Wovon Dreveskirchen bei Wismar seinen Namen erhalten hat.

Aus: Mecklenburgs Volkssagen. Band 4
Autor: Gesammelt und herausgegeben von M. Dr. A. Niederhöffer, Erscheinungsjahr: 1862
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Sage, Volkssage, Dreveskirchen, Wismar, Oedeskirchen
Das Dorf Dreveskirchen bei Wismar führte in alten Zeiten den Namen Oedeskirchen. Über den Wechsel seines Namens erzählt uns die Sage Folgendes:

Ein Wismar'scher Kaufmann Namens Dreves kehrte einst aus fernem Weltteile mit einer reichen Schiffsladung heim. Glücklich und ohne Unfall war er bis in die Ostsee gelangt, und schon sah er aus weiter Ferne die höchsten Spitzen des heimatlichen Strandes winken. Freudig hob sich sein Herz bei dem Gedanken, nun bald wieder seine Lieben daheim in die Arme schließen zu können, als sich plötzlich ein gewaltiger Sturm erhob und das Schiff gleich einem Federballe hin- und herschleuderte, so dass alle darauf Befindlichen mit Zittern und Zagen jeden Augenblick ihren Untergang erwarteten.

In der höchsten Not flehte Alles zu Gott um Rettung. Und der Herr erhörte der Armen Notgeschrei.

Bald legte sich der Sturm, die dunkle Nacht verschwand, und das geübte Auge des spähenden Steuermanns erblickte in neblichter Ferne den Turm des nahe am Strande liegenden Gotteshauses von Oedeskirchen. Der kundige Mann musste nun wo er sich befand, und mit sicherer Hand lenkte er das Schiff in den Wismar'schen Hafen.

Das Erste, was der fromme Kaufmann nach seiner glücklichen Landung tat, war, dass er mit seiner Familie nach Oedeskirchen in das Gotteshaus eilte, um hier dem Herrn der Heerscharen sein Dankopfer darzubringen.

Außer reichen Geschenken an die Kirche, ließ er auch noch ihren Turm befestigen und um ein Bedeutendes erhöhen, damit er von nun an bis in ferne Zeiten den irrenden Schiffern ein noch sichtbareres Merkzeichen werde, als er ihnen bis dahin schon gewesen war.

Den Namen der Kirche und des dazugehörenden Dorfes veränderte man hiernach, auf Wunsch der dem Erbauer des erhöhten Turmes so sehr dankbaren Ostseeschiffer — denen derselbe auch noch heute als sicherer Wegweiser zum Wismar’schen Hafen dient — und nannte beide fortan Dreveskirchen.