist, als in jenem, wo der Hamburger und der Fremde, in stillem Schweigen, zeitungsvertieft, eine Zigarren raucht. Vom frühen Morgen bis zum späten Abend ist hier der Sammelplatz der Einheimischen und Fremden; man sieht eine stets bewegte Szene, auf welcher alle Nationen vor unsern Blicken vorüberziehen, de verschiedenartigsten Sprachen uns umschwirren. Der sich behaglich dehnende Engländer, die personifizierte Anmaßung in Allem; der lebhafte, sanguinische Franzose, ein Jupiter fulminans; der Holländer, mit dem dicken phlegmatischen Nebel auf der Stirn, der nie schwindet, außer da, wo der holländische Patriotismus angeregt wird; der Russe, mit dem noblen französischen Air und dem stolzen adeligen Blut, das an die Leibeigenschaft hält und Einen das liebenswürdigste despotische Savoir faire [Knowhow] sehen lässt; der Amerikaner mit dem einförmigen, ungenierten materiellen Antlitz, über welches die Kälte des Egoismus und der Geldsucht hingehaucht ist; der Spanier; der Portugiese; der Orientale; und nun endlich der Hamburger Kaufmann selbst, jener allerdings kosmopolitische Charakter in englischer Form, der sich von dem niederen Hamburger dadurch unterscheidet, dass er höchst sozial ist und wenig von jener groben Rindfleischnatur blicken lässt, die diesem innewohnt. Sie Alle eilen zum Jungfernstieg aus dem Geräusch des Geschäftslebens und bilden die seltsame Mischung, die den Reiz einer Handelsstadt erhöhet. Sommers drängt sich hier Alles auf der anmutigen Promenade. Man unterhält sich, man ließt, man raucht in den Pavillons bis zur mitternächtlichen Stunde. Erst die späte Nacht trägt jene Ruhe auf den Jungfernstieg und die ihn krönenden Pavillons hernieder, die man vorzugsweise nächtliche Ruhe heißt. Ja zur Sommerzeit gewinnt der Jungfernstieg erst nach zehn Uhr Abends, wenn die Theater geschlossen und die Geschäfte beendet sind, das belebteste Ansehen. Alles begibt sich dann hierher, die schöne Welt in männlicher Begleitung, die Priesterinnen der venus vulgivaga, die Handlungsdiener, die Fremden. Es ist ein stetes Wogen unter dem bunten Lichterschein, der aus den Laternen, den Häusern und vom jenseitigen Ufer der Alster her sich über Wasser, Pavillons und Menschen ergießt, unter dem hellblinkenden Sternenkranze dort oben, unter dem freundlich - heiteren Mondlichte am Azur des Nachthimmels.