Quistorp, Johann Christian Edler von (1737-1795) Rechtsgelehrter, Kriminalist. Biographie

Allgemeine Deutsche Biographie, Band 27
Autor: Eisenhart, Johann August Ritter von (1826-1905) Bayerischer Kabinettssekretär, Erscheinungsjahr: 1888
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Quistorp, Johann Christian Edler v. Quistorp, Rechtsgelehrter, namentlich Kriminalist, geb. zu Rostock am 30. Oktober 1737, † zu Wismar am 15. März 1795. Quistorp entstammt einer angesehenen mecklenburgischen Familie, aus welcher im 17. und 18. Jahrhundert mehrere Gelehrte, insbesondere Theologen hervorgingen (s. o.). Der Vater unsres Gelehrten war Johann Bernhard Quistorp (geb. 1692), Doktor und Professor der Arzneikunde, später Stadtphysicus zu Rostock, in welcher Eigenschaft er mit Hinterlassung einiger Schriften 1761 mit Tod abging. Johann Christian Quistorp begann und vollendete seine Studien in seiner Vaterstadt Rostock, wo er auch 1759 unter Professor Mantzel’s Vorsitz mit der Inauguraldissertation: „Utrum unus testis faciat torturae locum?“ (Rost. 1759. 4°) den juristischen Doktorgrad erwarb, worauf er Vorlesungen hielt und nebenbei praktizierte, zu welchem Behufe er 1763 sich von der Justizkanzlei in Rostock die Advokaten-Matrikel erteilen ließ. Im folgenden Jahre begann er für die „Rostockischen Berichte von gelehrten Sachen“ juristische Rezensionen zu liefern, beteiligte sich an verschiedenen Zeitschriften in und außer Mecklenburg, und fertigte für Bürgermeister Balcke häufig Relationen mit Gutachten besonders aus Kriminalakten, infolge dessen er von der Rostocker Juristenfakultät öfters zu den Prüfungen der Rechtskandidaten beigezogen wurde. Diesem Umstande hatte Quistorp zu danken, daß man ihn 1772 zum ordentlichen Professor der Rechte und Beisitzer der Juristenfakultät an der Universität Rostock ernannte. 1774 mit dem Charakter eines wirklichen Justizrats bedacht, erhielt er 1775 vom Herzog von Mecklenburg-Schwerin den ehrenvollen Auftrag zur Abfassung eines vollständigen Kriminalgesetzbuches, welch’ schwierige Arbeit er neben seinen Berufsgeschäften 1777 – also vor Ablauf von drei Jahren – in vollständig zufriedenstellender Weise vollendete. In Anerkennung solch’ hervorragender Leistung wurde Quistorp im Jahre 1780 mit dem Titel eines Oberappellationsgerichtsrats zum Beisitzer des obersten Gerichtshofes in Wismar befördert, und während des sächsischen Reichsvicariates mit Diplom vom 22. Juni 1792 mit dem Prädikat „Ritter und Edler von“ in den erblichen Adelstand erhoben. Der verhältnismäßig junge Stamm blüht fort; er ist in Neu-Vorpommern auf den Krenzower Gütern, in Brandenburg zu Kerzendorf unweit Teltow angesessen. – Johann Christian Quistorp war nicht bloß ein tüchtiger Dozent und Geschäftsmann, sondern auch ein geschätzter Schriftsteller. Er verfasste (wie bereits erwähnt), zahlreiche juristische Aufsätze, welche meist in den Beilagen zum Schwerinischen Intelligenzblatt oder zur Rostocker politischen Zeitung erschienen. Ein großer Teil derselben ist abgedruckt in seinen „Kleineren juristischen Schriften“ (1. Sammlung Bützow 1772), sowie in den „Beiträgen zur Erläuterung verschiedener, mehrentheils unentschiedener Rechtsmaterien aus der bürgerlichen und peinlichen Rechtsgelahrtheit“ (1. Stück Rostock 1777. – 2. Stück 1778. – 3. St. 1779. – 4. St. 1780). Von größeren Arbeiten sind zu erwähnen: „Versuch einer richtigen Bestimmung des Verhältnisses der gemeinen in Teutschland üblichen Strafen gegeneinander“ (Rostock u. Leipzig 1778). „Ausführlicher Entwurf zu einem Gesetzbuch in peinlichen und Strafsachen“ (Rostock 1782). „Rechtliche Bemerkungen aus allen Theilen der Rechtsgelahrtheit, besonders für praktische Rechtsgelehrte“ (Leipzig 1793, 4°). Als sein Hauptwerk aber gelten seine „Grundsätze des Teutschen peinlichen Rechts“ (Rostock und Leipzig 1770), welche wesentlich vermehrt wiederholt, zuletzt 1794 in 5. Auflage ausgegeben wurden. Sein Bildnis hat Andorff gezeichnet und Volt in 4° in Kupfer gestochen.