Rostock, größte Stadt und wichtigster Handelsplatz in Mecklenburg

Aus: Universal-Lexikon der Handelswissenschaften. Herausgeber August Schiebe u. A. Dritter Band.
Autor: Autorenkolegium, Erscheinungsjahr: 1839
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg, Handelsverhältnisse, Rostock, Neustrelitz, Wismar, Neubrandenburg, Landwirtschaft, Seehandel, Aus- und Einfuhren
Rostock, die größte Stadt und der wichtigste Handelsplatz der mecklenburgischen Lande, und zwar im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin an der schiffbaren Warnow gelegen, die hier eine ansehnliche Breite (2.400 Fuß) und Tiefe hat und den Hafen der Stadt bildet, welche über 19.000 Einwohner zählt. Die hauptsächlichste Erwerbsquelle Rostocks, das besondere Vorrechte, z. B. eine ganz freie Verfassung, das Münzrecht etc. hat, ist Schifffahrt und ein ausgebreiteter See-Handel, bestehend in der Ausfuhr von Landesprodukten (allein Getreide für l Mill. Thlr.) und Einfuhr von Kolonial- und Fabrikwaren, für welchen die Stadt über 150 Schiffe besitzt.

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Durch die Tätigkeit der hiesigen Kaufleute haben sich die Geschäfte des Platzes in der neuern Zeit sehr gehoben, und es laufen jetzt jährlich zu Warnemünde, dem 2 Meilen von hier an der Mündung der Warnow in die Ostsee gelegenen und von Lotsen, Fischern und Schiffbauern bewohnten Vor-Hafen Rostocks, wo auch eine Seebadeanstalt sich befindet, 5 bis 600 Schiffe ein, unter welchen neben denen der Stadt und anderer mecklenburgischen Häfen, die dänischen und schwedischen die Mehrzahl bilden. Auch auf der oberen Warnow von Bützow und auf der Nebel von Güstrow an wird schon seit längerer Zeit mittels sogenannter Prahmen Schifffahrt nach Rostock betrieben. Die Nieder-Warnow von Rostock ab hat schon für bedeutende Fahrzeuge hinlängliches Fahrwasser, allein größere Seeschiffe mussten bisher, bevor sie in die Warnow einlaufen konnten, auf der Reede zu Warnemünde durch Leichterschiffe gelöscht werden, was, bei dem sehr lebhaften Verkehr zwischen diesem Seehafen und Rostock, seit Kurzem sehr zweckmäßig durch ein Dampfboot geschieht.

Neben der Schifffahrt werden hier auch mehrere Gewerbe lebhaft betrieben. Man zählt außer 100 Schiffern und mehr als 200 Kaufleuten gegen 60 Branntweinbrennereien, 2 große Essigbrauereien, 2 Zuckersiedereien, 41 Lohgerbereien, 9 Leimsiedereien, 1 Zichorien-, 8 Tabak- und 6 Seifenfabriken etc. und treibt Fischerei und Schiffbau; auch hat Rostock 2 Buchhandlungen und Buch- und Steindruckereien.

Wismar, die zweite Handelsstadt des Großherzogtums (mit 10.000 Einwohner), an einem Busen der Ostsee gelegen, die hier einen vortrefflichen Hafen bildet, treibt ebenfalls Schifffahrt mit 70 eigenen Schiffen, neben welchen jährlich noch an 200 fremde einlaufen, hat gegen 1000 Kaufleute, über 50 Schiffer und viele Fischer; auch gibt es hier, wie in Rostock, viele Gerbereien, 2 Tabak- und 1 Spielkartenfabrik, 2 Buche-Handlungen nebst Buch- und Steindruckerei, auch eine Seebadeanstalt.

