- Details
- Category: Kultur
- Published: 12 May 2011
C.S.: Werter Herr Wartke, es freut uns, dass wir für die Leser von mein-hamburg.de die Möglichkeit zu einem Gespräch mit Ihnen bekommen haben. Die erste Frage geht in Richtung Bekanntheit. Sie können sich vielleicht nicht mehr erinnern, aber wir standen gemeinsam vor 4 Jahren beim Montagsclub von Mark Scheibe zusammen auf der Bühne. Dort passten kaum 100 Leute in den Club. Inwiefern wählen Sie heute noch die Auftrittsorte aus? Würden Sie noch ab und an auf kleine Bühnen gehen, oder sind es immer große?
Bodo Wartke: Sehr gerne. An die Montagsclub-Reihe erinnere ich mich natürlich, denn so entstand der Kontakt zu Mark Scheibe, der mich daraufhin später zu einigen wunderbaren Auftritten mit seinem Orchester in den Admiralspalast zur Berlinrevue einlud.
Das Thema „kleiner Club oder großes Haus“ beschäftigt mich immer wieder. In einem kleinen Theater ist es natürlich viel persönlicher. Das Publikum und ich sind uns näher und jeder im Raum kann meine Mimik und Gestik genau verfolgen. Andererseits bin ich nun bekannter als zu Beginn meiner Karriere und viele Menschen möchten mein Klavierkabarett in Reimkultur live erleben.
Grundsätzlich ist es so, dass meine Agentur die Tour bucht und dabei die Tatsache der großen Nachfrage berücksichtigen muss, sowie meinen Wunsch nach gutem Kontakt mit dem Publikum. Ich kann in einer Großstadt nicht wie früher in einem Theater mit 200 Sitzplätzen spielen, dann müsste ich drei, vier Konzerte hintereinander geben. Diese drei, vier Konzerte könnte ich dann wiederum in einer anderen Stadt nicht geben und so fällt die Entscheidung für Häuser mit 800 bis 1000 Sitzplätzen. Mein Tourkalender hat nun mal nur 100 bis 120 reguläre Auftritte, da wollen alle Regionen gleichermaßen abgedeckt werden, was schon jetzt kaum möglich ist. Fußballstadien würde ich allerdings nicht bespielen.
Meine Sehnsucht nach der kleinen Bühne lebe ich immer aus, wenn ich ein paar Tage in Berlin bin. Dann trete ich spontan in der Scheinbar, dem Zebrano-Theater oder im Kookaburra Comedy Club auf.
C.S.: Dieser Anstieg Ihrer Bekanntheit, speziell seit dem Album „Achillesverse“, ging recht schnell. Dennoch darf man ja nicht vergessen, wie hartnäckig und konstant Sie sich von kleinen regionalen Preisen für Comedy nach oben geackert haben. Gibt es Augenblicke, wo Sie zwischen Ihren Auftritten auch mal durchatmen und stolz sind, mit 33 schon derart viel erreicht zu haben?
Bodo Wartke: Das mit dem Durchatmen ist so eine Sache, das fällt mir beim ständigen Unterwegssein gar nicht leicht, aber das ist ein anderes Thema. Ja, (überlegt) doch, ich bin stolz auf das, was ich mache. Also stolz im Sinne einer großen Zufriedenheit. Ich habe das Glück, das tun zu können, was mir in meinem Leben unglaublich viel Freude bereitet: Singen, Klavier spielen, Menschen unterhalten und ihnen einen schönen Abend bereiten. Mein Publikum mit dem zu berühren, was mir am Herzen liegt, ist einfach erfüllend.
Was die Preise angeht, so bedeuten mir vor allem die Publikumspreise etwas, denn da haben die Fachleute vor der Bühne entschieden. Und ich bin stolz auf den Deutschen Kleinkunstpreis, denn als mir dieser 2004 verliehen wurde, war ich erst 27 und hatte gerade mein zweites Programm veröffentlicht. Eine unglaubliche Ehre.
C.S.: Sie arbeiten sehr viel mit Sprache und verwenden sehr spielerisch bewusst ihre Worte, nicht nur in Liebesliedern, die zu Publikumskrachern wurden. Auch Ihr Newsletter der Email Community heißt bei Ihnen erfrischend unenglisch „Elektrobrief“. Was bedeutet „handwerklich“ Sprache für Sie, und in wie fern überstrahlt manchmal die sprachliche Verpackung vielleicht sogar den Inhalt?
Bodo Wartke: Grundsätzlich finde ich es wichtig, dass Form und Inhalt meiner Lieder in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Das perfekte Lied drückt genau das aus, was ich sagen will. Es ist also inhaltlich auf den Punkt gebracht und reimt sich dabei.
