Zur Geschichte der Archive der hansischen Comtore Antwerpen und London

Aus: Hansische Geschichtsblätter. Herausgegeben vom Verein für Hansische Geschichte.
Autor: Ennen, Leonhard (1820-1880) Kölner Archivar, Historiker, Theologe und Mitarbeiter der Allgemeinen Deutschen Biographie, Erscheinungsjahr: 1875

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Hanse, Hansa, Norddeutschland, Städtebund, Handelsmacht, Ostsee, Nordsee, niederdeutsche Kaufleute und Städte, 12. Jahrhundert, 13. Jahrhundert, Kauffahrer, 14. Jahrhundert, Waldemar III. König von Dänemark, Handelsgesellschaft, Norddeutschland, Niederlande, England, Frankreich, Schweden, Skandinavien, Schonen, Livland, Niederdeutschland, Seestädte, Landstädte, Hansegrafen, Oldermannen, Hansekoggen, Hansewappen, Bremen, Rostock, Greifswald, Stralsund, Wismar, Braunschweig, Goslar, Elbing, Berlin, Kölln, Kaiser Otto I., Lüneburg, Magdeburg, Stettin, Danzig, Brügge, Antwerpen, London,
Der Archivbestand des hansischen Comtors zu Brügge reicht bis in das 13. Jahrhundert hinauf. Die ältesten Aktenstücke desselben sind die dem in Brügge residierenden Kaufmann von der Gräfin Margaretha von Flandern erteilten Privilegien vom Jahre 1252. Die von dieser Zeit ab dem deutschen Kaufmanne in ununterbrochener Folge von Fürsten und Gemeinschaften erteilten Privilegien und Freibriefe wurden in der Sakristei der Karmeliterkirche zu Brügge aufbewahrt. Der ganze Urkundenvorrat wurde transloziert, als das Haus der Oesterlinge 1478 in prachtvoller Weise umgebaut worden war. In diesem neuen Hanse-Hause fand das Archiv seine sichere Aufbewahrung, bis 1553 das Comtor förmlich nach Antwerpen verlegt wurde. Als 1568 der am 5. Mai 1564 begonnene Prachtbau des Hauses der Oesterlinge vollendet war, wurde das inzwischen zu einem nicht unbedeutenden Umfange angewachsene Archiv in das neue Haus hinübergeschafft. Hier füllten die Urkunden und Briefschaften 22 Holzladen. Ein vollständiges Inventar war 1515 vom Sekretär Paulus van de Velde, ein weiteres Inventar 1540 vom Ältermann Leonhard Langen und dem Sekretär Meister Oleff Richartz aufgenommen worden.

Als 1591 die hansische Tagfahrt eine Visitation der Häuser zu Brügge und Antwerpen angeordnet und die Stadt Köln mit der Ausführung derselben betraut hatte, erklärte der Kölner Rat in seiner den Bevollmächtigten erteilten Instruktion seine Zustimmung dazu, „dass, im Fall es für ratsam oder tunlich erachtet würde, dass die Privilegien in originali entweder gänzlich oder ad tempus, bis es sich zu besserer Handlung oder Ordnung auf den Comtoren schicken werde, nach einem andern Orte geschafft würden; er könne leiden, dass dieselben nach Lübeck oder an einen andern den Comtoren nahe gelegenen Ort geschafft und verwahrlich hinterlegt würden; dann müssten aber den einzelnen Hansestädten, wenigstens den Quartierstädten, gleichlautende Transsumte gemacht werden". Der hansische Sekretär Adolf Osnabrück nahm eine genaue Inventarisierung alles in beiden Häusern befindlichen Gutes vor und ließ sämtliche Urkunden, Bücher und Skripturen in Kisten verpacken. Der neue Hausmeister des Antwerpener Comtors, Johann tho Westen, erhielt den Auftrag, alle diese Kisten in gutem Verwahr zu halten, bis über den fernem Verbleib derselben von der zuständigen Stelle weitere Bestimmung getroffen werde.