Handelsprodukte Mecklenburgs. Das meist ebene, von bei Elbe und Ostsee bespülte und von Torfmooren durchzogene, sowie mit ansehnlichen Laub- und Nadelholzwaldungen und unzähligen Seen bedeckte Land ist sehr fruchtbar und liefert auf seinem Marschboden eine Menge Produkte, namentlich viel Getreide, Rübsamen, Raps und Holz, auch Flachs, Hanf, Tabak, Hopfen und, ungeachtet seiner nördlichen Lage, in guten Jahren auch bedeutende Quantitäten Obst zur Ausfuhr seewärts. — Wichtig wurde in der neueren Zeit auch, neben der ausgezeichneten Rindvieh-, Schweine-, Schaf- und Gänsezucht, die sehr verbesserte Pferdezucht; daher denn auch der Handel mit sehr geschätzten Pferden, wie sie nicht leicht ein anderer deutscher Staat aufzuweisen hat, mit gemästetem Vieh, Butter, fetten geräucherten Gänsebrüsten, Bett- und Schreibfedern, sowie mit Wolle von Bedeutung ist. Man schlägt die Zahl der Schafe allein in Mecklenburg-Schwerin auf nahe an 700.000 Stück an. Das großherzogl. schwerinsche Hauptlandgestüte ist zu Redefin bei Hagenow; vortreffliche Stutereien gibt es aber auch in Mecklenburg-Strelitz, namentlich zu Ihlenfeld und Großmilzow, und das Landgestüte für die großherzogl. Domänen zu Neustrelitz. Die berühmteste Stuterei Mecklenburgs aber besitzt der Graf von Plessen zu Ivenack an der pommerschen Grenze im Herzogtum Schwerin. Dazu kommt noch die starte Fischerei in der Elbe, in den vielen Seen und im baltischen Meere.
Das Mineralreich ist arm und gibt, außer Braunkohlen (bei Mallitz im Herzogtum Schwerin), nur viel Torf, Gips, Kalk und Ton, sowie Salz aus einer einzigen Quelle zu Sülze an der Recknitz im Herzogtum Güstrow (über 80.000 Ztr.), und nur bisweilen wird etwas Bernstein an den Küsten der Ostsee und im Müritzsee gefunden. Mineralquellen hat das Land zu Doberan (hier auch das älteste deutsche Seebad) und Parchim im Herzogtum Schwerin und zu Goldberg und Stavenhagen im Herzogtum Güstrow.

Gewerbeindustrie. Diese ist in Vergleich zu andern deutschen Ländern noch sehr unbedeutend; denn eigentliche Fabriken gibt es nur in sehr geringer Zahl, und selbst diese sind von keiner großen Bedeutung. Am stärksten ist die Leinen- und Wollweberei (ordinäre Tuche und Fries); die letztere am stärksten und besten zu Plau und zu Malchow; auch gibt es viele Gerbereien (zu Rostock allein über 40 und in den übrigen Städten gegen 80). Ebenso ist die Tabakfabrikation nicht unbedeutend und wird von 12 Fabriken und etwa 50 einzelnen Fabrikanten (meist zu Rostock, Wismar und Schwerin) betrieben. Papier wird in 12 Papiermühlen und ebenso grünes Hohl- und Tafelglas in 9 Glashütten (zur Ausfuhr) verfertigt. Zuckerfabriken gibt es nur zu Rostock; Branntweinbrennereien in überaus großer Anzahl (über 800) sowohl in den Städten als auf den Rittergütern und Domänen. Außerdem sind noch zu nennen eine Menge Schneidemühlen, Essig-Brauereien, Grützmühlen, Teeröfen, Kalkbrennereien, Ziegeleien, Tonpfeifenbäckereien und Leimsiedereien.

Handel. Mecklenburg hat durch seine Lage zwischen der Ostsee und Elbe einen sehr günstigen Platz zum Handel, und es benutzt solchen auch zu einem lebhaften Schifffahrtsverkehr; nur fehlte es bisher noch für den Innenhandel an guten Straßen und andern Verbindungsmitteln, zu deren Anlegung man jedoch in den letzten Jahren auch hier ernstlich geschritten ist, wie schon der kürzlich vollendete Elde-Kanal beweist, durch welchen, mittels der Stör und Elde, die Verbindung zwischen Schwerin und Hamburg hergestellt ist. Übrigens hat Mecklenburg bei seinem Handel die Bilanz für sich; denn so bedeutend auch die Einfuhr von Fabrikaten und ausländischen Waren ist, so wird dieselbe doch durch die noch stärkere Ausfuhr von inländischen rohen Produkten gedeckt. Am stärksten ist der Handel mit Russland, Schweden Norwegen, Dänemark, England, den Niederlanden, den Hansestädten und Hannover, weniger wichtig jetzt, wegen des hohen Zolltarifs, mit Preußen und den übrigen deutschen Zollvereinsstaaten.

