Ueber die Stiftung der Klöster zu Bützow und Rühn

Nach: Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde / Band 8 / Jahrgang 1843 [gekürzt]
Autor: Lisch, Georg Christian Friedrich Lisch (1801-1883) mecklenburgischer Archivar, Bibliothekar und Publizist, Erscheinungsjahr: 1843
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Kloster, Nonnenklöster, Zisterzienser, Kloster Rühn, Doberan, Bützow, Klostergründung, Elisabethkirche, Siechenhaus
Die Geschichte der Stiftung der Klöster und Kirchen zu Bützow und Rühn, welche bisher kaum berührt ist, hat, wie überhaupt die Geschichte der Stiftung der Frauenklöster in Mecklenburg, so viel Interesse, daß sie unentbehrliches Material zur Geschichte der Germanisierung Mecklenburgs und der Entwickelung der neuern Zustände liefert. Leider fehlt es auch über diese Stiftungen an Urkunden, indem im Jahr 1628 die Urkunden nicht allein des Bistums Schwerin, sondern auch des Collegiatstifts Bützow und des Klosters Rühn nach Dänemark versetzt wurden; jedoch können für den Notbedarf die Regesten der bischöflich-schwerinschen Urkunden, welche noch am Ende des 16. Jahrhunderts nach den Originalen gemacht sind, und die geretteten Copeibücher des Collegiatstifts Bützow aushelfen.
Das Bistum Schwerin erhielt im Jahr 1171 bei seiner Dotation von dem Fürsten Pribislav das Land Bützow, welches nach den Konfirmations-Urkunden aus dem 12. Jahrhundert zu der Burg Bützow (castrum Butissowe) gehörte. Der Bischof Berno hatte dieses Land unter der Bedingung erhalten, daß er ein Kloster in demselben gründe. Zunächst beschäftigte ihn jedoch die tätige Verbreitung des Christentums und er verwandte seine ganze Sorgfalt auf die Einrichtung des Dom-Kapitels zu Schwerin und seines Sprengels, auf die Stiftung der Zisterzienser-Mönchsklöster Doberan (1170) und Dargun (1172) und auf die Gründung von Pfarrkirchen im Lande, wie denn schon im Jahr 1173 die Priester von Vicheln, Cramon und Stück, alle nicht weit von Schwerin, vorkommen.

Dann begann er die Errichtung eines Nonnenklosters zu Bützow, wie es ihm zur Pflicht gemacht war. Mitten unter solchen Bestrebungen raffte aber ein plötzlicher Tod am 30. Dezember 1178 den Wendenfürsten Pribislav hinweg, und dieser Sturz war das Signal zu einem allgemeinen Abfall und Aufstande der Obotriten, welche die gegründeten Klöster wieder zerstörten. Und als auch der Pommernherzog Kasimir I. im Jahr 1182 in der Schlacht fiel, bestärkte dieser Todesfall auch die östlichen Wenden zu einer Schilderhebung und zum Abfall vom Reiche und vom Christentum, nachdem die wendischen Fürsten durch den Sturz Heinrichs des Löwen ihre festeste Stütze verloren hatten.

Innere Fehden öffneten den Brandenburgern die Thore zum Lande und so ward die Verwirrung noch vergrößert. Die neue Lehre und Bildung hatte nur noch unter dem Schutze des Grafen von Schwerin feste Wurzel. Aber auch der erste Graf von Schwerin, Gunzelin I., starb in diesen Zeiten (vor 1187) und der Bischof Berno trat am 14. Januar 1191 vom Schauplatze seines segensreichen Wirkens. Erst langsam konnte die junge Saat unter so tätigen Männern reifen, wie es der Bischof Brunward von Schwerin, der Fürst Heinrich Borwin I. von Mecklenburg und der Graf Heinrich I. von Schwerin waren; das Kloster Dargun konnte erst im Jahr 1216 restauriert werden.

