Zur Geschichte der Medizin in Mecklenburg II. 1149 bis 1286

Aus: Beiträge zur Geschichte der Medizin in Mecklenburg
Autor: Spengler, Ludwig Dr. (1818-1866) Emser Bade- und Kurarzt. Der Medizin, Chirurgie und Geburtshilfe Doktor, Großherzogl. Mecklenburg - Schwerin'schem Hofrat, praktischer Arzt zu Herborn, Erscheinungsjahr: 1851
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Medizin, Medizingeschichte, Kulturgeschichte, Sittengeschichte, Landesgeschichte, Heimat, Geschichte der Heimat, Krankheit, Gesundheit, Volksgesundheit, Lehrer der Medizin, Universität Rostock, Schwerin, Wismar, Geburten, Wochenbett, Sterblichkeit, Unfälle, Selbstmorde, Pest, Seuchen, Volksmittel, Aberglauben, Mittelalter, Hansezeit, Reformationszeit, Reformation, Wenden, Obotriten,
Wie oben schon angeführt, waren Klostergeistliche die Ausüber der medizinischen Kunst, und der erste von dem etwas spezielles bemerkt ist, ist Vicelin, elfter Bischof von Oldenburg 1149. Sein Fasten und Beten, seine Wohltätigkeit gegen Arme, hauptsächlich aber seine angeblichen Wunder, die ihm von dem abergläubischen Volke zugeschrieben wurden, dass er Kranke gesund zu machen und Teufel auszutreiben vermögend sei, erweckten ihm bei Jedermann Ehrfurcht und erhöhten seinen Ruf der Heiligkeit. Hinc a malo genio oppressorum tanta ad eum confluebat multitudo, ut negotium fere omnibus ejus sociis facesserent, ad Sanitätern tarnen redirunt omnes. Cujus rei historiam insignem de virgine pessime affeeta affert, aliaque ejus generis addit Westphal Monum. inedit, II. 2360. Helmoldus L. 1. c. 55. In einem Dokument vom Jahr 1237 wird Vicelin als magister domus kospitalis, quae adjacet claustro erwähnt, qui pannum ad vestitum et calceos comparet, ut inter pauperes dividantur, ac hospitalaria mandatum, ut aegris de legato vestitum suppedient. Dieses Hospital bestand noch 1376, indem Westphal 1. c. 2354 anführt xenodochio novi monastcrii tres. modii siliginis legati sunt. Von dein Tode Vicelins erzählt Westphal 1. c. 2364. intra octiduum gravissima; coireptus apoplexia, quae mox totum latus dextrum occupayit atque nou pedum tantum et nianuum sod et linguae praestrinxit usum, duos et dinndium annos ea laboravit et 2. Dec. Id. 1154 e vita emigravit. —

Im Jahr 1197 war eine Pest in Pommern, die auch in Mecklenburg verspürt ward.*)

Seit den ältesten Zeiten war in den verschiedensten Teilen des Landes eine unbestimmte Zahl von Pflegeanstalten, oder s. g. Hospitälern, vorhanden gewesen, in welchen man Dürftige, Arme, Kranke, Verkrüppelte, Altersschwache, Sieche u. s. w. aufnahm. Obgleich die Angelegenheiten dieser Hospitäler während verschiedener Zeiten mit mehr oder weniger Sorgfalt verwaltet wurden, so waren sie doch so beschaffen, dass man sie nicht unter die Kategorie von Krankenanstalten in unserm Sinne, ja kaum unter die Wohltätigkeitsanstalten rechnen konnte. Man findet nur, wie in andern Ländern, dieselbe Geschichte, deren Einzelheiten zu erörtern, wahrlich sich nicht der Mühe lohnen würde. Wen es näher interessiert, der vergleiche z. B. Dittmer, das heilige Geist Hospital und der St. Clemens Caland zu Lübeck. Lübeck 1838. Zweck war, den durch Not und Kummer Gebeugten wenigstens in den letzten Jahren ihr irdisches Dasein zu erleichtern, dem hilflosen Greise eine sichre Zufluchtsstätte zu gewähren und den wegen körperlicher Gebrechen zum Erwerb Unfähigen vor Nahrungssorgen zu schützen. Dieses Heiligegeist-Hospital war im Anfange des 13. Jahrhunderts gestiftet, und schon in der Ordnung von 1263 war die sorgfältigste Pflege für bejahrte Kranke vorgeschrieben; und jedem, den Krankheit veranlassen wurde, die Wohltaten des Hospitals in Anspruch zu nehmen, ward Aufnahme und Hilfe verheißen. Es muss aber um so mehr befremden, dass dieses Hospital noch bis Ende des vorigen Jahrhunderts eines Amtes oder Chirurgen gänzlich entbehrte. Wenn damals einer der Hausarmen erkrankte, so musste er sich selbst nach einem Arzte umsehen, und diesen, sowie die Medikamente bezahlen. Dazu waren aber nur Wenige im Stande, weshalb die Mehrzahl sich mit Hausmitteln begnügte, mit sympathetischen Kuren, wodurch das Hospital gerade dem unwissenschaftlichsten Treiben allen Vorschub leistete. Erst in neuer Zeit ist diesem Übelstande abgeholfen, und die Anwendung medizinischer Mittel unter Leitung eines Arztes wird vom Hospital übernommen und den bettlägerigen Kranken muss ein besonderes Zimmer angewiesen werden, indem zur Honorierung des Arztes und Chirurgen, sowie zur Beschaffung von Medikamenten 1.000 Mark verwilligt sind. — Daher kommt es auch, dass wir so oft in den alten Chroniken von Schenkungen für kranke Arme in den Hospitälern lesen, denen dort bald Bier, bald Brot, bald Licht etc. vermacht ist .

