Von der Nahrung und dem Gewerbe der Einwohner der Stadt Wolgast - Von den Fabriken, dem Handel und den Kaufleuten

Aus: Chronik der Stadt Wolgast
Autor: Heller, Karl Christian (1770-1837) Bibliothekar, Chronist, Prediger an der St. Petri-Kirche zu Wolgast, Erscheinungsjahr: 1829
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Wolgast, Usedom, Peene, Pommern,
                  Von den Fabriken.

Früher waren hier gar keine Fabriken, aber im Jahre 1802 richtete der Kaufmann Jacob Runge die erste Tabakfabrik ein. Später legten die Kaufleute Jochen Wendt, Kölling und Holzknecht ebenfalls solche Fabriken an. Der Kaufmann Johannes Bartels richtete eine Lichtgießerei ein, und eben so der Kaufmann Friedrich Neumann, der auch zugleich 1817 eine Seifensiederei anlegte. Vom Kaufmann Wallmuth ward 1821 eine Zichorien-Fabrik zu Stande gebracht, und der Fabrikant Theodor Schmidt legte 1822 eine Färbeholz-Mühle an. Überdies sind hier nach und nach noch einige Ölmühlen erbaut.

                      Vom Handel.

Der Handel ist nicht zu jeder Zeit gleich blühend, indem sowohl Zeitumstände, als auch der schwächere oder stärkere Unternehmungsgeist diesen Wechsel herbeiführen, Wolgast hat glückliche Zeiten gehabt, besonders brachte der Amerikanische Krieg große Wohlhabenheit in diese Stadt, so wie überhaupt ganz Pommern durch ihn gewann, indem seine Schiffe unter neutraler Flagge fuhren. Auch in den Jahren von 1790 bis 1806 war der Handel in dieser Stadt äußerst bedeutend, und die großen Seeschiffe, deren Wolgast über 70 hatte, verdienten außerordentlich durch hohe Frachten. Aber es fehlte auch nicht an unternehmenden Männern am Ort, welche teils den Schiffsbau betrieben, und dadurch Nahrung und Leben im Orte verbreiteten, teils auch die auswärtigen Konjunkturen im Handel glücklich benutzten, und durch Getreidehandel sich selbst und einen großen Teil ihrer Miteinwohner in Wohlstand versetzten. Unter jenen zeichneten sich mehrere aus, besonders Canzler und Runge; unter diesen die Kaufmänner Sonnenschmidt und Homeyer. Der Kommerzienrat Homeyer verschiffe allein für sich in dem Einen Jahre 1800 ins Ausland zweitausend achthundert Last Weitzen, die Last zu 96 Scheffel gerechnet. Doch zeichnete sich dieses Jahr vorzüglich durch Handelsverkehr aus.

Der Französische Krieg störte nun alles, und Handel und Schifffahrt waren mehrere Jahre gänzlich vernichtet, bis im Jahre 1813 beides wieder aufzublühen begann. Verkehr und Tätigkeit zeigten sich aufs neue, und Wolgast verschiffte allein zur See ins Ausland:

1.426 Last Weizen, 615 Last Roggen, 526 Last Gerste und Malz, 6 Last Hafer, und 46 Last Erbsen, jede Last zu 96 Scheffel gerechnet. Doch seit dem Jahre 1819 trat in ganz Europa eine Stockung im Handel ein, die Kornpreise standen äußerst niedrig, und die Kornausfuhr von Wolgast war unbedeutend. Diese Stille und Untätigkeit haben nun, mehr oder minder, bis zum vorigen Jahre, 1827, gewährt. Die Gründe hiervon mögen wohl darin liegen, weil man sich überhaupt allenthalben mehr auf den Kartoffelbau legt, und daher weniger Getreide konsumiert wird; ferner weil der Ackerbau fast in allen Ländern Europas mehr und mehr betrieben wird; überdies seit mehreren Jahren nirgends Misswachs gewesen ist; und endlich weil allen, halben Frieden herrscht. Diese Stockung im Getreidehandel ist indessen dadurch etwas ersetzt, und in einem nicht so hohen Grade empfindlich für den Landmann gewesen, dass die Veredlung der Schafzucht ein Hauptgegenstand der Landwirtschaft geworden ist, und dies den Wollhandel lebhaft gemacht hat. Auch hat sich seit mehreren Jahren der Hering an der Pommerschen und Rügenschen Küste sehr gesammelt, der Fang desselben ist sehr eifrig betrieben, und der Gewinn durch die Versendung des eingesalzenen Herings und der Böcklinge ist nicht unbedeutend gewesen.

Doch hat sich in diesem letzten Jahre, 1828, die Sache in Rücksicht des Kornhandels wieder anders gestaltet. Wenn auch der zwischen den Russen und Türken ausgebrochene Krieg bis jetzt noch hier keinen Einfluss auf den Kornhandel hatte, so hat doch das Misslingen des Getreidebaus in der vorigen Ernte in England, wo wenigstens der vierte Teil Getreide weniger als gewöhnlich angebaut ward, auch in unserer Provinz günstige Kornpreise herbeigeführt. Dies brachte wieder Leben und Verkehr, es ward Getreide in Menge aufgekauft, und unsere Schiffe wurden alle in Bewegung gesetzt. Von unsern Kaufleuten kaufte vorzüglich Herr Kommerzienrat Homeyer, so wohl in dieser als auch in den benachbarten Provinzen, eine große Menge Weizen auf, und bezahlte den Scheffel vom Ukermarkischen Weizen mit 3 Thaler 4 gr., und den Scheffel vom Pommerschen Weizen mit 2 Thaler 14 gr. Die Zufuhr währte den ganzen Herbst, und einen Teil des Winters durch, und fast täglich kamen 50 bis 60, ja wo 70 bis 80, mit Weizen beladene Wagen an.

            Von der Kaufmannschaft.

Es sind hier gegenwärtig im Jahre 1829 folgende Kaufmänner:

1. Johannes Bartels. – 2. Friedrich Bartels, Ratsherr. 3. – Chrift. Friedr. Beyer, Kirchen-Provisor. 4. – Ferdinand Bohnstedtg. – Conrad Bendschneider. 6. – Christoph Friedrich Hagen, Camerarius. 7. – Johann Gottfried Funk. 8. – J. F. L. Holzknecht. 9. – Wilhelm Homeyer, Commerzien - Rat. 10. – Christopher Haas. 11. - J. W. Kiesow. 12. Herr Arnold Müggenburg. 13. – Jacob Christ. Nernsts Witwe. 14. – Friedrich Neumann. 15. – Joh. Andr. Nickels, Bürgermeister. 16. – Carl Friedrich Odebrecht, Altermann. 17. – Wilhelm Odebrecht. 18. – Christoph Detlof Piehl. 19. – Johann Hermann Rassow. 20. – Gustav Rewoldt. 21. – Heinr. Christ. Saegert, Kirchen-Provisor. 22. – Martin Ludwig Suter. 23. – Daniel Gustav Schmidt, Altermann, 24. – Carl Heinrich Schliemann. 25. – Wilhelm Voß. 26. – Ernst Christian Wallmuth.

Wolgast, Hafen mit Zugbrücke

Wolgast, Hafen mit Zugbrücke

Wolgast, Pferdemarkt mit Postamt

Wolgast, Pferdemarkt mit Postamt

Wolgast, Peene

Wolgast, Peene