Das Nonnenkloster zu Bützow ist bisher völlig unbekannt gewesen, wenn man nicht Mantzels Äußerung in den Bützowschen Ruhestunden XIII., S. 25, über eine Ackerstelle bei Bützow:

„Der „Nunnen-Kamp“ ein Platz Acker- und Wiesenwerks. Ich bin noch immer darauf erpicht, daß hier zu Bützow ein eigentliches Jungfern-Kloster gewesen“,

für etwas mehr als eine Vermutung halten will. Nach den Stiftungs- und Bestätigungs-Urkunden des Klosters Rühn war aber der Bischof Berno von Schwerin:

„zu anrichtung des Closters verpflichtet gewesen, weil mit solchem anhange und bescheide das land Buzhiowe der Kirchen oder Stiffte Zwerin gegegeben worden, das der Bischoff ein Closter darin bawen sollte“.

Es hatte Berno auch wirklich „ein Nonnenkloster zu Buzhiowe angefangen“.

Die Stiftung dieses Klosters zu Bützow, wahrscheinlich Zisterzienser-Ordens, ist also nicht zu bezweifeln; auf jeden Fall wird sie vor Bernos Tode, also vor dem Jahre 1191, wahrscheinlich vor dem Jahr 1178 geschehen sein, da die Vollendung des Klosters durch Berno

„wegen einfalß der wenden und anderer vorhinderungen nicht volnbracht“

werden konnte.

Ohne Zweifel ist das Kloster zu Bützow das älteste Nonnenkloster*) in Mecklenburg gewesen. Nach dem Untergange desselben ward einige Jahre vor 1219 zu Parkow, im Kirchspiele Westenbrügge bei Neubukow, das Kloster Sonnenkamp angelegt, welches im Jahre 1219 nach Kutsin verlegt und seitdem auch Neukloster genannt ward**); dieses Jungfrauenkloster erhielt seitdem den ersten Platz im Alter der Nonnenklöster in Mecklenburg und daher ein vorzügliches Ansehen.

*) Ein älteres Nonnenkloster in den hiesigen Gegenden war, seit 1177, das Johannis-Kloster, Zisterzienser-Ordens, zu Lübeck, in welchem in den ersten Zeiten Mönche und Nonnen zusammen lebten; im Jahre 1245 wanderten die Mönche nach dem neuen Kloster Cismar aus; vgl. Dittmer Geschichte des St. Johannis-Klosters zu Lübeck, 1825. - Auch im Kloster Dobbertin, gestiftet vor dem Jahr 1227, lebten Anfangs Mönche und Nonnen zusammen (?), bis im Jahr 1238 das Kloster für Nonnen konfirmiert ward und 1243 die Mönche zu Stade Verzicht leisteten; vgl. Rudloff Urk. Lief. Nr. VI. u. VIII. Diese Nachricht vom Zusammenleben von Mönchen und Nonnen im Kloster Dobbertin erleidet dadurch bedeutende Modifikation, daß in dem Originale der Urkunde vom 9. Juli 1231, in Rudloff U. L. Nr. VI., nicht beate virgini in Dobertin et filiabus ibidem, sondern fratribus ibidem steht; vgl. Mekl. Gemeinnütz. Bl. I. S. 18.

**) Über die Versetzung des Klosters Parkow nach Kutsin sind die Zeitangaben schwankend; die Stiftungsurkunde des Fürsten und die Konfirmations-Urkunde des Bischofs sind aber sicher aus dem Jahre 1219; vgl. Lisch Mekl. Urk. II. Kirchberg sagt, das Kloster sei 8 Jahre nach der Stiftung zu Parkow im Jahr 1225 nach Kutsin versetzt.


