Wege für die Beschaffung fehlender Arbeitskräfte in Mecklenburg 1872

Aus: Bericht ... über die Verhältnisse der ländlichen Arbeiterklassen über Auswanderung und Arbeitermangel in Mecklenburg
Autor: Kommissionsbericht von Graf Bassewitz auf Wesselsdorf, Erscheinungsjahr: 1873
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Landesgeschichte, Wirtschaftsverhältnisse, Arbeiterklasse, Landarbeiter, Sozialgeschichte, Auswanderung, Arbeitskräftemange, Lage der arbeitenden Klasse, Lohn, Einkommen, Lebenshaltungskosten, Besitzverhältnisse
Die Wege, die hierfür angegeben worden, sind zweierlei Art, und zwar teils direkte, teils indirekte. Jedoch herrscht über die Anwendbarkeit derselben eine große Meinungsverschiedenheit. Das Heranziehen schwedischer Dienstboten, das Kommenlassen von Ernte-Arbeitern aus dem Oderbruch hat sich als ungenügend erwiesen. Es empfehlen daher die Herren Fischer, Pogge-Gevezin, Satow und Pogge-Blankenhof eine Einwanderung ganzer Familien aus anderen protestantischen Gegenden, wo die Leute schlechter gestellt sind als hier.

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Referent ist der Ansicht, dass Einwanderung, so wünschenswert sie sei, hier keinen festen Boden gewinnen würde, ehe wir nicht dem Arbeiter das zu bieten vermöchten, wonach er strebe und was er im Ausland sich suche.
Graf Schlieffen aber glaubt, dass eine solche Einwanderung von Auswärts schwerlich gelingen würde, weil der Osten, selbst arm an Leuten, auch schon unter der Auswanderungsnot leide und der Westen wegen des ungemeinen industriellen Aufschwunges höhere Löhne gewähren könne, als wir sie zu bieten vermöchten. Noch weiter geht Herr Burchard, welcher sämtliche Einwanderungen verwirft, da dieselben für unsere Arbeiten fast unbrauchbar seien.
Auch Herr Fischer gibt dieses zu, denkt aber weiter und hofft, dass, wenn die Einwanderungen auch augenblicklich noch nicht unseren Anforderungen entsprächen, so doch vielleicht schon die nächste Generation es tun würde.
Herr Lemcke proponiert, den Versuch zu machen, missvergnügte Auswanderer aus Amerika zurückzubekommen und ihnen dazu, sei es aus Staats-, sei es aus Privat-Mitteln, freie Rückfahrt zu geben.
Herr Pogge-Gevezin sieht in dieser Maßregel aber eine Gefahr, indem die Leute, wenn sie wüssten, dass sie eventuell frei wieder zurückkehren könnten, erst recht auswandern würden; außerdem hält er die Leute, die in Amerika nicht haben fortkommen können, auch für uns für nicht mehr brauchbar.

Wenn nun Herr Burchard in der ausgedehntesten Anwendung aller Maschinen den einzig möglichen Ersatz für die fehlenden Arbeitskräfte sucht, so schließen sich dem gewissermaßen die Herren Lemcke, Pogge-Gevezin, Satow, Pogge-Blankenhof und der Referent Graf Bassewitz an, indem auch sie der Ansicht sind, dass durch Anwendung guter Maschinen und namentlich solcher, welche Hände-Arbeit ersparen, dem Arbeitermangel bedeutend abgeholfen werden könne, sie glauben aber, doch auch noch einigen anderen Mitteln einen günstigen Erfolg verheißen zu können, so namentlich erwähnen Herr Lemcke und Referent die größere Ausnutzung der vorhandenen Arbeitskräfte durch vermehrte Einführung von Akkord- und Anteilsarbeiten.
Herr Pogge-Gevezin hat sogar bei sich schon den Anfang gemacht, seinen Leuten einen gewissen Anteil an dem Reinertrage seines Gutes in Form einer Belohnung zuzuwenden.
Ferner sind Graf Schlieffen, Herr Pogge-Blankenhof und Referent der Ansicht, dass, wie durch Hebung der Arbeitskraft ein direkter Ersatz für die fehlenden Arbeitskräfte geschaffen werde, so durch eine Einschränkung des Kraftkonsums ein indirekter Ersatz zu erzielen sei und auch wohl bald erzielt werden müsse, dass wir also über kurz oder lang mit unsern Wirtschaften würden zurückgehen und vielleicht wieder zur alten Koppelwirtschaft zurückkehren müssen.
Herr Pogge-Blankenhof und Referent suchen diese Einschränkung des Kraftkonsums noch besonders in der Verringerung der Saaten, in der Vergrößerung des Viehstapels dem Kornanbau gegenüber, in der Zurückgabe unbrauchbarer Ländereien an die Forst und Wiesen, und in der Aufführung solcher Gebäude, welche die Arbeiten vereinfachen und teilweise entbehrlich machen. Welches Mittel beim Einzelnen das Richtige sei, das müssten die Verhältnisse ergeben.

Bauern beim Dreschen

Bauern beim Dreschen

Getreideernte, ein Fuder Getreidegarben

Getreideernte, ein Fuder Getreidegarben

Viehmarkt

Viehmarkt

Kühe im Stall

Kühe im Stall