Neueste Geschichte der Stadt Parchim - Vom Jahr 1800 bis zum 30. September 1818 - 4. Ereignisse des Jahres 1808

Aus: Neueste Geschichte der Mecklenburg-Schwerinschen Vorderstadt Parchim vom Jahre 1801 bis 1852. Zur Ergänzung und Fortsetzung der Cleemannschen Chronik
Autor: Icke, Wilhelm Ludwig (17?-18?) Prokurator und Advokat in Parchim, Erscheinungsjahr: 1853
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Parchim, Stadt-Geschichte, Chronik,
Unter den Ereignissen des Jahres 1808 ist zunächst noch einiges über diese spanische Kavallerie hier anzuführen. Zum Behuf derselben mussten schon im Januar 1808 mehrere Ausgaben an Handwerker beschafft werden, insbesondere für die Einrichtung neuer Stallungen, indem die vorhandenen für eine solche Menge Pferde, als die Spanier mitbrachten, nicht ausreichten. Der größte dieser Ställe ward in den damals noch unausgebauten, und als Wagen-Remise benutzten unteren Räumen des alten Rathauses mit einem Kosten-Aufwande von 79 Thaler 5 ß angelegt; auch findet sich eine Ausgabe von 95 Thaler 20 ß für die spanischen Wachen verzeichnet. Ferner haben zum Transport einzelner nach Ludwigslust, Grabow usw. Fuhren geleistet werden müssen.

Übrigens waren diese Spanier kräftige, von der Sonne ihres Geburtslandes gebräunte, stolze aber doch gutmütige Leute. Sie hielten strenge Mannszucht, auch alle Abende auf dem Altstädter Markt ihre Betstunden; an ihren kirchlichen Feiertagen aber ward für sie als Katholiken von ihrem Feldprediger Messe gelesen, wozu ein anständiges Lokal auf dem Rathause angewiesen war. Störend erschien es nur, dass man sich mit diesen Gästen gar zu wenig verständigen konnte, weil sie des Deutschen nicht mächtig waren, und viele ihrer Offiziere auch nicht einmal französisch redeten, hier hingegen Niemand war, der mit ihnen spanisch hätte sprechen können. Indes erlernte man im Quartier-Bureau wie auch in einigen Familien schon in kurzer Zeit die im Gespräch am häufigsten vorkommenden spanischen Vokabeln und Redensarten, so dass doch einiger Umgang und geselliger Verkehr, besonders mit den ziemlich gebildeten, Offizieren eintrat. Dieser ward von beiden Seiten um so mehr gewünscht, als sie hier längere Zeit, nämlich drei Monate hindurch, im Stand-Quartier verblieben, und ihrerseits dadurch erleichtert, dass sie sich auch einiges aus der, ihnen freilich schwer fallenden, deutschen Sprache anzueignen suchten. Zwischendurch hielt das Regiment Parade mit schöner Musik, und rückte bei einigermaßen günstiger Witterung zum Exerzieren aus. Wenn eine vom abwesenden Oberbefehlshaber der Division angelangte Ordre zu publizieren war, so geschah dies vor der Fronte außerhalb der Stadt. Solches fand denn auch Statt bei Verkündigung des nach abgelaufener Zeit befohlenen Abmarsches von hier, wozu ein feierlicher Aufzug vor dem Neustädter Tor, dem viele Menschen aus der Stadt beiwohnten, angeordnet war, und Verfasser dieses gedenkt noch der dabei beobachteten, acht spanischen, Grandezza. Ein Adjutant des in vollem Staate aufmarschierten Regiments, mit einer Schrift vor demselben haltend, begann mit lauter Stimme deren Eingangs-Worte:

Don José, Marchese de la Rémana, dann aber vergingen mit Ablesung der übrigen Titel, Würden und Orden dieses Generals gewiss ein paar Minuten, ehe das entscheidende Wort: Ordonna und der eigentliche Inhalt des Befehls aus seinem Munde kam. Tags darauf am 12. März 1808 erfolgte der Ausmarsch dieser unserer südlichen Gäste unter großem Zulauf des Volks, noch eine' Strecke Weges von ihm und von vielen Frauen und Mädchen begleitet, vor deren Augen die ausländischen Reiter in ihrer grünen Uniform mit roten Aufschlägen und ihrer männlichen Haltung Wohlgefallen gefunden hatten.

