Über die Wasserverbindung der Uckermark mit Berlin

Fortsetzung

Man hat zur Wasserverbindung der Uckermark mit Berlin folgende Vorschläge getan:


1. Einen Kanal aus der Ucker, von Stegelitz an, durch den Grimnitz-See, oder durch den Sarnitz-See nach dem großen Wolletz und von dort durch den Grimnitz- und Werbellin-See nach dem Finow-Kanal zu leiten. Von dem Wolletz-See an hat die Natur durch den Lauf der Welse, welche aus dem Grimnitz-See kommt, den Gang vorgezeichnet. Allein, man nennt diesen Vorschlag unausführbar. Aus welchen Gründen, weiß das Publikum nicht.

2. Einen Kanal aus der Ucker bei Prenzlau, vielleicht durch Erweiterung des Bettes der Quillo, bei Golwitz vorüber, nach Boitzenburg, und durch Aufräumung des Boizenburger Baches, durch die vielen dort befindlichen Seen, in die Havel. Allein auch dieser Plan soll viele Schwierigkeiten haben, und nach verschiedenen Behauptungen sollen ihm Unmöglichkeiten im Wege stehen. Ob diese auf mathematischer Gewissheit beruhen, ob es gegründet sei, dass es wegen des zu starken Gefälles (von 177 Fuß) vom Boitzenburger-Haussee bis Prenzlau nicht ausführbar sei, oder ob die Kosten den dadurch zu erlangenden Vorteilen nicht entsprechen, lässt sich aus Mangel der dazu nötigen Hilfsmittel und besonders eines authentischen Nivellements-Plans nicht beurteilen.

Die Sache ist aber von so großer Wichtigkeit, dass sie eine sorgfältige Prüfung sachverständiger Männer verdient. Ob es überhaupt tunlich sei eine Verbindung der Ucker und Havel zu bewirken, und alsdann, welcher von den beiden Vorschlägen am zweckmäßigsten und mit den geringsten Aufwand von Kosten auszuführen sei. Möchte doch die Regierung, welche so oft mit den Projekten müßiger Köpfe belästiget wird, diesen Gegenstand aus einem andern Gesichtspunkt betrachten und die Tunlichkeit näher untersuchen lassen. Dass es der Mühe wert sei, die Sache nicht gänzlich von der Hand zu weisen, mag folgende Übersicht der großen und wesentlichen Vorteile, welche zunächst für die Ukermark daraus entspringen, dartun. Grade die fruchtbarsten Teile der Uckermark, bei Prenzlau und längs der Ucker, haben keine andere Verbindung mit Berlin, als die zu Lande. Ihr Korn, Tabak und ihre Wolle muss zu Lande dahin transportiert werden. Der Landmann muss darauf mehr Pferde und mehr Gesinde halten. In den 2ten Teil der Secktischen Geschichte von Prenzlau, und zwar in den im Anhange gelieferten Abhandlungen ist angenommen, dass die ganze Ukermark jährlich 4.800 Wispel Getreide ersparen würde, wenn der Transport zur Achse nicht mehr nötig sei. Man hat dieses allgemein für übertrieben gehalten und gesagt, dass durch diese exaltierte Behauptung der guten Sache mehr geschadet als genutzt würde. Es wird sich aber zeigen, ob denn die Übertreibung wirklich so stark ist, wie man glaubt.

Das platte Land der Uckermark, denn die Städte können hier nicht in Anschlag kommen, da sie ihr Getreide selbst verbrauchen, konnte im Jahre 1802 7.357 Wsp. 20 Sch. Weizen und 20.341 Wsp. 12 Sch. Roggen verkaufen. Gerste kann nicht mit in Anschlag gebracht werden, da diese nur zur eigenen Konsumtion gebauet wird. Wenn man, nach den jetzigen Preisen den Weizen zu 48 und den Roggen zu 36 Rthlr. anschlägt, so beträgt der Weizen eine Summe von 353.156 Rthlr. und der Roggen 732.294 Rthlr. Das platte Land der Provinz konnte also im Jahre 1802 für 1.085.450 Rthlr. Korn verlaufen. Und da der größte Teil des Getreides nach Berlin geht, so ist der Gegenstand doch wahrlich des Berücksichtigens wert. Diese Angabe ist authentisch, da, ihr ritterschaftliche Registratur-Nachrichten zum Grunde liegen. Das Verkaufs Quantum ist also festgesetzt, und wer es bezweifeln will, der muss den Kameral-Nachrichten alle Glaubwürdigkeit absprechen.