Und ich weiß aus eigener Erfahrung, dass sich alles in und mit unserer Sprache auf den Punkt bringen lässt. Auch so, dass es sich reimt. Unser Wortschatz ist wirklich reichhaltig und elegant, sodass es nicht nötig ist, Anglizismen zu bemühen.
Allerdings muss ich aufpassen, dass ich mich nicht in Reime verliebe und diese dann über den Inhalt stelle. Mein Regisseur und ich führen immer mal wieder folgenden Dialog miteinander: „Bodo, was du geschrieben hast, ergibt keinen Sinn.“, und ich sage dann „Ja, aber es reimt sich so schön!“
C.S.: Wir interviewen Sie ja auch, weil Sie ein Nordlicht sind. Zwischen Hamburg und Lübeck gibt es viele Orte, mit denen Sie vermutlich Heimatliches verbinden. Jetzt die Frage: Einige männliche oder weibliche Künstler wie Martina Schwarzmann haben es u.a. durch ihren Dialekt nicht immer so leicht, weit außerhalb ihrer Heimat aufzutreten und anzukommen. Bei Ihnen scheint das auch durch die sehr klare Sprache kein Problem zu sein. - Gibt es dennoch Gegenden, wo Sie einen schweren Stand haben, und gibt es auf der anderen Seite Themen und Humor-Details, die besonders ein Publikum in Schleswig-Holstein und Hamburg Ihnen eher abkauft?
Bodo Wartke: Nein, wegen meiner Sprache habe ich nirgends einen schweren Stand. Aber weil ich in meinem Klavierkabarett nun mal das Mittel Sprache verwende und auch gelegentlich Sprache selbst zum Thema wird, wie z. B. im „Liebeslied“, stelle ich manchmal Unterschiede fest, die haben aber meiner Ansicht nach nichts mit einem „regionalen“ Humor zu tun.
Bin ich in der Schweiz unterwegs, dann bemerke ich, dass die Menschen konzentrierter zuhören. Sie verstehen mein Deutsch sehr gut und lachen genauso, wie jedes andere Publikum. Viele sprechen aber in Ihrem Alltag kein Hochdeutsch, sondern die regionalen Sprachen und Dialekte. Ich glaube, diese Vielsprachigkeit, die die Schweizerinnen und Schweizer umgibt, in der Schule und den Medien, macht sie aufmerksamer für sprachliche Nuancen und Wortspielereien.
Wenn ich in meinem Solo-Theater „König Ödipus“ auf Wilhelm Tell anspiele, den Schweizer Nationalhelden, freut sich das Berner Publikum wie Bolle. Und wenn ich in Dresden die russische Strophe meines Liebeslieds singe, singt der ganze Saal mit, das erlebe ich dann in einer anderen Stadt so nicht. Das hat aber, wie gesagt, nichts mit einem speziellen Humor einer Region zu tun, sondern damit, dass ich etwas aufgreife, das an einem bestimmten Ort vielleicht viel stärker mit der Lebenswelt der Menschen verbunden ist als anderswo.
C.S.: Auf der Wikipedia-Seite zu Ihnen steht, Sie seien ledig. Wie erhalten Sie sich ein Privatleben? Manche Kollegen wie Urban Priol brausen durch 180 Auftritte im Jahr. Wie viele haben Sie (außer den oben genannten 100-120), und wie gestalten Sie ruhige Räume für sich?
Bodo Wartke: Ich erhalte mein Privatleben, indem möglichst wenig davon nach außen dringt. Das ist das eine. Zum anderen versuchen meine Agentur und ich die Auftrittstage zu bündeln, sodass ich dazwischen zusammenhängende Tage freihabe, in denen ich zuhause sein kann und Zeit für meine Freunde und Hobbies habe.
C.S.: Am 13. Juni sehen wir Sie in Hamburg im Schmidts Tivoli mit „Ich denke, also sing ich“. Gibt es außerdem Daten, die Sich Ihre Fans im Norden vormerken können?
Bodo Wartke: Ja, natürlich. Am 4. und 5. September beginnt die Herbstrunde meines Solo-Theaters mit zwei Aufführungen von „König Ödipus“ im Hamburger Schmidt-Theater. Und im Januar und Februar 2012 hat mein 4. Klavierkabarettprogramm Premiere. Da wird es auch in Hamburg Termine geben. Die stehen dann rechtzeitig in meinem Tourplan.
C.S.: Herr Wartke, vielen Dank für die Möglichkeit zum Gespräch und alles Gute!