Während des Hierseins der Spanier begab sich aber ein betrübender Vorfall. Man hatte zu verschiedenen Malen die Entdeckung gemacht, dass aus dem im Magistrats-Lokale befindlichen sehr haltbaren, und zu noch mehrerer Sicherheit am Fußboden festgeschrobenen Depositen-Kasten größere und kleinere Geld-Pöste weggekommen waren, und sich diese Entwendungen nicht erklären können, da sich durchaus keine, Spur von gewaltsamer Eröffnung solchen Kastens zeigte. Einzelne darin gelegen habende Münzen, alten Gepräges und nicht mehr gangbar, waren zwar wieder zum Vorschein gekommen, indem Dragoner der benachbarten spanischen Stallwache sie gefunden und bei den Kaufleuten hatten verwechseln wollen, und es ward auf die Meldung der letzteren ein Requisitions-Schreiben an den Regiments-Kommandeur wegen hierüber anzustellender Untersuchung erlassen. Dieser willfahrte auch solchem Gesuche, allein diese schwache Anzeige führte nicht zum Ziel. Im Gegenteil stellte es sich beim weiteren Verfolg der Sache heraus, dass jene Spanier unschuldig gewesen, und ihre Angabe des zufälligen Findens der Geldstücke kein bloßer Vorwand war. Man hatte nämlich von Magistratswegen nötig befunden, auf die wenn gleich kaum glaubliche, und deshalb anfangs immer verworfene, Idee zurückzukommen, dass der fragliche Diebstahl nur von einem solchen Manne verübt sein könne, der freien Zugang zur Ratsstube und zum Depositen-Kasten hätte. Bei näherer Erwägung der Persönlichkeit und der Verhältnisse derer, welchen eine solche Tat überhaupt zuzutrauen seinn möchte, war der Verdacht auf einen Senator D. gelenkt, und bei diesem haften geblieben. Weil er sehr viele Schulden hatte, hielt man es für nicht unmöglich, dass er sich so weit erniedrigt haben könne, zur Deckung derselben und zu besserer Ernährung seiner Familie zum Verbrecher zu werden. Machte er doch auch einen Aufwand, welcher mit seiner nur sehr mäßigen, und an fixem Gehalte nicht mehr als 300 Thaler betragenden Einnahme in keinem Verhältnisse stand, und war er übrigens auch Camerarius, der als solcher einen Schlüssel zum Depositen-Kasten in Händen hatte. Alle diese Umstände bestärkten den wider ihn erwachsenen Argwohn, und eine Anzeige höheren Orts konnte nun nicht mehr unterlassen werden. Hierauf ward dem Herrn Hofrat Francke zu Schwerin als Herzoglichem Commissario injungiert: die Sache an Ort und Stelle, besonders auch nach der bezeichneten Richtung hin, zu untersuchen. Selbiger hielt mehrere Verhöre mit dem gedachten Senator D., zuerst in einem Privathause, das letzte aber, in dessen Verlauf der Inculpat zum Geständnisse seiner Missetat gebracht ward, auf dem hiesigen Rathause. Am Schlusse solches Verhörs ließ der Commissarius, welcher nach aktenmäßigen Vorlagen seiner Überführung im Voraus gewiss sein konnte, ihn sofort arretieren und ihm gleich in demselben Gebäude die damalige Gewerken-Stube zum einstweiligen Gefängnisse anweisen. Diese Begebenheit erregte in allen Kreisen der Gesellschaft ungemein große Sensation; denn ein förmlicher Diebstahl dieser Art, von einem Ratsherrn der Vorderstadt Parchim begangen, und ein so sträflicher Missbrauch seines Amts waren hier bisher unerhört gewesen. Es sollte nun natürlich die weitere Kriminal-Untersuchung wider denselben fortgesetzt werden, allein die Sache nahm bald eine ganz unerwartete Wendung. Noch ehe der Commissarius, welcher nach der verfügten Arretierung vorläufig wieder abgereist war, seiner übrigen Geschäfte wegen zum Zweck der Spezial-Inquisition hierher zurückkehren konnte, entkam nämlich der Täter am 8. Juni 1808 Abends spät heimlich aus seinem Gefängnis, und zwar, wie allgemein behauptet ward, durch Hilfe seiner hiesigen Freunde und durch Verschulden des Gefangenwärters. Man hörte demnächst, dass er ins Ausland geflüchtet sei, wozu ihm die Mittel auch wohl von seinen Anhängern dargereicht worden, und soll er nach Cleemanns Bericht in dessen Chronik §. 395 zu Frankenhain in Hessen, wo er noch wieder eine Anstellung als reitender Förster gefunden, im Jahr 1815 gestorben sein. Zu seiner Entweichung aus der hiesigen Haft sollte besonders der damals hier wohnende Dr. Cammann — ein äußerst geschickter Arzt und menschenfreundlicher Mann, der leider! späterhin wegen unüberwindlichen Hanges zum Trinken in Verachtung und bitterster Armut untergegangen ist — tätig mitgewirkt haben. Die erledigte Senatorstelle ward nunmehr dem Kaufmann und Stadtsprecher Hoffmann hieselbst zu Teil.

