Anatolische Eisenbahn

1870 wurde von der türkischen Regierung mit dem Bau einer Bahn von Haidar Pascha bis Ismid (93 km) begonnen; die Bahn wurde jedoch bald an eine englische Gesellschaft verpachtet.

Als 1888 die Deutsche Bank die Genehmigung zum Bau und Betrieb einer an diese Linie sich. anschließenden Bahn er hielt, wurde ihr diese Strecke käuflich überlassen. Die Bahn von Ismid bis Angora (485 km) wurde im Auftrage der Deut schen Bank von 1889—92 gebaut und am 31. Dezember 1892 eröffnet. Das Grundkapital der Gesellschaft besteht aus 45Mill. Frcs. Aktien und 80 Mill. Frcs. 3% Obligationen. Seit 1892 wurde eine Fortsetzung der Bahn von Angora bis Kaisarie (425 km) gestattet und eine Zweigbahn von Eskischehir bis Konia (444 km) gebaut, wo sie die Bagdadbahn trifft.


Die türkische Regierung hat für die ganze Bahnstrecke eine Kilometergarantie übernommen. Die Weiterführung der anatolischen Bahn von Kaisarie über Siwas, Charput, Diarbekr, Mar din und Mossul wird beabsichtigt; über den Weiterbau von Konia bis an den persichen Golf siehe den Artikel „Bagdad bahn“.

Nach dem Rechenschaftsberichte von 1905 hat die Gesellschaft ein eigenes in Betrieb genommenes Bahnnetz von 1032 km, daneben hat sie vorläufig den Betrieb der ersten 200 km langen Teilstrecke der Bagdadbahn übernommen. Die Bruttoeinnahme auf dem Gesamtnetz war um 1.673.737 Frcs. = 18,34% höher als im Jahre 1904. Als Reingewinn pro 1905 verbleiben 2.916.899 Frcs., wovon 130.955 Frcs. an den Reservefonds, 5% Zinsen auf das eingezahlte Aktienkapital und 1% Superdividende auf 119.106 Aktien und 894 Genußscheine verteilt werden, zusammen 2.266.120 Frcs.

Die Leitung der Bahn liegt jetzt in den Händen des früheren Beamten im preußischen Ministerium und Universitätsprofessors Legationsrats Prof. Dr. Helfferich.

Die Bahn hat eine große Bedeutung in wirtschaftlicher Beziehung; ihre Linien durchziehen gerade die Gebiete, die Kleinasien zur Kornkammer der Alten Welt machten. (Es kamen auf der ganzen Strecke in den Jahren 1900—03 durchschnittlich jährlich 291 Mill. kg Getreide zur Versendung.) Die Bahnverwaltung hat in ihrem Gebiete eine Reihe von Handels

agenturen eingerichtet, um die Bevölkerung über die Bedeutung und Vorteile des Eisenbahntransportes aufzuklären.

Ein Kulturdienst, der zu dem Zwecke eingerichtet wurde, die Landbevölkerung zu einer mehr rationellen Bewirtschaftung des Bodens anzuhalten, hat schon sehr erfreuliche Erfolge aufzuweisen. Die Zunahme der Landwirtschaft, die Steigerung der Bodenprodukte kommt indirekt auch wieder der Bahn durch Vermehrung der Gütertransporte usw. zugute.

Im Gebiete der anatolischen Bahn liegen auch die jüdischen Kolonien, die Prof. Warburg gegründet hat.

Literatur: Schlaginweit „Verkehrswege und Verkehrsprojekte in Vorderasien.“ Berlin 1906; Allneuland. 1904. S. 26, 282, 382. 1905. S, 219, 307.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Zionistisches Abc-Buch