Es ist bemerkenswert, daß Neukloster ursprünglich an dem wendischen Orte Parkow angelegt und daher wohl in der Uebersetzung Sonnenkamp genannt ward, da die Heidenbekehrer vorherrschend und gerne an den heiligen Stätten der Heiden christliche Tempel anlegten. Auch bei Parchim liegt ein Bergrücken, der Sonnenberg genannt. Wahrscheinlich hangen diese Benennungen mit dem Namen des Gottes Perkun zusammen und die Sylbe Park - möchte Licht oder Sonne bedeuten. Auch in der unmittelbaren Nähe von Bützow liegt ein Dorf Parkow; an dieses Dorf, zwischen Parkow und Bützow, grenzte ein Dorf Zarnin, welches nicht mit dem, eine Meile von Bützow liegenden Dorfe Zarnin zu verwechseln ist. Der Name Zarnin, - man erinnere sich an den dunklen Gott Zarnebog (von czarne-schwarz), - scheint ebenfalls eine mythologische Bedeutung, im Gegensatze von Parkow, zu haben. Auch das Kloster Zarnetin (Zarrentin) scheint an einer heiligen Stätte des Heidentums gegründet zu sein. - Noch mehr deutet auf eine heilige Stätte der „Freiensteinberg“ (auf der großen schmettauschen Charte) zwischen Parkow und Bützow, eine Stelle, an welche sich, nach dem Namen zu urteilen, wahrscheinlich ein uraltes Asylrecht aus dem Heidentum knüpfte.

Die Elisabethkirche und das Siechenhaus zu St. Georg vor Bützow.

Welche Stelle zu dem Nonnenkloster zu Bützow bestimmt gewesen sei, möchte schwer zu ermitteln sein. Vielleicht war sie dort, wo die St. Elisabethkirche stand. Schon im 13. Jahrhundert war vor der Stadt, vor dem rostocker Tore, eine Kirche mit einem Hospitale zu Ehren der Heiligen Elisabeth erbauet, welche schon vor dem Jahr 1286 abgetragen war. An der Stelle dieser Kirche ward, im Einklange mit der Verehrung der H. Elisabeth, ein Siechenhaus für Aussätzige, wie gewöhnlich vor den Städten, erbauet und damit eine Kapelle vereinigt, welche dem Heil. Georg geweiht war, da der Name der Heiligen Elisabeth auf die Collegiat-Kirche übergegangen war. Dieses Siechenhaus ist das nachmalige Armenhaus zu St. Jürgen. Wahrscheinlich ward die Elisabethkirche erst nach dem Jahre 1235 erbauet, da in diesem Jahre die Landgräfin Elisabeth von Thüringen kanonisiert ward, wenn man nicht annehmen will, daß neben der ältern Kirche nach dem Jahre 1235 ein Siechenhaus erbauet worden sei und die Kirche nach der Schutzpatronin des jüngern Hospitals einen neuen Namen erhalten habe, was auch nicht unwahrscheinlich ist, wie aus der Dedication der jüngern Collegiat-Kirche hervorzugehen scheint. Allem Anscheine nach ist diese Kirche die älteste zu Bützow gewesen.

Die Collegiat-Kirche zu Bützow.

Schon vor dem Jahr 1229 hatte der Bischof Brunward eine Kirche zu Bützow geweiht; er spricht dies aus, als er am 24. Januar 1229, eine Vikarei für einen zweiten Geistlichen an der Kirche stiftete; damals war „Petrus sacerdos in Bützow“. Ob diese Kirche das später in eine Hospital-Kirche umgewandelte Gotteshaus sei, oder eine andere, ebenfalls nicht mehr vorhandene Kirche, muss unentschieden bleiben; so viel ist gewiss, daß es nicht die noch stehende Kirche, die ehemalige Collegiat-Kirche, sei. Bützow, als bischöfliche Stadt und häufige bischöfliche Residenz, war den Bischöfen lieb geworden. Der Bischof Theoderich (1239-1247) fasste daher den Plan, gewiss zur Vermehrung der bischöflichen Würde in der Residenz, ein Collegiatstift nach dem Muster des Dom-Capitels zu Schwerin zu errichten. Er erbaute daher zu diesem Zwecke die schöne Kirche und hatte schon Alles zur Installierung des Stifts vorbereitet, als ihn der Tod übereilte. Sein Nachfolger Wilhelm führte am 16. September 1248 seine Absichten aus 1). Theoderich ward, auf seinen Wunsch, in der neuen Stiftskirche begraben.