Am 13. Juli 1808 ward eine Compagnie Mecklenburger unter dem Herrn Major von Bülow als Garnison hierher verlegt, und einige Wochen vorher der nachmalige Senator Sprungk als Registratur beim hiesigen Magistrats-Collegio angestellt.

In eben diesem Jahre am 5. September verstarb, zum lebhaften Bedauern seiner Gemeinde, der würdige Herr Konsistorialrat und Superintendent Beyer hieselbst, früher Hofprediger zu Ludwigslust, mit Hinterlassung einer Witwe und 6 Kinder, von denen jetzt nur noch 3, 2 Söhne und eine Tochter, am Leben sind, jedoch nicht in Parchim wohnen, und ward der damals noch geltenden Sitte gemäß in seiner St. Georgen-Kirche, Abends bei Leuchtenschein, bei gesetzt. Seine jüngste Tochter wurde späterhin an den Herrn Kantor Bossart verheiratet, welcher sich als Mitglied des Lehrer-Collegii unserer großen Schule um dieselbe wohl verdient gemacht hat, bis er im Strelitzschen eine vorteilhaftere Anstellung und zuletzt eine Pfarre erhielt. Beyers Nachfolger im Amte ward der Herr Superintendent Francke, bis dahin Präpositus zu Sternberg.

Über die Zustände des Jahrs 1808 ist aber noch folgendes als relevant zu berichten. Die Behörde, welcher die Besorgung des Einquartierungswesens allhier anvertraut war, bestand bis zum 11. Januar nur aus den Senatoren Koß und Kaeselau als Magistrats-Deputierten, und einigen Repräsentanten aus der Bürgerschaft; die hiesigen Eximierten aber hatten es sich bis dahin ohne weiteres gefallen lassen, dass von jener Behörde auch die, vorzüglich bei ihnen anzutreffenden, Offizier-Quartiere besetzt wurden. Es war jedoch unter ihnen manche Unzufriedenheit darüber entstanden, dass die Verteilung der Einquartierungen-Last ungleich, und einige prägravierend, andere aber wieder schonend erfolgt war, und dies gab Veranlassung, dass Exemti am gedachten 11. Januar unter sich zusammentraten, und zu ihren Deputierten in dieser Angelegenheit die Herren Professor Wehnert und Stadtrichter v. Santen erwählten, auch sofort legitimierten. Letztere überreichten die ihnen erteilte Vollmacht beim Magistrats-Collegio mittelst schriftlichen Vortrags, und desiderierten, im Interesse ihrer Kommittenten, so wie aus Sorge für das allgemeine Wohl an der Leitung des Einquartierungs-Geschäfts Teil zu nehmen, welches ihnen auch durch ein magistratisches Antwort-Schreiben dahin bewilligt ward, dass ihnen gern die Einquartierungs-Listen vorgelegt und auf ihre etwa zu machenden Bemerkungen und beirätlichen Wünsche reflektiert werden solle.

