Pommern - Swinemünde. Die Plantage und ihre Entstehung. Seebad und neuer Hafen

Aus: Deutschland und die Deutschen. Band 2
Autor: Beurmann, Eduard (1804-1883) deutscher Advokat, Journalist und Redakteur, Erscheinungsjahr: 1839
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Pommern, Landesbeschreibung, Land und Leute, Sitten und Gebräuche, Kultur-, Sitten- und Sozialgeschichte, Bildung, Lebensverhältnisse, Besitzverhältnisse, Usedom, Swinemünde, Ostseebad
Der Hauptort, oder wenigstens der, welcher die Reisenden am meisten interessiert, ist das 1824 eingerichtete Seebad Swinemünde, wohin man jetzt von Berlin in etwas über vier und zwanzig Stunden gelangen kann und das daher vorzugsweise von patriotischen Preußen, die nicht die süddeutschen Landbäder, oder Italien vorziehen, besucht wird.

Läge Swinemünde nicht eben an der Grenze von Hinterpommern, es möchte sich leicht noch mehr heben und den übrigen Ostseebädern den Rang ablaufen; denn wenn auch Travemünde hinsichtlich des Hafens und der Handelsgeschäftigkeit, die eine angenehme Abwechslung in die Monotonie eines Badeortes tragen, mit Swinemünde konkurrieren kann, so liegt es doch nicht, wie dieses, inmitten der schönsten Partien der Ostsee.

Von Swinemünde aus kann man in einem Tage die Herrlichkeiten von Rügen und den anliegenden Inseln befahren, hier mit der See verkehren und dort mit dem Lande; denn die Insel Usedom hat das Angenehme, dass sie von süßem und Salzwasser gebildet ist, von Fluss und Meer, dass sie nach einer kurzen Überfahrt uns dem Festlande wiedergibt, und nach einem eben so kurzen Ausflug der offenen See in die Arme führt. Die Stadt Swinemünde ist, seltsam genug, im holländischen Stile erbaut. Beschnittene Lindenbäume garnieren die einstöckigen Häuserreihen, und ungepflasterte Straßen heben den ländlichen Eindruck, der landeinwärts durch die Waldungen von Usedom noch verstärkt wird. Die Straßen pflastert man nicht, weil der Meeressand, der den Boden bildet, durch die Seewinde leicht verweht wird und das Pflaster somit ohne Verbindung sein würde.

Swinemünde verdankt, wie ganz Pommern, Brenkendorf viel. Friedrich der Große erteilte auf sein Anraten dem Orte Stadtgerechtigkeit. Ob man das künftige Seebad bereits ahnte, weiß ich nicht, aber man fing sofort an, für die Verschönerung der Stadt zu sorgen und die Plantage stieg nach und nach aus dem Meere empor. So wenig dieselbe Aufmerksamkeit verdient, hätte man auch nichts weiter gesehen, als den Berliner Tiergarten, so muss doch ihre Entstehung erwähnt werden. Man legte, wie häufig, um den Lauf der Flüsse zu beengen und das Bett derselben zu vertiefen, auch an der Mündung der Swine ein sogenanntes „Packwerk“ aus Faschinen und großen Feldsteinen an, und der Sand, den die See hinter demselben absetzte, wurde durch in das Wasser geworfenes Strauchwerk gefangen und dadurch in festen Boden verwandelt, dass man ihn mit Strandhafer besäte. Wenn dieser sich ausgebreitet hatte, bepflanzte man die dem Meere abgewonnene Landesstrecke mit Erlen und Weiden und vereinte so das Angenehme mit dem Nützlichen; denn die Plantage ist ein einladender Spaziergang auf sterilem Meeresboden, dem man kaum diesen üppigen und frischen Baumwuchs zutrauen sollte. Wenn man früher der Swine durch solche Vorkehrungen Luft verschaffte und tieferen Atemzug, so hat man neuerdings das Palliativmittel durch eine Radikalkur verdrängt. Trotz aller Vorkehrungen versandete nämlich der Hafen immer mehr, und die Reede in der offenen Ostsee bot den Schiffen, die über den Sand nicht hinweg konnten, im Unwetter keine hinlängliche Sicherheit. Somit errichtete man ein „Fachwerk“ in größerem Maßstab und aus Stein: zwei gewaltige Hafendämme, deren Umarmung der Fluss erlag. Er musste nun nachgeben und statt in der Breite in der Tiefe wühlen. Diese Hafendämme bestehen aus senkrechten Steinwänden, die sich aus Hem Meeresgrunde sieben Fuß hoch über die Oberfläche des Wassers erheben und aus Quarzblöcken zusammengesetzt sind, deren Kraft die Wellen nimmermehr brechen können. Unregbar sind die langen Arme des Baues ausgestreckt und der Fluss windet sich zwischen ihnen vergebens, alle seine Anstrengungen, zu entfliehen und die Weite zu gewinnen, dienen eben nur dazu, den Zweck des Baues zu erreichen: wie ein gewaltiger Stier in enger Haft muss er die Erde aufwühlen, um sich zu beschäftigen, und wo früher die Tiefe kaum neun Fuß betrug, hat man jetzt vierzehn Fuß Wasser. Stettins Schifffahrt und Handel sind gerettet. Dieses gigantische und wohltätige Werk verdankt man dem verstorbenen Oberpräsidenten von Sack und dem Staatsminister von Bülow.

Ostseebad Swinemünde, Badehütte und Strandkörbe vor der Dünenstraße

Ostseebad Swinemünde, Badehütte und Strandkörbe vor der Dünenstraße

Ostseebad Swinemünde, Strandpromenade, Blick in Richtung Westen

Ostseebad Swinemünde, Strandpromenade, Blick in Richtung Westen

Ostseebad Swinemünde, Osternorhafen

Ostseebad Swinemünde, Osternorhafen