Mecklenburg-Vorpommern zeigt sich krisenresistent, zumindest gab es im Jahr 2012 keinen Einbruch bei den Übernachtungszahlen, sondern eine Steigerung. Der Tourismus in M-V verbucht Jahr für Jahr Zuwachsraten, und das ist gut so.
Die Schweriner Landesregierung hat mit ihren Tourismusförderprogrammen zur Schaffung einer stabilen Branche beigetragen und setzt damit eine jahrhundertealte Tradition fort. Schon Herzog Friedrich Franz I. hat im Jahre 1793 die Weichen für die touristische Entwicklung seines kleinen Herzogtums gestellt, man bedenke, zu einer Zeit, wo selbst Weichen und deren Bedeutung unbekannt gewesen sind. Der umtriebige Landesvater hat jedoch die Zeichen der Zeit erkannt und im besagten Jahr das 1. deutsche Seebad Heiligendamm gegründet. Was lag näher, als seine liebgewonnene Sommerfrische Doberan(heute staatlich anerkanntes Heilbad Bad Doberan), einen Flecken unweit der Ostseeküste am Heiligen Damm (heute Heiligendamm), in ein mondänes Seebad zu verwandeln. Der verschlafene Ort, der nach der Säkularisierung seines ehemals bedeutenden Zisterzienserklosters nur noch als Marktflecken und wegen gelegentlicher Sommeraufenthalte der herzoglichen Familie von sich Reden machte, erlebte nun einen merklichen Aufschwung. Zwei Männer – Landbaumeister Carl Theodor Severin, Schöpfer der vielen erhalten gebliebenen klassizistischen Bauten des Seebades Doberan-Heiligendamm, und Dr. Gottlieb Samuel Vogel, Professor an der Medizinischen Fakultät der Universität zu Rostock und späterer Badearzt im 1. Seebad – dürfen in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben. Während der erste mit seinem Wirken das heutige Stadtbild Bad Doberan-Heiligendamms geprägt hat, sein Werk jedem Besucher des behutsam restaurierten Städtchens den Glanz längst vergangener Zeiten vor Augen führt, hat sich der andere um die Gesundheit der stetig wachsenden Gästeschar Seiner Königlichen Hoheit verdient gemacht und der Nachwelt viele medizinische Abhandlungen hinterlassen, so auch die Allgemeinen Baderegeln: Ein Büchlein mit allerlei Tipps für den ungeübten Badegast beim Gebrauche der kalten Bäder, das auch als Leitfaden für junge Badeärzte dienen sollte, denn sein Verfasser schöpfte aus vielen Erfahrungen. An dieser Stelle sei auch auf die umfängliche Sammlung balneologischer Schriften der Landesbibliothek Mecklenburg-Vorpommern hingewiesen, übrigens der größten dieses Sammelgebietes in Deutschland. Was Wunder, wo der Landesvater höchstselbst den Badewirt gegeben und allein mit seiner Person eine Vielzahl illustrer Gäste angelockt hat. Ein Numerisches Verzeichnis … bis zum Jahre 1839 angekommenen Curgäste und Fremden beeindruckt denn auch mit der Aneinanderreihung von Celebritäten. Königliche Hoheiten, sogar Majestäten, Fürsten, Grafen, Feldmarschälle, Wissenschaftler wie Hufeland und Thaër, bedeutende Militärs wie Fürst Blücher und Graf Nostiz saßen an der Table d’hôte und sprachen dem geselligen Badeleben zu. Doberan-Heiligendamm sollte schon bald zum Vorbild für andere Badeorte entlang der deutschen Küste an Nord- und Ostsee werden: Cuxhaven an der Elbmündung,Warnemünde vor Rostock und Putbus auf Rügen folgten recht bald.Â
In der zweiten Hälfte des 19 Jahrhunderts half die Erschließung des Landes mit der Eisenbahn nicht nur der industriellen Entwicklung auf. Das Baden in der See avancierte zum Massenvergnügen. Doch der terapeutische Ansatz eines Prof. Dr. S. G. Vogel ist heute aktueller denn je. Mecklenburg-Vorpommern mausert sich zum Gesundheitsland, die medizinisch motivierte Komponente in den vielfältigen Kur- und Erholungsangeboten ist nicht mehr wegzudenken. Dr. Vogel wird es freuen.