Sagen von Gollnow.

Aus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen
Autor: Gesammelt von Temme, Jodocus Donatus Hubertus (1798-1881) Politiker, Jurist und Schriftsteller, Erscheinungsjahr: 1840
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Sage, Volkssage, Pommern, Gollow, Ihna,
Die Stadt Gollnow an der Ihna soll in alten Zeiten eine überaus große Stadt gewesen sein, eine der größten Städte in Deutschland. Der Dammsche See soll bis an die Tore der Stadt gegangen sein, und die Leute wollen noch vor wenigen Jahren auf dem Sandmeere nach der Wiekseite hin große Anker in der Erde gefunden haben. Auf der anderen Seite soll der Stadtwall da gewesen sein, wo jetzt ein großes Moor ist, der Papenort genannt, welches beinahe eine halbe Stunde von der jetzigen Stadt entfernt ist. Der Turm von Gollnow ist damals so hoch gewesen, dass er den Schiffern auf der Ostsee als Leuchtturm gedient hat. Die Stadt soll durch viele Feuersbrünste bis auf den Teil zerstört sein, der jetzt von ihr übrig ist.

Von dem Ihnafluss, an welchem die Stadt liegt, erzählt man auch vielerlei Wunderbares. So sagt man, dass die Ihna alle Jahre ihr Opfer haben müsse. Wenn das nun bald sein wird, dann hört man auf ihr in den Nächten vorher ein lautes Juchen und Klatschen. Auch ein großer Schatz soll in der Ihna liegen, nämlich unterhalb der Brücke. Er wird von einem großen schwarzen Tiere bewacht, von dem Einige sagen, es sei ein Hund, der aber, wie Manche versichern, halb ein Hund und halb ein Kalb sein soll. Um zwölf Uhr des Nachts kann man ihn immer sehen. Er geht dann über die Brücke auf die Wiek, und am Ufer entlang; dann kehrt er zurück über die Brücke, und geht nun durch die Straßen der Stadt bis auf den Markt. Auf dem Markte kann man dann oft zu gleicher Zeit einen großen Leichenzug sehen. Wenn dieser vorüber ist, geht auch der Hund zu seinem Schatze zurück.

Mündlich.

Temme, Jodocus Donatus Hubertus (1798-1881) Politiker, Jurist und Schriftsteller

Temme, Jodocus Donatus Hubertus (1798-1881) Politiker, Jurist und Schriftsteller