ZWICKAU. K. Sachsen Kreishauptstadt.

Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Bd.1, Mitteldeutschland
Autor: Dehio, Georg (1850-1932), Erscheinungsjahr: 1914
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ZWICKAU. K. Sachsen Kreishauptstadt.

Marien-K. Erster Bau gew. 1118, zweiter beg. 1328, dritter 1465-1506. Infolge dieser verwickelten Baugeschichte zeigt der Gr. viele Unregelmäßigkeiten. Die ältesten Teile im WBau. Querschifflose Hallenkirche ähnlich Annaberg, Schneeberg usw. Nur deutet der zuerst begonnene Chor auf die ursp. Absicht, die Ssch. schmäler zu halten; er schließt mit 5 Seiten des 16Ecks. Lichte Maße 59,5 m l., 31 m br., 17 m h. Die äußere Erscheinung reich, im Gegensatz zu der sonstigen Tendenz der Erzgebirgsschule; die Strebepfll. kräftig vortretend; sie selbst sowohl als die zwischen ihnen liegenden Wandflächen in glänzender, wenn auch einigermaßen einförmig wirkender Weise mit blindem Stab- und Maßwerk, durchflochtenen Kielbögen usw. überkleidet. Unter dem Dachgesims taucht der Rundbogenfries wieder auf, in charakteristischer Umbildung des rom. Motivs; an Baldachinen, Giebeln usw. nimmt das Maßwerk öfters naturalistische Astformen an (vgl. Schloß-K. in Chemnitz). — Die Kirche nimmt durch die wenig versehrte Fülle ihrer Ausstattung eine bevorzugte Stellung ein. Großes Altarwerk von Michael Wolgemut aus Nürnberg 1479; 4 bewegl. und 2 feste Flügel; 7 m l., 2,50 m h. Der Schrein und die Innenflügel geben Maria und 8 weibliche Heilige in Schnitzwerk; alles übrige ist gemalt; die erste Wandelung zeigt Verkündigung, Geburt, Anbetung und h. Sippe, die zweite Wandelung Ölberg, Geißelung. Kreuztragung, Kreuzigung. — [pg 462] Taufstein, Kelchform in blühender FrRenss. 1536, vielleicht von Hans Speck. — Sicher von diesem die Kanzel, z. T. in farbiger Terrakotta, schmuckreiche Treppe mit Tür; Schalldeckel 1651. — Reste von Chorstühlen mit Laubwerk, Getier und Fratzen, E. 15. Jh. Prunkvoller Ratsstuhl von 1617. Kalandstübchen in der südwestl. Turmempore mit prachtvollem Ofen aus emaillierten Kacheln um 1540. Bemalte Orgeltürflügel 1627. — Heiliges Grab, bez. 1507; aus Lindenholz geschnitzter freistehender Schrein mit hohem turmartigem Aufbau; das figürl. Element tritt gegen das architektonische zurück. — Freigruppe der Maria mit dem Leichnam des Herrn A. 16. Jh.; Lindenholz, noch in der feinen alten Bemalung; nicht manierfrei, aber edel und tief gedacht; unter den deutschen Bildhauerarbeiten dieser Epoche verdient dies anonyme (neuerdings von Flechsig dem Zwickauer Peter Bauer zugeschriebene) Werk einen hohen Rang. — Grabsteine und besonders Gedenktafeln in sehr großer Zahl. Messingplatten: ikonisch Martin Römer 1560, die meisten heraldisch. Freigrab nebst Epitaph für Karl v. Bose 1637. Von den über den Emporen hängenden Epitaphen die bmkw.: Joh. Seling 1591, der Rahmen in der Art des Schreckenfuchs; Joh. Zochendorf 1662, farbiges, plastisches Kniebild; Obristwachtmeister v. Heldreich † 1674, lebendgroße, lebendig behandelte Holzfig.; Bürgermeister Mühlpfort † 1534; unbekannte Stifterfamilie 1559 bez. W. K. (Wolf Kirchner?). — Unter den Altargeräten Meisterwerke der spgot. und renss. Silberschmiedekunst. Abendmahlskanne vom Zwickauer Meister M W 1622, Hostienbüchse C W 1661.

Katharinen-K. gegr. nach 1212, in verschiedenen got. Epochen umgebaut, zuletzt 1571. Der gestreckte, platt geschl. Chor und die Sakristei aus 14. Jh. Das Gemeindehaus durch Hinzufügung von Ssch. in Hallenkirche umgewandelt. Das schmuckreiche Äußere durch Rest, des 19. Jh. entcharakterisiert. — Altarwerk, ganz gemalt, A. 16. Jh. (von Hans v. Kulmbach?), 2 feste und 2 bewegliche Flügel. — Kanzel von Hans Speck.

Rathaus 15. und 16. Jh., im 19. Jh. entstellt. Interessante Glasgemälde bez. C. R. 1581. Silberschatz.

Gewandhaus 1522; der nördl. Backsteingiebel zeigt die got. Formen in einer für diese Zeit und Gegend bezeichnenden Degeneration.

Schloß Osterstein, für Kurfürst August ausgebaut von Hans Irmisch 1565-85; sehr entstellt.