1) Die beiden Bischöfe Theoderich und Wilhelm wurden als Stifter der bützowschen Collegiatkirche angesehen: das Dom-Capitel von Schwerin nennt im J. 1286 bei der Verbesserung der Stiftseinkünfte:

„felicis recordacionis quondam dominus Thidericus et dominus Wilhelmus, episcopi Zwerinenses, fundatores ecclesie Butzowenses“


Diese Kirche war, wie gewöhnlich, zunächst Christo und der Jungfrau Maria, dann, nach der Mutter-Domkirche zu Schwerin, dem Evangelisten Johannes, und endlich im Besondern der Heil. Elisabeth geweiht. Aus dieser Dedication scheint hervorzugehen, daß die Elisabethkirche vor der Stadt die älteste zu Bützow war, durch die Vollendung der Collegiatkirche unterging, dieser ihren Namen überließ und selbst einem Hospistale Platz machte.

Das Kloster Rühn bei Bützow.

Die Stiftung eines Jungfrauenklosters zu oder bei Bützow, welche dem Bischofe Berno für die Überlassung des Landes Bützow schon frühe zur Bedingung gemacht war, unterblieb auch nicht, wenn das Kloster auch nicht an der Stelle entstand, an welcher es angefangen war.

Die jungen Herren des Wendenlandes mahnten den Bischof Brunward wiederholt an die Erfüllung der Bedingung.

Da zögerte Brunward auch nicht länger und stiftete im Jahre 1233 in dem ganz nahe bei Bützow gelegenen Orte Rühn ein Nonnenkloster Cistercienser-Ordens, nach folgendem Urkunden-Auszuge:

„Brunwardi Bischoffs zu Zwerin Brieff, darin er berichtet, das sein vorfar Berno ein Nonnencloster in Buzhiowe angefangen, aber wegen einfalß der wenden vnd anderer vorhinderungen nicht volnbracht, derwegen er solchs zu Rune zu wercke gerichtet vnd daß Closter mit nachfolgenden dorffern vnd hebungen bewidmet oder dotiret hat, alß mit dem Dorfe Rune, Pyaceke, Nienhagen bey Rune, Brunit mit dem Hagen Altona, Duzcin mit dem langen Hagen, so von Duzcin gehet nach Glambeke werts. Gibt auch dem Closter die Banne in folgenden Kirchen, alß Nienkercken, Rezhecow, Curin, Duzcin, Warin, Chualiz, Bomgarde, Boytin, Tarnow, Parme, Satow, Lambrechtshagen bey Parkentin vnd nach Ern Herbordi tode so wol die Kirche zu Brunit alß derselben ban, die Kirche in Buxisiowe mit dem Banne vnd allem rechte, so er der Bischof daran gehabt vnd eine Parre von vier Dorffern alß Rune, Pyazeke, Wendischen Zhiarnyn, Hanßhagen. Acta sunt hec anno gratiae 1233. Indict 6. Datum in Buzhiowe 8 Idus Julii.“

Der Erzbischof Gerhard II. von Bremen gab zu dieser Stiftung seine Einwilligung, wahrscheinlich weil die Stiftung des Klosters ein fundationsmäßiger Akt der Stiftung des Bistums Schwerin war.

Daher gab auch das Dom-Capitel zu Schwerin im Jahr 1234 seine besondere Zustimmung.

Und endlich konfirmierte der Bischof Friederich von Schwerin im Jahre 1239 die gesamte Dotation des Klosters.