Zwei Jahre darauf, 1593, wurde bei Gelegenheit einer neuen Visitation das Archiv von Antwerpen nach Köln gebracht. In einem Bericht an die Stadt Lübeck vom 25. Februar 1594 schrieb der Kölner Rat:

„Folgends geschieht bei der Relation Meldung der Orginal-Privilegienbriefe und Siegel, weiter des Comtors Rechnungs- und Registratur-Bücher. Weil nun das Alles Inhalts der Relation unverletzt durch die Gesandten hierher gebracht, wie auch die Orginal-Privilegienbriefe und Siegel nach Inhalt des Inventars, so magister Adolf Osnabrück anno 1591 darüber aufgerichtet, mit Ausnahme von etlichen Stücken, die zu nöthigem täglichen Gebrauche auf dem Contor gelassen, samt den gemeldeten Büchern allhier auf unser Gewölbe in Verwahrsam empfangen und gelegt".

Und in dem summarischen Bericht der Herren Hillebrand Sudermann und Dr. Peter Crantz auf dem Drittelstag zu Duisburg am 20. Februar 1595 heißt es:

„Es haben die anno 1591 vom Hansetag in Lübeck mit der Visitation der Häuser in Antwerpen und Brügge betrauten Bevollmächtigten nicht allein die Comtorischen Bücher, Register, Rechnungen und andere dem zugehörige tapfere Monumenta, Schriften und Bescheide, sondern auch die originalia Anglicana und sämtliche daselbst vorhandenen ansehnlichen Privilegien in großer Anzahl aus der Gefahr nach Köln zur verwahrlichen Sicherheit vermöge jüngsten hansischen Beschlusses eingebracht, daselbst sie nunmehr bei einem ehrbaren Rat, ihren Herren und Oberen, in vertraulicher Hut bis auf weitere Anordnung verbleiben sollen, so dass jetzo der Original-Privilegien Inspektion desto fertiger an der Hand, auch durch einen Jeden dem so viel Jahren geklagten Verlauf ferner auf den nötigen Fall nachgesehen werden und sich dessen alles gründlich informieren und berichten konnte."

All diese Archivalien des Antwerpener Comtors wurden in Köln im Rathause deponiert, wo sie sich zur Stunde noch in demselben Zustande befinden, in welchem sie 1593 herübergeschafft wurden. Der jetzige Bestand stimmt ziemlich genau mit dem vom Sekretär Osnabrück 1591 aufgenommenen Inventar; nur die auf England bezüglichen Urkunden und Akten fehlen. Bezüglich dieser englischen Sachen heißt es in dem genannten Inventarium: „in einer langwürfigen mit schwarzem Leder überzogenen, schlüssigen, doch verschlossenen Kapsel befanden sich 42 Nummern englischer Privilegien und Aktenstücke, unter andern Pergamente von Heinrich III., Eduard I., Eduard IL, Eduard III., Richard II., Heinrich IV., Heinrich V., Heinrich VI., Eduard IV., Verträge mit der Stadt London." Der übrige Bestand dieses Comtorarchivs umfasst etwa 500 Originalurkunden von 1252 bis 1590, Privilegien, Freibriefe, Friedschlüsse, Bündnisbriefe, Geleitbriefe, Vollmachten, Zollrollen, Mietverträge, Kaufakte u. s. w., dann eine Reihe von Privilegienbüchern, von welchen eines eine Kostbarkeit ersten Ranges ist. Von den übrigen Akten und gebundenen Schriftstücken sind zu nennen: eine lange Reihe Bände hanseatischer Rezesse und Rechnungsbücher, dann Briefe aus dem 15., 16. und 17. Jahrhundert, Ordonnanzen, Zolltafeln, Schossbücher, Statutenbücher, Prozesshandlungen, Klagschriften, Reglements, Diarien, Verträge, Anglicana u. s. w.. Die zum österschen Hause gehörige Bibliothek war nicht mit nach Köln gebracht worden; im Jahre 1597 befand sich dieselbe noch in Antwerpen auf der zweiten Galerie in der Otter genannten Kammer. Sie bestand aus 80 Folianten juristischen, philologischen, theologischen und philosophischen Inhaltes. Ebenso war der nicht unerhebliche Schatz an Kleinodien und Silbergeräten nicht mit nach Köln überbracht: über seinen Verbleib ist ebensowenig etwas festzustellen, wie über die Bibliothek und die englischen Urkunden und Aktenstücke.