Hiernach ward nunmehr die erwähnte Behörde aus Repräsentanten E. E. Rats, der Eximierten und der Bürgerschaft zusammengesetzt. Im Anfange dieser Regulierung schienen zwischen den Deputierten der beiden ersteren Stände ziemlich gleiche Ansichten und Meinungen über das zu beobachtende Verfahren zu herrschen, allein dies änderte sich bald, nachdem von Seiten der Eximierten die Vollmacht des Hrn. v. Santen, wohl auf dessen eigenen Wunsch, unterm 10. Febr. aufgerufen ward, und ihre Vertretung im Quartier-Bureau dem Herrn Professor Wehnert allein übertragen blieb. Mehrere Vorschläge und Anträge dieses Mannes, welcher gleich mit großem Eifer auf die Sache einging, wollten den rätlichen Deputierten nicht gefallen; es kam ihrerseits zu Zögerungen und missliebigen Bemerkungen, welch, wiederum ihn zum Unwillen reizten. Er beschwerte sich insbesondere darüber, dass verschiedene, von ihm für missbräuchlich erklärte Anordnungen der Behörde nicht aufgehoben wurden, und dass namentlich die eingeführte Befreiung einiger Magistrats-Mitglieder von der Natural-Einquartierung fortdauern sollte. Beides veranlasste ihn auch schon am 13. Febr. 1808 zur Querel bei hoher Herzoglicher Regierung, welcher bereits am 16. eine zweite Beschwerde folgte. Auf beide ergingen landesherrliche dem Querulanten günstige Dekreturen, und das Reskript auf letztere verordnete eine Vereinbarung mit den Eximierten und die Abhilfe der Beschwerden schon unter dem Nachteil, dass widrigenfalls ein Commissarius zur Regulierung der Differenzen und des ferneren Ganges der hingehörigen Geschäfte hierher werde gesandt werden. Von Magistratswegen verfehlte man zwar nicht, dagegen zu repräsentieren, und die von den rätlichen Deputierten eingeleitete, auch von den bürgerlichen gebilligte, Prozedur so viel möglich zu rechtfertigen; allein hohe Regierung muss darin keine genügende Entschuldigung gefunden haben. Denn schon nach einigen wiederholten Regiminal-Bedeutungen, welche nicht zum Ziele führten, erfolgte am 27. Febr. das eventualiter angedrohte Commissorium an den Herrn Kanzleirat Bouchholtz zu Schwerin. Selbiger traf auch bereits am 29. Febr. 1808 hier ein, und entwarf unter Zuziehung der Mitglieder des Quartier-Amts — zu denen inzwischen noch der Herausgeber dieses Werkes als zweiter Deputierter der Eximierten und kraft ihm von denselben erteilter Vollmacht vom 18. Febr. hinzugekommen war — eine Einquartierungs-Liste sowohl der Hausbesitzer, als auch der Miets-Einwohner, wobei alle Verhältnisse, insbesondere auch die der letzteren, sorgsam erwogen und geprüft wurden, darauf aber wahrend seiner viertägigen Anwesenheit hieselbst ein ausführliches Einquartierungs-Regulativ, welches demnächst landesherrlich bestätigt ward. Es war darin besonders als Grundsatz angenommen, dass die Last der Einquartierung von allen Einwohnern der Stadt möglichst gleichmäßig getragen werden und nur in dringenden Notfällen eine Ausnahme davon Statt finden solle, übrigens aber bei einer Truppenzahl von sechs bis siebenhundert Soldaten das volle Haus mit 4, das halbe mit 2 und das Viertelhaus mit 1 Mann zu belegen, auch dies Verhältnis auf stärkere Einquartierungen anzuwenden sei. Die Kosten dieser kommissarischen Regulierung beliefen sich nach der bei den Magistrats-Akten befindlichen spezifizierten Rechnung des Hrn. Kanzleirats Bouchholtz auf 61 Thaler 19 ß N 2/3. und sind zufolge hohen Regierungsbefehls und magistratischer Verfügung im März 1808 aus der hiesigen Kriegs-Kasse bezahlt worden.

