Was die Bade- und Kurgäste zur Beförderung ihrer Kurabsichten selbst beitragen können

Autor: Vogel, Gottlieb Samuel Dr. med. (1750-1837) Professor der Medizin in Rostock, Badearzt in Doberan-Heiligendamm, gilt als Vater des deutschen Seebades, Erscheinungsjahr: 1825
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg, Hansestadt Rostock, Badearzt, Seebad, Ostseebad, Bad Doberan, Heiligendamm, Sülz, Warnemünde,Kur, Heilung, Kurerfolg, Badesaison, Kurabsichten
Was die Badegäste selbst während der Saison zu ihrem Frieden, zur großen Annehmlichkeit der Gesellschaft, zur Beförderung ihrer Kurabsichten und zur schönsten Wirkung für das Ganze beitragen könnten, wenn sie wollten, das ist überaus wichtig und von höchstem Wert. Die Aufgabe ist aber allerdings sehr schwer bei der großen Verschiedenheit der Menschen in Erziehung und Bildung, in Sitten und Kenntnissen, besonders Welt- und Menschenkunde, in Glücksgütern, in Grundsätzen, Neigungen und Gewohnheiten.

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Schüchternheit ist eben so anstößig, als Zudringlichkeit in der Gesellschaft fremder, unbekannter Personen. Auf eine oder die andre Art wird es sicher oft versehen. Alles, was man darüber in den schönsten Phrasen sagen und schreiben mag, hat gar keine Wirkung. Ein besonderes Glück für die öffentliche Gesellschaft ist es, wenn nur einige ausgezeichnete, allgemein geachtete Personen von beiden Geschlechtern das Beispiel geben. Die Menschen sind viel mehr durch Beispiele, als durch Gesetze zu regieren. Eine edle Frau wie die, welche nun zum dritten mal die ihr so wohl bekommene Kur in Sülz gebraucht hat, kann ausnehmend viel Gutes stiften. Noch so ein Paar Damen und dann auch ein Paar solcher Herren, nebst dem dazu gehörigen übrigen Personal, so ist beinahe der ganze Ton bestimmt, und alles freut sich seines Lebens. Leider finden sich solche Personen aber nur selten, die ausdauernd und duldsam lange genug sich hingeben und ihre schöne Rolle mit Standhaftigkeit fortspielen. Sie ermüden endlich, oder ihr Streben beschränkt sich endlich doch nur auf einen kleineren Zirkel u. s. w. Zur Übernahme einer solchen menschenfreundlichen, wohlwollenden Absicht werden ohne Zweifel Männer und, Damen erfordert, die mit eben so viel äußerer Würde und Ansehen, als Leutseligkeit und menschenfreundlicher Heiterkeit und Herablassung auf eine ihnen ganz eigene Manier, und durch leicht zu veranstaltende Annäherungen und Vereinigungspunkte die Herzen der Menschen sehr bald für sich einzunehmen und an sich zu ziehen wissen.

Am allermeisten sind immer die Menschen zu bedauern, welchen überall, wo sie auch sind, selbst mitten im Schoße der reichsten Veranlassungen zu Freuden und Vergnügungen, dennoch die Zeit lang wird; die sich so wenig mit andern, als mit sich selbst zu beschäftigen wissen, und den Himmel und die Welt anklagen, dass aus diesen Quellen für ihre Langeweile leine Heilmittel zu schöpfen seien. Entweder sind dies Menschen wirklich körperlich trank, oder sie sind in hohem Grade verwöhnt, verzogen, verdorben und sich und der Gesellschaft zur last.

Vogel, Gottlieb Samuel Dr. med. (1750-1837) Professor der Medizin in Rostock, Badearzt in Doberan-Heiligendamm, gilt als Vater des deutschen Seebades

Vogel, Gottlieb Samuel Dr. med. (1750-1837) Professor der Medizin in Rostock, Badearzt in Doberan-Heiligendamm, gilt als Vater des deutschen Seebades

Heiligendamm, Kurhaus und Kolonnaden

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Heiligendamm Strandansicht

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Rostock, Universität

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