Wie die Teterower ihre Kirche weiter gerückt haben.

Aus: Mecklenburgs Volkssagen. Band 4
Autor: Gesammelt und herausgegeben von M. Dr. A. Niederhöffer, Erscheinungsjahr: 1862
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Sage, Volkssage, Teterow, Kirche, Rostocker-Tor, Malchiner-Tor
Früher stand die Kirche zu Teterow mitten auf dem Markte, gerade vor der Straße, die vom Rostocker zum Malchiner Tor führt. Warum man sie gerade dorthin gebaut hat, weiß man nicht; aber sie stand nun einmal da und stand den Teterowern im Wege, deshalb beschloss man, sie nach einer andern Stelle zu schaffen. Aber wie dies anfangen? Es wurde viel hin und her geraten, der Eine riet dies, der Andre das; so meinte z. B. Jemand, man solle sie abbrechen und nebenan wieder aufbauen, aber das schien doch den Meisten zu kostspielig und zu närrisch. Endlich trat Einer auf und schlug vor, die Kirche auf Walzen zu stellen und dann weiter zu rollen. Dieser Vorschlag fand allgemeinen Anklang und wurde deshalb zum Beschluss erhoben.

Am nächsten Tage schon ging es frisch ans Werk. Man schlug an jedem Ende der Kirche zwei Löcher durch das Fundament, steckte Walzen hindurch und hackte dann die ganze Ringmauer rundum los. Als dies alles glücklich vollbracht war, wurde ein Tag zur feierlichen Fortrückung der Kirche anberaumt.

Der Küster, ein alter invalider Kriegsmann, sollte den umgelegten Strick vorne ziehen, und der ganze Magistrat wollte selbst Hand anlegen und nachschieben. Allen sonstigen Einwohnern der Stadt, Groß und Klein aber wurde es bei Todesstrafe verboten, hierbei zu erscheinen, damit nicht beim etwaigen Umwurf der Kirche Jemand zu Schaden kommen könne.

So war denn Alles in Ordnung und es hieß nun: „Angefasst!" Da aber schrie der Küster: „Halt!" und rief, er wisse nicht, wie weit die Kirche solle. Daran hatten sie wirklich noch nicht gedacht. Der Bürgermeister aber zog schnell seinen Rock aus, warf ihn vor der Kirche auf die Erde und sprach: „So, just bis hier über den Kragen weg."

Der Küster aber gedachte des schönen Bürgermeisterrockes und seines schäbigen und wie es doch Jammerschade sei, ersteren unter der Kirche verkommen zu lassen; darum trug er, während der Bürgermeister zurück an seinen Ort ging, eilig das Röcklein heim, war mit einem Satz wieder da und rief: „Nun zu!" Ein Ruck und noch einer, da schrie der Küster: „Halt! wir sind schon drüber weg!" Er meinte über den Rinnstein, der Bürgermeister aber dachte über den Kragen und jammerte über seinen schönen Rock. Der Küster half ihm auch nicht aus seinem Irrtum und sprach überhaupt nicht davon, daher denn zu Teterow die Rede aufkam: „Uns' Kirch steit up'n Burmeiste sien'n Rock."*)

*) „Unsere Kirche steht auf dem Bürgermeister seinen Rock."

002 Teterow, Kirche, (Nordseite) 7.

002 Teterow, Kirche, (Nordseite) 7.

001 Teterow, Blick auf Teterow (Kopfleiste) 1

001 Teterow, Blick auf Teterow (Kopfleiste) 1

006 Teterow, Kirche, Blick auf den Altar 8

006 Teterow, Kirche, Blick auf den Altar 8

007 Teterow, Kirche, Inneres, Blick auf die Orgel (Lichtdruck) 9

007 Teterow, Kirche, Inneres, Blick auf die Orgel (Lichtdruck) 9

008 Teterow, Kirche, Frühgotisches Portal (Sakristei) 9

008 Teterow, Kirche, Frühgotisches Portal (Sakristei) 9

021 Teterow, Malchiner Tor 21

021 Teterow, Malchiner Tor 21

020 Teterow, Rostocker Tor 20

020 Teterow, Rostocker Tor 20