Umwelt und Natur - Das Wetter im Sprichwort

Autor: Otto Freiherr von Reinsberg-Düringsfeld (1822-1876) schweizerischer Historiker und Kulturwissenschaftler, Erscheinungsjahr: 1864

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Wetter, Sprichwort, Sprichwörter, Bauernregeln, Wetterregeln, Mythologie, Kulturgeschichte, Sittengeschichte, Vorraussagungen,
Vorrede.

Von verschiedenen Seiten aufgefordert, die in Webers „Illustrierter Zeitung" veröffentlichten Artikel über das „Wetter im Sprichwort" zu vervollständigen, und als ein Ganzes herauszugeben, entschloss sich der Verfasser, einen Teil seiner ziemlich umfangreichen Sammlung von sogenannten Bauernregeln, die für ein späteres, größeres kulturhistorisches Werk bestimmt ist, separat erscheinen zu lassen, und so entstand das vorliegende Büchlein.

Da jedes Land, jedes Volk, fast jeder Ort seine eigenen Wetterregeln besitzt, welche allerdings häufig selbst dem Wortlaut nach so übereinstimmen, dass man sie dreist einer und derselben gemeinschaftlichen Quelle zuschreiben kann, ebenso oft aber auch in einer Weise von einander abweichen, dass man unverkennbar besondere lokale Beobachtungen als zu Grunde liegend annehmen muss, so konnte natürlich nur eine Auswahl derselben getroffen werden, um das Buch nicht allzu stark werden zu lassen.

Aus demselben Grunde, sowie um das Werk zugleich für das allgemeine Lesepublikum zugänglicher zu machen, musste sich der Vers. daraus beschränken, die Übersetzungen ohne die Originale mitzuteilen, und bloß in solchen Fällen eine Ausnahme von dieser Regel zu machen, wo Sprichwörter aus bekannteren Sprachen und Dialekten wörtlich unübersetzbar waren, oder durch ihre originelle Fassung ein besonderes, ethnographisches Interesse darboten.

Ein näheres Eingehen auf die Erklärung der einzelnen Wetterregeln in Betreff ihres Ursprungs oder ihres Zusammenhanges mit der Meteorologie des betreffenden Landes oder der Mythologie der verschiedenen Völker, dürfte hier nicht am Platze sein, um so mehr, da bei unserer heutigen vorgeschrittenen Bildung jeder Leser leicht selbst zu unterscheiden vermag, was von den Vorraussagungen dem Aberglauben oder dem Reich der Möglichkeit angehört. Der Verfasser begnügte sich daher, die Sprichwörter über das Wetter in wortgetreuen Übersetzungen einfach zusammenzustellen, und nur da ein Wort zum Verständnis hinzuzufügen, wo ein Sprichwort auf besonderen lokalen Verhältnissen beruht, welche dem Leser fremd sein dürften.
            Der Verfasser.

                              Inhaltsverzeichnis

Vorrede
Einleitung


Das Wetter des Jahres und der Jahreszeiten
      Jahr
      Jahreszeiten
      Himmel und Gestirne
      Wind und Wolken
      Regen und Gewitter

Das Wetter der Monde und der Tage
      Januar
      Februar
      März
      April
      Mai
      Juni
      Juli
      August
      September
      Oktober
      November
      Dezember
Alphabetisches Sachregister
Quellenverzeichnis


                              Einleitung.

Je unberechenbarer das Wetter ist, je größer ist der Wunsch des Menschen, es im Voraus zu bestimmen, um so sein Tun und Lassen mit Erfolg danach richten zu können. Seit den ältesten Zeiten hat man daher versucht, den Wechsel der Witterung mit andern Erscheinungen der äußeren Natur, sei es am Himmel und in der Luft, sei es an Pflanzen und Tieren, in einen gewissen Einklang zu bringen, und die mannigfachen Erfahrungssätze, welche sich aus diesen Beobachtungen ergaben, haben sich in zahllosen gereimten und reimlosen Sprüchen erhalten, die unter dem Namen Bauernregeln bekannt sind.