Indessen war die hierauf eintretende bessere Ordnung der Dinge mit solchem Opfer nicht zu teuer erkauft. Man hatte nunmehr doch einen festeren Anhalts-Punkt in diesem, den Beamten noch zu neuen „Geschäfts-Zweige“, welcher die Hebung der vorgefallenen Misshelligkeiten erleichterte, und allmählich ein recht gutes Vernehmen unter ihnen herbeiführte. Zwar begab sich noch wieder, von einzelnen Eximierten ausgehend, und nur auf deren individuellen Ansichten basiert, eine Differenz über die Auslegung einiger Punkte des Regulativs, so wie des Bestätigungs-Reskripts, und ward ihrerseits begehrt, dass von dem kommissarischen Enquotement abgewichen, und ein neues, strenge nach dem Steuer-Kataster angefertigtes, grundleglich gemacht werden solle, allein dieser Inzident-Punkt ward nach abgestattetem Magistrats-Berichte bald beseitigt, und zwar mit Recht. Denn von ersterem konnte man, wenn gleich hier und da kleine Lücken darin sein mochten, allerdings rühmen, dass es mit großer Sorgfalt und genauer Rücksicht auf die Vermögens-Umstände der Stadt-Einwohner entworfen, und niemand über die Quote seines Hauses hinauf, wohl aber ein großer Teil der Einwohner herabgesetzt sei, um nicht solche Leute, welche noch einigermaßen ihr Brot hatten, in die Klasse der Armen zu bringen. Es blieb also das darauf begründete Regulativ die Norm der Verteilung der Mannschaft in den zahlreichen Einquartierungs-Fällen, deren Besorgung der gemeinschaftlichen Deputation der drei Stände in späterer Zeit anheim fiel, und in denen sie von dem, derzeit auch bei ihr angestellten, Registrator Sprungk tätig unterstützt wurde.

Fürs erste trat jedoch in ihren Geschäften eine Pause ein, indem Parchim eine Zeitlang von fremden Truppen verschont blieb, weshalb denn hier einstweilen über angenehmere Gegenstände referiert werden kann.

Am 21. Oktober 1808 ward diese Stadt durch einen persönlichen Besuch ihres teuren Landesherrn hochgeehrt und erfreut.

Friedrich Franz der erste — dieser unsterbliche Liebling Seines Volks, wie Er in Beyers „Betrachtungen über die Vergangenheit etc. der Stadt Parchim“ treffend genannt wird — kam hierher zum Bürgerfeste der Dreißiger-Gilde, auf deren gnädigst genehmigte Einladung. Von dem reitenden Jäger-Corps derselben auf der Grenze des Stadt-Gebiets empfangen und in die Stadt begleitet, stieg Er zwar beim Kommandanten, Major von Bülow, ab, verfügte Sich aber bald nachher mit einigen Sein Gefolge bildenden Kavalieren nach dem Frank’schen, späterhin Gastwirt Brusch’schen Haus, woselbst die erwähnte Gilde sich eingefunden und ein Mittagsmahl veranstaltet hatte. Vor dem Essen machten Ihm die Mitglieder des Magistrats teils als solche und teils als Patrone der Gilde, wie auch die in fürstlichen Diensten der höheren Art hier Angestellten, ihre Aufwartung. Bei der hierauf erfolgten Eröffnung des Festmahls zog der edle Fürst außer den Magistrats-Personen und sonstigen hiesigen Behörden auch den Senior der Gilde, Stadtsprecher Simon Hancke, mit zu Seiner Tafel. Auf Seine Gesundheit ward unter Kanonen-Donner und Trompeten-Schall wacker angestoßen, aber auch Er unterließ es nicht, Toaste auf das Wohl der Gilde auszubringen. Nach der Tafel, wobei allgemeiner Frohsinn herrschte, wurde deren Fundations-Brief vom Jahr 1561 — wie er in 12 Artikeln und in seiner plattdeutschen Sprache in Cleemanns Parchimscher Chronik von pag. 339 bis 341 abgedruckt ist — verlesen, und die in der Gilde-Versammlung gebräuchliche Zeremonie beobachtet, auch die Aufnahme einiger neuen Mitglieder vorgenommen. Dem hohen Herrn gefiel der Inhalt jener Urkunde, so wie überhaupt die ganze altertümliche Feierlichkeit so sehr, dass Er schnell den Entschluss fasste, Höchstselbst diesem Verein beizutreten. Beschließen und Ausführen aber gehörte bei Ihm zusammen, und darum ließ Er Sich sofort als aufzunehmendes Mitglied melden. Mit Freuden angenommen, auch zum Patron und Protektor der Gilde ausgerufen, bezahlte Er sofort Sein Eintritts-Geld zur Gilde-Kasse mit 10 Thaler N 2/3. und nahm es gnädigst auf, als ein abermaliges Lebehoch! für Ihn ausgebracht ward.

