Schwerin - die schönste Stadt von Mecklenburg-Schwerin

Aus: Deutschland und die Deutschen. Band 2
Autor: Beurmann, Eduard (1804-1883) deutscher Advokat, Journalist und Redakteur, Erscheinungsjahr: 1839
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Mecklenburg-Schwerin, Schwerin, Landeshauptstadt, Residenzstadt, Schweriner Schloss, Schlossgarten, Theater, Gemäldegalerie,
Schwerin ist die Residenz des Großherzogs von Mecklenburg-Schwerin und die schönste Stadt des Landes.

Ich will damit nicht behaupten, sie imponiere irgendwie. Großer Gott! was imponiert weniger, als unsere Duodez-Residenzen, die so gescheuert und blank und steif im Sonnenlichte glänzen, wie ein stattlich eingerichteter Kaufladen mit Nürnberger Spielsachen, wo die Details nur Kinder beschäftigen. Hier ist ein Schloss, dort ein Erbbegräbnis, hier ein Garten mit hübschen Anlagen, dort eine Galerie mit hübschen Bildern, hier eine Equipage mit Livree aufgeputzt, dort ein Regierungsgebäude. Und rechts und links wohnen Hofkleidermacher, Hofapotheker, Hofzahnärzte, Hofjuweliere. Nichts als Hof und Hofbeziehungen, stille, weiße Häuser, stille Straßen, eine Familie in Betreff der Familienklatschereien, und zwei Familien in Betreff des Adels und der Bourgeoisie, einige Hofballe, ein Hoftheater, ein Militär-, ein Zivil-Casino und ein Leben, das sich um alle diese Dinge wendet, wie der Zeiger einer Uhr um die Zahlen des Zifferblatts, das ist der Charakter aller unserer kleinen Residenzen. Dazwischen liegt ein wenig Kunst aller Art, ein wenig Musik für die Hofkapelle und Dilettanten, ein wenig Malerei für die Hofmaler und Prinzessinnen, ein wenig Architektur für den Oberlandbaumeister, oder wie derjenige, der Theater, Kirchen, Rathäuser und Synagogen der Residenz von Amtswegen erbaut, heißt, ein wenig Liberalismus für die Opposition, d. h. für diejenigen, die noch nicht an den Hof geladen worden sind, ein wenig Wissenschaft für die Lehrer am Gymnasium Friedericianum, oder Carolinum, oder wie es sonst heißt, ein wenig Tugend, wie sie hier, wo ein jeder die üble Nachrede des anderen, wegen der nahen Beziehungen, in welchen die ganze Bevölkerung steht, zu fürchten hat, ganz natürlich ist, eine gute Straßenpolizei, Laternen, auch wenn Mondschein im Kalender angekündigt ist, und viel Médisance, viel Treue für Fürst und Vaterland, noch mehr Untertänigkeit, als Treue, und noch mehr Servilismus, als Untertänigkeit. Das sind die Leiden und Freuden, die Licht- und Schattenseiten kleiner deutscher Residenzen. Man wird schon einsehen, dass für unparteiische Leute, für Leute von Bildung und Geist der Leiden und des Schattens mehr ist in solchen Residenzen, als der Freude und des Lichts.

Aber Schwerin ist in der Tat eine recht freundliche Stadt, an einem drei Meilen langen See gelegen, mit einem alten gotischen Schloss auf einer Insel in eben diesem See, einem alten Dom, einem Schlossgarten und 13.000 Einwohnern, die für Einwohner einer Residenz nicht nur erträglich, sondern sogar recht zutulich sind; denn der mecklenburgische Adel lebt größtenteils auf seinen Gütern und hat hier nur in sofern einen Mittelpunkt, als er bei der Regierung angestellt ist. Die Neustadt von Schwerin, Schelfe genannt, ist, was die Administration betrifft, eine Stadt für sich, und gehört zum Fürstentum Schwerin *), während die Altstadt Schwerin zum mecklenburgischen Kreis gehört; der Lage nach aber bildet sie mit dem eigentlichen Schwerin ein Ganzes, indem beide Städte nach und nach durch fortgesetzte Bauten verschmolzen worden sind. In Schwerin erscheint unter mecklenburgischer Zensur das in beiden Großherzogtümern berühmte „freimütige Schweriner Abendblatt.“

*) Das Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin ist in 5 Distrikte geteilt, nämlich in den mecklenburgischen Kreis, die Herrschaft Rostock, den wendischen Kreis, das Fürstentum Schwerin und die Herrschaft Wismar.

Schweriner Schloss

Schweriner Schloss

Schwerin - Totalansicht

Schwerin - Totalansicht

Schwerin - Am Pfaffenteich

Schwerin - Am Pfaffenteich

Schwerin - Stadtansicht - Schloss - Hoftheater

Schwerin - Stadtansicht - Schloss - Hoftheater