Da dieselben sich zum großen Teil an die hergebrachten Namen der Kalendertage knüpfen, so hat es aus den ersten Anschein allerdings etwas Widersinniges, dass die sogenannten Loostage oder entscheidenden Tage Einfluss aus die Witterung eines bestimmten Zeitraumes von kürzerer oder längerer Dauer haben sollen, Bei näherem Einblick jedoch ersieht man, dass diese „kritischen" Tage fast immer gut gewählt sind, und dass in dem scheinbar undurchdringlichen Chaos der Bauernregeln gewisse Gesetze herrschen, die nicht so ohne Weiteres zu verwerfen sind.

Denn wenn z. B. Weihnachten und Johanni für einflussreich auf das Wetter gelten, so erklärt sich dies aus dem Erfahrungssatz, dass die Sonnenwenden in der Regel einen Wechsel der Witterung herbeiführen.

Wenn es ferner heißt, dass Regen an St. Urban (25. Mai) und St. Barnabas (11. Juni) dem Wein gefährlich sei, so hat man nicht Unrecht, weil Regen um diese Zeit den Wein in seiner Blüte stört, und wenn man fürchtet, dass Regen an Maria Heimsuchung (2. Juli), am Sieben-Brüdertage (10. Juli) oder an St. Margarethe (13. Juli) längere Zeit anhält, so rührt dies aus der richtigen Beobachtung her, dass die glühende Julisonne fortwährend die Feuchtigkeit aus der Erde zieht, die dann als Regen wieder herabfällt.

Dass hierbei die Bestimmung der Dauer des Regens oft bloß willkürlich, je nachdem es der Reim erforderte, oder mit Anspielung auf den Namen des Tages angegeben wird, kann uns nicht verwundern, da wir wissen, dass die Bauernregeln vom Volke selbst ausgegangen sind, und meist einer Zeitepoche angehören, wo der Aberglaube noch in der schönsten Blüte stand.

Daher finden wir unter ihnen auch zahlreiche Sprichwörter, welche lediglich aus vorchristlichen Anschauungen zu beruhen scheinen, und namentlich werden viele Tage als einflussreich genannt, die einst als Anfänge von Monaten und Jahreszeiten gedient haben mögen, und deshalb ihre Wichtigkeit zum Teil dem weitverbreiteten Glauben an die Vorbedeutung des ersten Tages eines Zeitabschnittes zu verdanken haben.

Denn wie der 25. Dezember, unser Weihnachtstag und der erste Tag des Jahres der alten Germanen, der 25. März, das Fest Maria Verkündigung, mit welchem lange Zeit das römisch-christliche Jahr begann, und der 1. Januar, unser jetziger Neujahrstag, spielen auch der 25. Januar, Pauli Bekehrung, der 24. Februar, Mathiastag, der 24. u. 25. April, Georgs- und Marcustag, der 25. Mai, St. Urbanstag, der 25. Juli, Jakobi, der 24. August, Bartholomäi, und der 25. November, St. Katharinentag, sowie der 1. Mai und 1. September, der 22. Februar und 21. September, Laurentii (10. August), Martini (11. November) u. a. eine bedeutende Rolle in den Bauernregeln.

Natürlich können wir uns nicht verhehlen, dass der Aberglaube unsere Altvorderen hierin oft zu weit geführt hat, und dass es albern ist, zu behaupten, es habe Einfluss auf die Witterung des ganzen Jahres, ob der Christtag oder der Neujahrstag auf einen Montag oder Dienstag falle.

Ebenso beruht es aus einem leicht erklärlichen Irrtum, dass man früher glaubte, am 14. Februar, dem Tage des heiligen Valentin, dürfe man keine Hühner setzen, weil sonst die Jungen nicht gediehen oder wegstürben, indem der Name Valentin als fällt hin ausgelegt wurde, und dass man riet, am 25. März müsse man Bäume pfropfen, wenn sie gut fortkommen sollten, da dieser Tag ehemals als der Tag der Empfängnis unseres Herrn Mariä Bekleibung genannt ward, und das Wort bekleiben im Mittelalter vorzugsweise das Ansetzen und Wachsen der Bäume bezeichnete.

Eine ähnliche Anspielung des Namens veranlasste die Annahme, es werde sieben Wochen lang regnen, wenn es am Tage der sieben Schläfer (27. Juni) regne, und vierzig Nächte lang frieren, wenn es in der Nacht vom 10. März, dem Tage der vierzig Ritter, friere.

