Das Land der Zufriedenheit

Eine Dienstmagd hatte das Buch gelesen: „Das Land der Zufriedenheit.“ Sie bildete sich ein, dieses Land fände sich irgendwo in der Welt und beschloss, dahin auszuwandern; kündete demnach ihrer Herrschaft den Dienst auf und gab ihren Koffer auf die Post unter der Adresse: „An Barbara N. N. im Land der Zufriedenheit.“ Ihrer Herrschaft wollte es durchaus nicht gelingen, sie von diesem Gedanken abzubringen; man ersuchte also den Pfarrer, ihr Vorstellungen zu machen. Der Pfarrer ließ die Bärbel kommen und sagte: „Nun Bärbel, das freut mich doch in der Seele, dass du ins Land der Zufriedenheit willst; das ist recht schön von dir.“ Bärbel freuet sich hoch, endlich einmal eine Person zu treffen, die in diesem Sinne mit ihr sprach. „Aber,“ fuhr jener fort, „weißt du auch, wo dieses Land der Zufriedenheit liegt?“ „Ja,“ erwiderte sie, „das ist eben mein Kreuz, dass ich das nicht weiß, und es mir Niemand sagen will.“ „Nun, du meinst vielleicht, es liege in Frankreich oder Hispania oder gar in Amerika. Aber so weit hat man nicht dahin, es liegt ganz in der Nähe.“ „Wo denn?“ „Hier in der Stadt, hier in diesem Hause ist das Land der Zufriedenheit. Aber freilich, wenn du in demselben wohnen willst, musst du den alten Plunder von Stolz, Hoffart, Geiz, Neid u. s. w. wegschaffen und lauter neue Habseligkeiten anschaffen: Glaube, Liebe, Geduld, Demut; die kann man allezeit umsonst haben bei unserm Herrn Jesus Christus.“ So sprach der Pfarrer, und sein Wort fand Eingang bei der angefochtenen Seele, dass sie erklärte: „Nun, Herr Pfarrer, ich will Ihrem Rate folgen.“

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Parochus Jovialis