Über das Archiv des Londoner Comtors geben die Akten des Kölner Archivs nur spärliche Auskunft. In Folge der großen Bedrängnisse, in welchen sich der deutsche Kaufmann zu London wegen der zwischen dem Hansebund und der englischen Krone schwebenden Streitigkeiten befand, hatte der Aldermann Daniel Gleeser sich veranlasst gesehen, 1590 sämtliche Urkunden an sich zu nehmen. Die Hanseversammlung glaubte eine große Gefahr für die Sicherheit dieser Archivalien in solcher Aufbewahrungsweise zu erkennen und sie beschloss, es sollten die Londoner Archivstücke in ähnlicher Weise wie die Antwerpener in irgend einer Quartierstadt der Hanse untergebracht werden. Dieser Beschluss kam nicht zur Ausführung; das Archiv befand sich noch in Privatbesitz, als 1598 die Königin Elisabeth befahl, die deutschen Kaufleute aus dem Stahlhofe zu vertreiben, und als am 25. Juli der Stadtmayor Richard Salton mit einem Sherif Besitz vom Comtore nahm. Am 20. September 1599 schrieb der Kölner Rat an Bürgermeister und Rat von Lübeck:

„Was E. V. W. zusambt der andern wendischen Hanse Stedt abgesandten under dem 14. nechstverschienen Monatz Julii, die Englische und Dennemarckische Privilegia und Freiheiten betreffendt, an unsz schrifftlich gelangen lassen, dasselb ist bei unserm versambletem Rath am 30. Augusti nechsthin verlesen und dahin verstanden worden, dass E. V. W., wie es umb gemelte Privilegia beschaffen, bei wehme und ahn welchem orth, auch wie sie ahm besten und siechersten verwahret und entweder in originalibus oder vidimirten copiis daheselbsthin ad locum directorii uberzubringen sein mögten, von unsz zu wissen begeren. Nhun stellen wir hiebey in keinen Zweifel, Dieselbe werden sich gnugsamb zu berichten wissen, was der Englischer Privilegien und anderer des Lundischen Cunthors noch ubriger Brieff, Siegel, Bucher und Register halben bei nechst zu Lübeck gemeinem gehaltenem Hansetag furgelauffen, fur gut und rathsam angesehen und darauff geschlossen werden, das die residirende bei vorgangener zerstörung und einnhemung des Residentzhausz und Cunthors derselben fleiszige und derogestalt sorgsame achtung nhemmen solten, damit gemeine Erbare Stedt dem nicht verlustig gestellet wurden, darauff dan auch bei nachwehren der versamblung dieser ferner bericht einkommen, das solche albereidt zeitlich zuvor hinder einen gesessenen bekanthen und gewogenen Freundt wolverwahrlich gestellet worden seyen, und man sich daher keins verlusts oder gefahren zu besorgen. Was nhun siedthero ferner erfolgt, wie es sich mit denselben verhelt, ob und wohr sie vorhanden, davon ist unsz die geringste andeutung von keinem orth hero beschehen, unangesehen wir unsers theils dieserhalben sowoll, als auch des Silberwercks und was weiter verhanden, gnugsame anmanung und erinnerung gethan haben, wollen aber der gentzlicher zuversicht sein, E. V. W. werden als directores und denen dieses von gemeinen Erbaren Stetten zu verrichten und zu versorgen anvertrauwet, hiervon beszere und gewissere nachrichtung bei sich selbsten haben und von den Residirenden erfordern, dan von unsz gewertig sein können.