Überhaupt ist die Zahl Vierzig in den Wetterregeln stark vertreten, wahrscheinlich weil sie in der biblischen Geschichte so häufig vorkommt. Denn vierzig Tage währte die Fastenzeit Mosis, Elia und Jesu, die Regenzeit der Sündflut, vierzig Jahre die Wanderungszeit der Israeliten in der Wüste, und da es sich mitunter trifft, dass die vorausgesagte Witterung vierzig Tage anhält, wie es sich bei jeder Prophezeiung ereignen kann, so hat man diese Zahl gläubig angenommen und über die vielen Fälle hinweggesehen, wo der Himmel das Sprichwort Lügen straft.

Dagegen hat es seine Richtigkeit, dass, wenn um Johanni viele Schmetterlinge fliegen, es im nächsten Jahre viele Raupen gibt, und:
      Wenn im Hornung die Mücken schwärmen,
      Muss man im März die Ohren wärmen,
oder:
      Tanzen im Januar die Mucken (Mücken),
      Muss der Bauer nach dem Futter gucken,

indem es länger nachzuwintern pflegt, wenn es in diesen beiden Monaten warm ist und nicht friert.

Auch die vielen allgemeingehaltenen Sprüche des Volkes, welche sich aus die Beobachtung einzelner Himmelserscheinungen, Tiere und Pflanzen stützen, stimmen zum großen Theile mit den Erfahrungssätzen der Wissenschaft überein. Nur ist wohl daraus zu achten, dass bei den meisten Bauernregeln, die sich an bestimmte Tage des Jahres knüpfen, der sogenannte alte Kalender zu Grunde liegt, welcher um zwölf Tage von unserer jetzigen Zeitrechnung abweicht, so dass der 1. Januar desselben aus den 13. Januar neuen Stils fällt.

Sollten dessen ungeachtet die mancherlei Wahrzeichen von Wind und Wetter, welche das Sprichwort enthält, nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmen, so muss man
daran denken, dass es mit Recht heißt:

      Der Kalendermacher macht den Kalender,
      und unser Herrgott das Wetter, *)
und:
      Was kommen wird, kann selbst ein Vogel mit einem
      langen Hals nicht sehen, sondern nur Gott.

Nicht ohne Grund wünscht daher der Walache:

      Vor einem Himmelsschlage,
      Vor eines Bauern Klage
      Und vor des Sultans Verdacht behüte
      Dich gnädig Gottes Güte!

und der Deutsche wappnet sich gegen alle Enttäuschung mit den vertrauensvollen Worten:

      Wie Gott es fügt,
      Daran mir g'nügt.

*) Gott macht das Wetter und die Menschen den Kalender.
Die Menschen machen die Praktika und Gott das Wetter.

Tafel 27 Rauchschwalbe (altes Männchen) 3/4 nat. Gr.

Tafel 27 Rauchschwalbe (altes Männchen) 3/4 nat. Gr.

Bauern, Die Flucht vor dem Gewitter

Bauern, Die Flucht vor dem Gewitter

Bauern, Heimkehr vom Feld im Gewitter

Bauern, Heimkehr vom Feld im Gewitter

Wintertag (2)

Wintertag (2)

Schäfermeister

Schäfermeister

Warnemünder Fischer beim Netzeknütten

Warnemünder Fischer beim Netzeknütten

Winter auf dem Land (2)

Winter auf dem Land (2)

Winter auf dem Land

Winter auf dem Land

Schweine, Waldmast

Schweine, Waldmast

Mecklenburg, Getreideernte, Mähbinder

Mecklenburg, Getreideernte, Mähbinder

Pflügen, vierspännig Pferde

Pflügen, vierspännig Pferde

Hahn und Hennen

Hahn und Hennen

Jungbauern bei der Maisernte

Jungbauern bei der Maisernte

Pferdetränke

Pferdetränke

Schäfer mit seiner Herde auf dem Heimweg

Schäfer mit seiner Herde auf dem Heimweg

Ochsen vor dem Pflug

Ochsen vor dem Pflug

Mönchguter Bäuerin

Mönchguter Bäuerin

Mönchguter Bauer

Mönchguter Bauer

Mönchguter Fischer

Mönchguter Fischer

Mönchguter Fischerin

Mönchguter Fischerin

Mönchguter Fischerpaar

Mönchguter Fischerpaar

Rügischer Fischer

Rügischer Fischer

Rügen Volkstyp

Rügen Volkstyp