Im Jahr 1280 und 1290 waren in Lübeck mehrere Siechenhäuser, die in den Chroniken erwähnt werden. Die Einwohner hießen „de elenden Zeken uppe dem Damme," Exules leprosi; sie saßen an der Straße und begehrten von den Vorübergehenden Almosen. 1413 waren ungefähr 40 zu St. Georg. Cfr. Melle, Nachricht von Lübeck,"p. 327. Lübeck 1707.

So erzählt Schröder in seinem „papistischen Mecklenburg", Wismar 1739, I. pag. 520, dass 1218 viele Gotteshäuser, Hospitalien und Armenhäuser teils in, teils um Wismar waren; und p. 638, dass 1250 die Kirche oder das Armenhaus zum heiligen Geist in Wismar zu bauen angefangen wurde, zu dem Ende, dass darinnen die Werke der Barmherzigkeit geübet, die Schwachen erquickt, die im Geist Verirrte und vom Gewissen Geängstigte getröstet, die Armen, Elenden und Fremden zur Herberge aufgenommen wurden; in qua opera miserkordiae exercentur, infirmi recreantur, pauperes et spiritu turbulati consalantur, egeni carentes hospitiis colliguntur, wie Friedrich, Bischof von Ratzeburg, geschrieben.

1256 schenkte Friedrich von Ratzeburg nach Grambow und Torböre quinque mansi ad infirmarium fratrum, wobei zu bemerken ist, dass infirmarium gerade so viel als nosocomium, conclave infirmorum, prsesertim in monasleriis, und infirmarius eben so viel als frater, cui cura injfirmorum commissa est. (Papist. Mecklenb. p. 662. I.) In demselben Jahre vermachte auch Henricus Plebanus in Prozeken dem Krankenhaus in Ratzeburg etwas (Pap. Meckl. I. p. 2930.)
Im Jahr 1229 hat Johannes Theologus, Gott zu Dank und Ehren, dass er in seinem Vaterland wieder gesund angelangt, das Wismar-Hospital zu St. Jacob mit einem Stück Feld begabt. Von wem und wann das Hospital gestiftet, hat man bis jetzt noch nicht gefunden. Im papistischen Mecklenb. I. 558. teilt Schröder aus einem kleinen Manuskript von Wacenius, der als Prediger zu St. Jacob gelebt, folgende Nachricht mit. Johannes Isemee habe die Leprosen, denn dergleichen Leute haben in dem Hospital gelebt, ad sacramentum admittiert folgender Gestalt: In ihrer verordneten Kapelle, außerhalb ihrem Gestalten, hat er auf einen besonderen Tisch die Konsekration verrichtet, auf vorhergegangene gesamte Beichte, und ist solches geschehen 2 oder 3 Tage vor der Gesunden Kommunion, ist auch keine Predigt zuvor oder dabei gehalten worden. Joh. Coltz hat mehrenteils den angefangenen Gebrauch beibehalten, wie sein Antecessor; allein dass er die Siechen kommuniziert hat durch das Gitter innerhalb der Kirche, welches Gitter er dahin soll haben machen lassen. Er ist also in der Kirche, und sie sind an ihrem Ort in der Kapelle stehen geblieben. Es sollen beide Pastoren Willens gewesen sein, anstatt des Gitters mit starken Brettern den Prospektum zumachen zu lassen, dass nur ein klein Fensterlein offen bleiben sollte, wie zu Rostock und anderswo, wodurch sie die Predigt anhören, und das Abendmahl empfangen konnten; es ist aber hernach verblieben. Er hat kurz vor seinem Tode die Leprosen zum allererstenmale in die Kirche kommen lassen ad confessionem et communionem, aber nicht weiter als bis zu dem Kruzifix und dem Taufstein, dahin er zu ihnen gegangen und sie kommuniziert, solches aber am Werkeltage, und vor der Kommunion der Gesunden. Nach Coltzii Tode hat man die Siechen etwas höher und fast fürs Altar kommen lassen. Solch Exempel hat Stephan Köhn angenommen, und was der Siechenmeister ihm vorgeschrieben, unweigerlich sowohl in der Kirche, als im Nosodochio, beides im großen Haus und Kammern verrichtet des Sonntags nach gehaltener Predigt und Kommunion der Gesunden.