Was dan diejenige Brieff, Siegel, Bucher und Schrifften, so vom Antorffischen Cunthor und dem ausz beider, D. Henrichen Sudermans und Adolffen Osznabrucks, respective gewesener hansischen Syndici und Secretarii, nachlassenschaft hinder unsz kommen und gebracht worden, betrifft, derhalben seint wir von unsern nechsten 98. Jahrs abgeordtneten Gesandten erinnert, das sie damahln auch und insonderheit wegen etzlicher Englischen Privilegien, davon Georg Liseman in seiner relation anregung gethan, und eins kurtzen Extracts, deszen sich D. Suderman seliger auff dem Reichstag anno 82 zu Augspurg gehalten, viel gebraucht haben solte in pleno consilio umb bericht und anweisung befraght und ersucht worden seyen. Dweil aber uber alsolche stuck und hindergenhommene Privilegia in gemein underschiedtliche inventaria sub juramento expurgationis der Erbgenhamen in probanti forma verfertigt, auffgerichtet und E. V. W. hiebevohr durch glaubwurdige Copeyen uberschickt, hetten sie sich zu demselben referirt und was daheselbst vorhanden, designatione praevia zu aediren und zu communiciren erbotten. Wofern nhun E. V. W. etwas daraussen zu gemeiner Hanse Stedt Sachen und Privilegien vertheidigung, erhaltung und notturfft begehren, seint wir nochmaln willig und erpietig, was dem hinder unsz, mit vorgehender specification auff erfordern demjenigen, welchem sie E. V. W. zu vertrau wen werden, auff zu gebben."

Damit verstummen die Akten des Kölner Archivs. Aus Lappenbergs Urkundlicher Geschichte des hansischen Stahlhofes zu London S. 110 ist jedoch bekannt, dass die hansischen Gesandten, welche im Jahre 1604 an den neuen König von England, Jakob L, geschickt worden waren, als sich ihre Verhandlungen mit den englischen Commissarien erfolglos erwiesen hatten, vor ihrer am 26. Septbr. erfolgten Abreise „das Silbergerät in drei Kisten, Akten und Bücher des Comtoirs nach Lübeck sandten". Dort befindet sich das Archiv des Londoner Comtors seitdem und noch heutigen Tages*).

*) S. Wehrmanns Aufsatz über das Lübecker Archiv in d. Ztschr. d. Vereins für Lüb. Gesch. 3, S. 387, wo auch von einer Überbringung niederländischer Copiarien aus Antwerpen nach Lübeck im Jahre 1699 Nachricht gegeben ist.

Ennen, Leonhard (1820-1880) Kölner Archivar, Historiker, Theologe und Mitarbeiter der ADB

Ennen, Leonhard (1820-1880) Kölner Archivar, Historiker, Theologe und Mitarbeiter der ADB

Brügge 001 Der Quai de la Vigne in Brügge

Brügge 001 Der Quai de la Vigne in Brügge

Brügge 001 Der Quai du Rosaire in Brügge

Brügge 001 Der Quai du Rosaire in Brügge

Brügge 002 Büste Karls V. im archäologischen Museum zu Brügge

Brügge 002 Büste Karls V. im archäologischen Museum zu Brügge

Brügge 003 Blick auf Brügge

Brügge 003 Blick auf Brügge

Brügge 004 Das Marschall-Tor

Brügge 004 Das Marschall-Tor

Brügge 005 Das heilige Kreuz-Tor

Brügge 005 Das heilige Kreuz-Tor

Brügge 006 Das Ostender Tor

Brügge 006 Das Ostender Tor

Brügge 007 Häusergruppe in der Pfefferstraße

Brügge 007 Häusergruppe in der Pfefferstraße

Brügge 008 Modernes Haus in der Rue Flamande

Brügge 008 Modernes Haus in der Rue Flamande

Brügge 009 Die Hallen mit dem Belfried

Brügge 009 Die Hallen mit dem Belfried

Brügge 010 Häusergruppe auf der Grand Place

Brügge 010 Häusergruppe auf der Grand Place

Brügge 011 Der Bahnhof

Brügge 011 Der Bahnhof

London, ab Arch of London Bridge

London, ab Arch of London Bridge

London, Aufgang zur London Bridges von der Südseite

London, Aufgang zur London Bridges von der Südseite

London, Buckingham Palace

London, Buckingham Palace

London, Chaucers Tomb

London, Chaucers Tomb

London, Cheapside with the Cross in 1660

London, Cheapside with the Cross in 1660

London, Cleopatras Needle and Sommerset House

London, Cleopatras Needle and Sommerset House

London, Cloth Fair

London, Cloth Fair

London, der Dom

London, der Dom

London, der Strand 1616

London, der Strand 1616

London, die Bank, 1560

London, die Bank, 1560

London, Fleet Street

London, Fleet Street

London, Fountain Court and Middle Temple

London, Fountain Court and Middle Temple