Die wichtigsten Handelsplätze des Landes find die Ostsee-Häfen Rostock und Wismar und nächstdem Boitzenburg an der Elbe. Außer diesen treiben aber auch Güstrow, Schwerin, Parchim, Grabow, Dömitz und Ribnitz nicht unbedeutenden Verkehr. In Mecklenburg-Strelitz machen Neubrandenburg, Fürstenberg und Altstrelitz die meisten Handelsgeschäfte.
Zur Belebung des inneren Handels dienen die vielen Jahrmärkte, die nicht bloß in den Städten und Flecken, sondern auch auf mehreren Dörfern (29) gehalten werden. Die wichtigsten sind die zu Rostock und Wismar; die Wollmärkte zu Güstrow, Boitzenburg und Neubrandenburg, die großen Buttermärkte zu Grabow und Fürstenberg; die Pferdemärkte zu Altstrelitz und mehrere bedeutende Viehmärkte an den genannten Orten.

Ausgeführt wird hauptsächlich: Getreide aller Art, auch Malz, Mehl, Grütze, Hülsenfrüchte und Raps, teils zur See über Rostock und Wismar nach England, Schweden etc., teils auf der Elbe über Boitzenburg nach Hamburg, teils ins Preußische (in guten Jahren an 20.000 Last); Wolle, ebenfalls ein Hauptprodukt, nach Berlin, Hamburg und Lübeck (jährlich gegen 40.000 Stein, zu einem Wert von etwa 350.000 Thlr.); gemästetes Vieh, Butter, auch Käse, größtenteils nach Hamburg und Berlin, über Grabow und Fürstenberg. Auf den Buttermärkten zu Grabow werden allein jährlich über 500.000 Pfd. Butter, zu einem Wert von 75 bis 80.000 Thlr., verkauft. Ferner Holz meist auf der Elbe nach Hamburg und Pferde nach mehreren Ländern, besonders auch feine Reit- und Wagenpferde auf die Messen nach Leipzig. Minder wichtig ist die Ausfuhr von Fischen (besonders geräucherte Heringe oder Bücklinge), Häuten, Bett- und Schreibfedern, Obst, teils frisch, teils getrocknet nach Russland und Schweden (von Rostock jährlich 4 bis 6.000 Tonnen Äpfel), Tabak, Glas, Essig von Rostock, Branntwein etc. — Eingeführt werden dagegen außer Kolonial- die meisten Manufaktur- und Fabrikwaren, sowie Wein, Südfrüchte, Steinkohlen und alle Metalle.

Man schlägt den Wert der jährlichen Ausfuhr des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin auf 3 bis 3 1/2 Mill., die Staatseinkünfte auf 1 1/2 Mill., die Staatsschulden auf mehr als 6 Mill. Thlr. an. Im Großherzogtum Mecklenburg-Strelitz betragen die Landeseinkünfte nahe an 400.000 die Landesschulden gegen 800.000 Thlr.

Durch einen neuerdings (Juni 1836) zwischen den Großherzogtümern Mecklenburg und Frankreich abgeschlossenen sehr günstigen Handels- und Schifffahrtsvertrag hat sich für den Absah der Produkte Mecklenburgs auf 10 Jahre ein sehr vorteilhafter Markt in Frankreich eröffnet, dagegen aber auch Frankreich ein bedeutendes Depot für seine Erzeugnisse und Fabrikate in den mecklenburgischen Häfen und dadurch zugleich in Deutschland gewonnen, da die Menge von französischen Waren, welche seitdem zu Rostock und Wismar ankommen, ungeachtet der strengen Grenzbewachung, dem Schleichhandel nach Preußen und den übrigen Zollvereinsländern, wo jene Waren hohen Einfuhrabgaben unterliegen, zu viel Reiz und Anlass geben. Auch in Schwerin finden sich schon beträchtliche französische Warenlager, und die Annehmlichkeiten des Aufenthalts in Doberan während der Badesaison (schreibt man aus Mecklenburg) werden nicht wenig dadurch vermehrt, dass alle französische Waren zu so billigen Preisen zu haben sind. Die Konsumtion an französischen Weinen soll in Folge des genannten Traktats außerordentlich zugenommen haben, und ebenso die Einfuhr von Kolonialwaren, so dass der inländische Markt damit überfüllt sei.

