Rostock 1807 - Nahrungsmittel - Fleisch von Nutztieren

Aus: Bemerkungen aus dem Gebiete der Heilkunde und Anthropologie in Rostock. Bd 1. Medizinische und anthropologische Bemerkungen über Rostock und seine Bewohner
Autor: Nolde, Adolf Friedrich Dr. (1764-1813) Professor der Medizin, Erscheinungsjahr: 1807

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Hansestadt Rostock, Nahrungsmittel, Nutztiere, Rinder, Ochsen, Gänse, Schafe, Bullen, Fleisch, Fleischer, Wurst, Kalbfleisch, Fleischqualität, Fleischpreise, Mastschweine, Mastbullen, Schweinefleisch,
Ich wende mich jetzt zu anderen allgemeineren Gegenständen dieses Kapitels, unter denen ich den Nahrungsmitteln den ersten Platz einräume, da sie nächst der Luft und dem Klima, wovon ich schon geredet habe, unstreitig den größten Einfluss auf die Gesundheit und das Leben des Menschen haben. Um aber bei dieser Untersuchung einer gewissen Ordnung zu folgen, will ich zuerst von der Qualität der einfachen Nahrungsmittel handeln, so wie ich sie in Rostock seit mehreren Jahren beobachtet habe.

Die verschiedenen Arten des zahmen Fleisches, die man bei uns haben kann, sind in der Regel nur von mittelmäßiger Güte, häufig, besonders in den letzten Jahren, schlecht, selten ausgesucht gut. Mit Hamburg und Lübeck kann sich wenigstens in dieser Hinsicht Rostock nicht vergleichen. Recht fettes und zartes Rindfleisch findet man nur äußerst selten in den hiesigen Fleischbänken. Gewöhnlich schlachten unsere Fleischer Ochsen, die der Landmann zur Arbeit nicht mehr gebrauchen kann, und eine Zeit lang auf die Futterweide treibt, oder auch in dem Stall ein wenig besser füttert, als gewöhnlich. Daher ist das Fleisch von solchen Tieren denn gewöhnlich zähe, hart und schwer verdaulich. Mancher Magen kann es gar nicht vertragen, sondern bekommt gleich Diarrhöen oder andere Beschwerden. Häufiger aber noch begnügt man sich mit Kühen, deren Fleisch man nicht selten für Ochsenfleisch verkauft. Sie gehören ebenfalls nur zum Ausschuss; denn so lange der Landmann sie selbst gebrauchen kann, verkauft er sie nicht an den Schlächter. Die Kühe aber, die in der Stadt von den Ackersleuten, Gärtnern und Brennern gemästet werden, sind ebenfalls nicht mehr jung, und erhalten überdem beinahe kein anderes Futter, als den Abfall aus den Brau- und Brennhäusern. Das Kalbfleisch ist überwiegend schlecht, so dass man schon an dem Anblick genug hat. Man lässt die Kälber nicht lange genug trinken, sondern schlachtet sie oft schon, wenn sie kaum einige Tage alt sind. Doch kann man auch, zwischendurch das beste und ausgesuchteste Kalbfleisch haben. Hingegen ist das Hammelfleisch den Sommer über gemeiniglich recht gut; es gilt dieses aber auch nicht ohne Ausnahme. Im Frühjahr bietet man häufig die jungen Lämmer feil, die aber überwiegend ein zähes, unsaftiges Fleisch haben. Besser ist wieder das Schweinefleisch welches im Herbst sehr häufig geschlachtet wird. Man gebraucht es insbesondere dann zu Vorräten für den Winter; allein einen großen Teil des Schweinefleisches, welches hier den Winter über konsumiert wird, nimmt man unmittelbar von den Leuten, welche die Schweine zum Verkauf halten, oder man mästet sie auch selbst. Dazu kommen noch die Mastschweine, die bisweilen in ansehnlichen Herden auf den Märkten verkauft werden. In allen diesen Fällen kommt das meiste auf die Art des Futters an, womit man die Schweine fett macht. Dazu wählt man aber nur selten Schrot oder Erbsen, sondern begnügt sich mit den Kartoffeln und anderem Abfall, dem man am Ende oft nur kärglich etwas Besseres zumischt, wenigstens beschafft man auf diese Art den größten Teil der Mästung. Die Eichelmast ist in der hiesigen Gegend selten, und in den meisten Fällen finden die Schweine nur Buchmast, welche aber, wie die Kartoffeln, ein sehr weiches und wenig konsistentes Fett zu geben pflegt.

Viele der hiesigen bemittelten Einwohner lassen sich im Herbst gemeinschaftlich Jütische und Holsteinische Ochsen kommen, welche sie schlachten, unter sich teilen und zum Wintervorrat bestimmen. Dieses Fleisch ist denn ungleich besser, als das, was man von den hiesigen Schlächtern erhält. Und so pflegt man auch gewöhnlich im Herbst noch Gänse zu kaufen, die der Landmann zur Stadt bringt. Diese mästet sich ein jeder selbst, und benutzt das Fleisch, wie es ihm am besten scheint. Es macht eine Lieblingsspeise der hiesigen Einwohner aus, und wird daher auch in großen Quantitäten verbraucht. Enten, Truthühner und andere Hühner werden nur einzeln und in geringer Anzahl zur Stadt gebracht. Die jungen Hühner waren sonst im Sommer nicht selten zu haben: seitdem aber das nahe Doberan von so vielen Fremden und Einheimischen besucht wird; kauft man sie so sehr auf, um sie dorthin zu schicken, dass man sie oft gar nicht haben kann. Tauben werden von den hiesigen Landleuten nur wenig gehalten, und gehören daher beinahe zu den Seltenheiten, die man nicht einmal immer für Kranke und Genesende haben kann.