Im Jahre 1801 hatte das platte Land der Ukermark 15.137 Pferde zum Betreib der Wirthschaft nötig und 15.346, Pferde, ohne die Fohlen, waren wirklich vorhanden, Angenommen, dass die 209 überflüssige Pferde Luxuspferde sind, so machen die wirklich zur Wirtschaft vorhandenen 3.784 Gespann aus. Nimmt man nun mit dem Verfasser der Geschichte von Prenzlau an, dass das 6te Gespann im Durchschnitt der Kornfuhren wegen gehalten wird, so muss das Land, 630 Gespann oder 2.520 Pferde bloß des Korn-Absatzes wegen mehr halten, wie zu dem Ackerbau eigentlich erforderlich sind. Er rechnet ferner auf jedes Pferd täglich 2 1/10 Metze Futtergetreide und da kommen, bei den von ihm, auf den Grund der Viehstandstabelle von 1775, angenommen 600 überflüssigen Gespann Pferde 4.800 Wsp. Getreide heraus. Wenn man aber auch wirklich zugibt, dass dieses wegen der Sommerweide, da in der Regel keine Stallpferde gehalten werden, um, etwas zu hoch angenommen ist, so wird man, doch anderthalb. Metzen gewiss nicht zu hoch angeschlagen finden. Nach diesem angenommenen Satz verzehren die 2.520 Pferde jährlich 3.569 Winspel Futterkorn, welche, den Winspel nur zu 24 Thaler angeschlagen, jährlich, eine Summe von 85.656 Thaler ausmachen. Diese würde erspart, diese würde erübriget, wenn der Landmann sein Getreide zu Wasser nach Berlin, liefern könnte.

Außer diesem Hauptgewinn, der zuerst herausgehoben werden musste, gibt es noch so viele sehr bedeutende Nebenvorteile, die durch das Wegfallen so vieler Gespann Pferde erreicht werden. Anstatt der 2.520 Pferde würden die weit wohlfeiler zu erhaltenden Ochsen gehalten werden müssen, und zwar für 2 Pferde wenigstens 3 Ochsen, also etwa 3.360 Ochsen mehr, wie gegenwärtig. Jeder Ökonom wird, ohne mein Erinnern, wissen, was der Ochsendünger vor dem Pferdedünger für Vorzüge hat. Und auch darin, ohne auf die durch den bessern Dünger erhöhte Landeskultur zu sehen, liegt ein wesentlicher Vorteil, dass der Landmann die alten, unbrauchbar gewordenen Ochsen mästen und in seiner Wirtschaft verzehren oder versilbern kann. Von dem guten Heu, was die Pferde jetzt verzehren, würde ein großer Teil noch zum Besten der Schafe und Kühe angewandt werden können. In Absicht der Anzahl des Gesindes würde wahrscheinlich nichts gewonnnen werden, weil der Landmann zur Wartung der Ochsen und bei dem Ochsengespann ebenfalls einen Knecht halten muss.

Die Erhaltung desselben würde ihm aber ungleich weniger kosten, denn es ist unglaublich, was die Beköstigung der uckermärkischen Reiseknechte in einer großen Wirtschaft jährlich beträgt. Diese Fresserei gehört mit zu den drückendsten Lasten der Gutsbesitzer und Pächter dieser Provinz, und würde größtenteils wegfallen, wenn das Korn nur eine oder zwei Meilen weit zum Kahn anzufahren wäre. Was übrigens jährlich an Vieh, Wagenzeug, Geschirr und s. w. verloren geht will ich gar nicht in Anschlag bringen, da die Vorteile eines Kanals durch das oben gesagte bereits überwiegend dargetan sind.“

Solange diese Kornfuhren bleiben, kann die Pferdezucht, wozu sich die Uckermark vorzüglich qualifiziert, nie emporkommen. Die Rindviehzucht wird ebenfalls durch die starke Anzahl der Pferde gehemmt. Die Lieferung der Fourage wird jetzt der Provinz sehr kostbar. Da Berlin von den nördlichen Gegenden derselben zu weit entfernt ist, um Hafer, Heu und Stroh zur Achse dahin zu liefern, so muss der Landmann die Ankaufung und Ablieferung gewöhnlich fremden Unternehmern im Oderbruche überlassen, und, anstatt von seinen Produkten zu nehmen, mit barem Gelde sehr teuer bezahlen. Für die Königl. Einkünfte endlich würde der Kanal, in Absicht der Schleusen- und Zollgefälle, bei dem starken Getreide-Transport keinen ganz unwichtigen Zuwachs abgeben, indem bei dem Landtransport nur sehr geringe Gefälle statt finden.

Kurz der Vorteil ist auf allen Seiten so in die Augen springend, dass es wohl der Mühe wert wäre, höheren Orts Untersuchungen anstellen zu. lassen, ob die Verbindung der Ucker mit der Havel wirklich ausführbar ist, oder für immer zum Gebiet der frommen Wünsche gehören wird.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Preußisch Brandenburgische Miszellen