Schwerin, die Hauptstadt des Großherzogtums gleichen Namens, am gleichnamigen See, hat unter allen Städten Mecklenburgs die reizendste Lage und zählt über 13.000 Einwohner, die zwar keinen wichtigen Handel, aber doch durch die hiesige Schifffahrtsgesellschaft, welche mittels der Stör und Elde eine Wasserfahrt zur Elbe und nach Hamburg unterhält, einigen Verkehr mit Landesprodukten treiben. Unter den Gewerben sind auszuzeichnen eine Tuchmanufaktur, 7 Tabakfabriken, 1 Steinschleiferei, sowie mehrere Branntweinbrennereien und Essigbrauereien. Auch hat die Stadt 1 Buchhandlung und 1 Buch- und I Kupferdruckerei.

Neustrelitz, die Hauptstadt des Großherzogtum Strelitz, am Zierkersee, mit ziemlich 6.000 Einwohnern, ist regelmäßig gebaut und lebhaft und gewerbsam; doch finden sich hier, außer 1 Buchhandlung und l Buchdruckerei, keine größeren Industrieanstalten. — In der 1 Stunde davon liegenden frühere Residenz, Altstrelitz oder Strelitz, mit 3.500 Einwohnern, wird ein sehr bedeutender Pferdemarkt gehalten, der aus den entferntesten Gegenden Europas besucht wird. Auch gibt es hier Leder - und Tabakfabriken.

Wichtiger als Alt- und Neustrelitz in Hinsicht auf Fabriktätigkeit und Handel ist Neubrandenburg, mit 6.000 Einwohnern; denn hier zählt man mehr als 40 Branntweinbrennereien, 3 Tabak-, l Tuch-, Papier-, Karten-, Leim- und eine chemische Fabrik. Auch wird hier jährlich ein Wollmarkt gehalten.

Rostock, Universität

Rostock, Universität

Rostock, Kröpeliner Tor

Rostock, Kröpeliner Tor

Alban, Ernst Dr. (1791-1856) mecklenburgischer Arzt und Erfinder

Alban, Ernst Dr. (1791-1856) mecklenburgischer Arzt und Erfinder

Neubrandenburg, Rathaus

Neubrandenburg, Rathaus

Neubrandenburg, Dangel-Turm

Neubrandenburg, Dangel-Turm

McAdam, John Loudon (1756-1836) schottischer Erfinder

McAdam, John Loudon (1756-1836) schottischer Erfinder

Schwerin, Denkmal des Großherzogs Friedrich Franz II.

Schwerin, Denkmal des Großherzogs Friedrich Franz II.

Straßenbau nach MacAdamscher-Methode um 1830

Straßenbau nach MacAdamscher-Methode um 1830

Wismar, Alter Schwede

Wismar, Alter Schwede

Wismar, Rathaus

Wismar, Rathaus

Güstrow - der Dom.

Güstrow - der Dom.

Bützow.

Bützow.

Heiligendamm von See aus.

Heiligendamm von See aus.

Rostock - Neuer Markt um 1820.

Rostock - Neuer Markt um 1820.

Schwerin - Amtsstraße 1839.

Schwerin - Amtsstraße 1839.

Wismar - Markt.

Wismar - Markt.

Warnemünde vom Bauhof.

Warnemünde vom Bauhof.

Waren.

Waren.

Kuh

Kuh

Schaf

Schaf

Fischerboote am Strand

Fischerboote am Strand

Johann Heinrich von Thünen (1783-1850) mecklenburgischer Agrar- und Wirtschaftswissenschaftler, Sozialreformer und Musterlandwirt.

Johann Heinrich von Thünen (1783-1850) mecklenburgischer Agrar- und Wirtschaftswissenschaftler, Sozialreformer und Musterlandwirt.

Schäfermeister

Schäfermeister

Getreideernte, ein Fuder Getreidegarben

Getreideernte, ein Fuder Getreidegarben

Mittagspause im Pferdestall

Mittagspause im Pferdestall

Schäfer mit seiner Herde auf dem Heimweg

Schäfer mit seiner Herde auf dem Heimweg