Dies sind die hier vorkommenden Arten des zahmen Fleisches, worüber ich nun noch in Hinsicht der Schlächter einige Bemerkungen hinzufügen muss. Wir haben in Rostock keine sogenannten Fleischschauer, und daher kommt es auch, dass man uns oft so schlechtes und elendes Fleisch teuer genug verkauft. Aber wenn die Fleischer oder ihre Frauen das Fleisch in der bedenklichen Jahreszeit selbst in die Häuser tragen und zum Verkauf anbieten, kann man doch manchmal recht gutes Fleisch für einen billigen Preis kaufen. Die Schlachter haben nicht nur die üble Gewohnheit, das Fleisch aufzublasen, um ihm dadurch ein besseres Ansehen zu geben; sondern sie transportieren dasselbe auch aus dem großen Schlachthause nach den verschiedenen Fleischbänken auf eine Art, die eben nicht Appetit machen kann. Man trägt es nämlich entweder auf Kopf und Schultern, oder man packt es auf Schleifen und Wagen, die man außerdem zu jeder anderen Bestimmung anwendet, ohne auch nur ein reinliches Tuch unterzulegen. In den Fleischbänken sitzen die Schlachter häufig auf den Tischen, von welchen sie das Fleisch verkaufen, und was dergleichen mehr ist. Insbesondere verdient es aber noch eine Rüge, dass sie die Kälber, weiche sie zur Stadt bringen, und die freilich zum Gehen oft zu schwach sind, mit zusammengebundenen Füßen und herabhängenden Köpfen auf ihren Pferden transportieren. Außer den öffentlichen Schlachtern gibt es noch besondere Hausschlachter, deren Verrichtung sich schon aus ihrem Namen ergibt. Diese stehen aber auch zugleich anderen Geschäften als Arbeitsleute vor, und zeichnen sich in ihrer Schlachterqualilät nur zu oft durch Schmutz und Unsauberkeit aus.

Den größten Teil des Ochsenfleisches, welches man für den Winter einnimmt, pflegt man einzupökeln, einen andern Teil aber zu räuchern. Auch das Schweinefleisch legt man in eine Salzlauge, und verzehrt es zum Teil als Pökelfleisch, zum Teil benutzt man es aber zu Speck oder Schinken, wovon man jenen nicht selten mit dem Gemüse zu kochen, diesen aber vorzüglich im Sommer als Zuspeise mit dem frischen Gemüse zu genießen pflegt. Die verschiedenen Wurstarten welche man hier aus dem Schweinefleisch bereitet, zeichnen sich eben nicht aus. Der größte Teil enthält weiter nichts, als Grütze oder Reis in Schweinefett gekocht, welche man mit einigen Zusätzen, z. B. mit Gewürzen und Rosinen, oft auch mit dem Blute der Schweine vermischt, in die gereinigten Därme stopft. Die Leberwürste sind schon seltener, und werden auch nicht häufig aus der Leber allein, oder mit Fleisch vermischt bereitet, sondern man gibt ihnen noch gewöhnlich einen Zusatz von Grütze. Einen Teil der letzteren verzehrt man frisch gekocht, einen andern Teil aber lässt man noch eine Zeit lang im Rauch hängen. Für den Sommer bewahrt man nur die sogenannte Mettwurst oder Schlackwurst (eine Art Salami) auf, welche man denn gemeinschaftlich, oder abwechselnd mit dem rohen Schinken zu den Gemüsen aufträgt. Die geräucherten Schinken von den jungen Schweinen pflegt man auch wohl zu kochen. Das Gänsefleisch kocht man größtenteils mit starkem Essig und einer gallertartigen Brühe sauer ein; die Brüste aber benutzt man insbesondere zu den in Mecklenburg und Pommern sehr geschätzten Spickgänsen, indem man sie durch den Rauch gar macht und ungekocht genießt. Hin und wieder kocht man aber auch die geräucherten Gänse zum Kohl und anderem Gemüse. Den Abfall, welcher aus den Füßen, Därmen, dem Magen usw. besteht, kocht man mit dem Blut dieser Tiere zu dem ziemlich beliebten Schwarzsauer ein. Dem Gänseschmalz gibt man mit Recht den Vorzug vor dem Schweineschmalz; letzteres wird meistenteils nur zum Fettmachen der Speisen benutzt, jenes aber häufig anstatt der Butter auf Brot gegessen, und von vielen für einen Leckerbissen gehalten. Den Kindern sollte man aber dieses, so wie auch das Butterbrot, doch nicht so häufig geben, als es geschieht.

Rostock - Giebelhäuser bei der Nicolaikirche

Rostock - Giebelhäuser bei der Nicolaikirche

Rostock - Markt, Marienkirche und Blutstraße

Rostock - Markt, Marienkirche und Blutstraße

Kuh

Kuh

Schaf

Schaf

Viehmarkt

Viehmarkt

Federvieh

Federvieh

Mittagspause bei der Feldarbeit

Mittagspause bei der Feldarbeit

Mittagstisch auf dem Bauernhof

Mittagstisch auf dem Bauernhof