Den kranken Dobbertin'sehen Nonnen wurde 1282 ein Krankenhaus eingerichtet. In dem Brief des Bischofs Heinrich von Schwerin heißt es: Recipientes itaque devotam instantiam Henrici praepositi Dobbertinensis pie desiderantis, infirniis esse exibendum modi et sollicitudinis plus quam senis, ac motu talis misericordiae instituentis predium inßrmarie in villa Dobbertin cum additione bonorum, quo subscribentur per ministerium Thetlevi et aliorum ad hoc elemosulam suam largientium pro indigencia et commodo nonalium debilium ejusdem Coenobii. —

Nochmals finden wir einen Bischof von Ratzeburg um diese Zeit als Heilkünstler. Es wird nämlich von Bischof Ludolph folgende Geschichte erzählt, die 1286 vorgefallen. *)
Dadurch erklären die Chronisten, z. B. Crantz, den Bischof für einen Wundertäter.

*) Erstes — sechzehntes Alphabet der Mecklenburgischen Kirchenhistorie des papistischen Mecklenburgs, insonderheit darinnen enthalten, wie durch sonderbare göttliche Fügung das Christentum dem Lande Mecklenburg sich genähert und endlich ein Räumlein darinnen gefunden. Denen Liebhabern mitgeteilt von M. Dieterich Schrödern in Wismar. Wismar. 2 Bde in 4. 3172 Seiten. 1739. — I. 584.

138. Brust und Baucheingeweide einer Schwangeren, gezeichnet von Leonardo da Vinci

138. Brust und Baucheingeweide einer Schwangeren, gezeichnet von Leonardo da Vinci

036. Votivrelief aus dem Asklepieion zu Athen. Mann mit krapfaderkrankem Bein

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054. Hellenisches Relief, Arzt vor seinem Schrank (innen Bücherrollen, darüber Instrumentenkasten

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065. Sammlung von Weihgeschenken aus dem Dianaheiligtum am Nemisee

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078. Apotheke aus einer hebräischen Avicenna-Handschrift

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091. Hämorrhoiden-, Star- und Nasenpoypen-Operation aus einer Handschrift 11. Jahrhundert (Brit. Museum)

091. Hämorrhoiden-, Star- und Nasenpoypen-Operation aus einer Handschrift 11. Jahrhundert (Brit. Museum)

092. Sechs Brennstellenbilder aus einer Handschrift des 11. Jahrhunderts (Brit. Museum)

092. Sechs Brennstellenbilder aus einer Handschrift des 11. Jahrhunderts (Brit. Museum)

093. Operationsbilder aus einer französischen Rogerübersetzung, gemalt im 13. Jahrhundert (Brit. Museum)

093. Operationsbilder aus einer französischen Rogerübersetzung, gemalt im 13. Jahrhundert (Brit. Museum)

094. Operationsbilder aus französischer Rogerübersetzung, gemalt im 13. Jahrhundert (Brit. Museum)

094. Operationsbilder aus französischer Rogerübersetzung, gemalt im 13. Jahrhundert (Brit. Museum)

096. Operationsbilder aus einer Leidener THEODERICH-Handschrift (Ums Jahr 1400)

096. Operationsbilder aus einer Leidener THEODERICH-Handschrift (Ums Jahr 1400)

080. Aus arabischer DIOSKURIDES-Handschrift

080. Aus arabischer DIOSKURIDES-Handschrift

081. Tierbilder aus der Hertener PLACITUS-Handschrift (9. Jahrhundert)

081. Tierbilder aus der Hertener PLACITUS-Handschrift (9. Jahrhundert)

022. Antike Asklepios-Statue aus Epidauros. Nach HOLLÄNDER, Plastik und Medizin

022. Antike Asklepios-Statue aus Epidauros. Nach HOLLÄNDER, Plastik und Medizin