mein-hamburg.jpg

Gleichwohl war es, wie wir jetzt von Strodtmann erfahren, eine Hamburgerin, die es ihm angetan, die seine Muse begeistert hat und der wir jene in unserer ganzen Literatur einzigen Klänge verdanken, in denen tiefes Gefühl mit bitterem Spott um die Herrschaft ringt; eine Hamburgerin, jenes Engelköpfchen „auf Rheinweingoldgrund“, das er in der Dityrambe des Bremer Ratskellers besingt. Man kann wohl sagen, dass die ganze lyrische Stimmung der ersten und bedeutendsten Dichterperiode Heines von der Liebe zu dieser anmutigen Tochter Hammonias, einer Cousine des Dichters, bestimmt wird und dass sich Nachklänge derselben noch in seiner spätesten, in seinem „Romanzero“, wiederfinden. Unter wechselnden Namen feiert er sie; es ist jene Agnes, die er im höchsten Hymnenschwung der Liebe in den „Nordseebildern“ verherrlicht:

Zerbrechliches Rohr, zerstiebender Sand,
Zerfließende Wellen, euch trau' ich nicht mehr!
Der Himmel wird dunkler, mein Herz wird wilder,
Und mit starker Hand, aus Norweg’s Wäldern,
Reiß' ich die höchste Tanne,
Und tauche sie ein
In den Ätna glühenden Schlund, und mit solcher
Feuergetränkten Riesenfeder
Schreib' ich an die dunkle Himmelsdecke:

„Agnes, ich liebe dich!“


Jedwede Nacht lodert alsdann
Dort oben die ewige Flammenschrift,
Und alle nachwachsenden Enkelgeschlechter
lesen jauchzend die Himmelsworte:

„Agnes, ich liebe dich!“