Sehr natürlich war es, dass diese fürstliche Huld von den „frommen Brüdern“ der Gilde, wie sie in der Stiftungs-Akte genannt werden, dankbarlichst erkannt ward, und in ihnen augenblicklich den Gedanken entkeimen ließ, ob nicht auch außerdem ein besseres Zeichen ihrer Erkenntlichkeit gegeben, und insbesondere irgend ein bleibendes Denkmal des Tages errichtet werden könne, an welchem der Landesherr Sich ihnen so freundlich bewiesen habe. Als nun gleich hierüber eine Beratung angestellt ward, verfiel ihr Anführer und sogenannter Oberjägermeister, der damals hier wohnende Herr Christian Franz Kühm aus Schwerin auf eine hübsche Idee. Er wünschte nämlich Namens der Brüderschaft: dass der Drei und Dreißiger-Gilde ein Platz von 110 Fuß im Quadrat dicht vor dem Kreuztor am Wege nach Slate von Seiten der Stadt zum Eigentum geschenkt werden möge, um auf demselben 33 Stück Linden zu pflanzen, welche sorgsam von ihr gepflegt, auch am 21. Oktober jeden Jahres revidiert werden, und unter deren Schatten noch einst Kinder und Kindeskinder sich erfreuen, so wie der frohen Veranlassung des Ursprungs der Anlage sich erinnern sollten.

Diese Proposition und Bitte ward auch sofort von ihm vorgetragen, und mit dem Gesuche an den durchl. Landesherrn verbunden: dass es der Gilde vergönnt werden möge, dieser Anpflanzung den Namen: „Herzogs-Linden“ beilegen zu dürfen, welches Er gnädigst gewährte, nachdem das anwesende Magistrats-Personal die erbetene Schenkung bewilligt hatte.

Am Spät-Abend beehrte Serenissimus den im Schützenhause veranstalteten Ball mit Seiner Gegenwart und tanzte fleißig mit; am anderen Morgen aber ward er von den berittenen Jägern der Gilde bis an die Landwehr vor Spornitz begleitet.

Am 22. November 1808 ist hier der für beide Gemeinden der Stadt außerhalb des Kreuz-Tors angelegte und mit einer steinernen Mauer befriedigte neue Kirchhof durch eine kräftige Rede des Herrn Pastors Seidel, derzeitigen Senioris Ministerii und Predigers an der St. Marien-Kirche hiesiger Neustadt, feierlichst eingeweiht worden im Beisein der Behörden und vieler Einwohner Parchims. Diese ernste Handlung erhielt aber auch noch dadurch mehr Wert und Bedeutung, dass die allda für die zu den Angesehensten des Orts gehörige Loescher’sche Familie erbaute große Kapelle an demselben Tage zum ersten Male benutzt ward. Bereits vor 12 Jahren war der Herr Hofrat und hiesiger erster Bürgermeister Isaac Johann Loescher in eine bessere Welt hinübergegangen, ein Mann, der sich in seinem Amts-Berufe als ein treuer Vater der Stadt gezeigt, und auch dadurch Gutes zu stiften gesucht hatte, dass er wegen schon damals eingetretener zu großer Anhäufung der Toten auf den in der Stadt befindlichen Kirchhöfen und in den Kirchen selbst, zur Vorbeugung des dadurch für die Gesundheit der Lebenden zu befürchtenden Nachteils, die Anlegung eines großen, beiden kirchlichen Gemeinden gemeinschaftlichen, Kirchhofes im Freien nötig fand und empfahl. Ihm hatte es jedoch nicht gelingen sollen, dies gute Werk zu Stande zu bringen, und erst nach langer Zwischenzeit konnten seine Kollegen und Nachfolger im Amte es allmählich weiter fördern und zuletzt vollenden. Nur so viel war auf seine Verfügung erreicht worden, dass wenigstens seine irdische Hülle kraft hoher Regierungs-Dispensation in einem Gewölbe aufbewahrt werden durfte, welches er in einem seiner damaligen, nahe an unsrer Linden-Allee gelegenen, Ackerstücke hatte anlegen lassen. Nachdem nun aber endlich alle Hindernisse der Errichtung des von ihm erstrebten auswärtigen Kirchhofes entfernt worden, und letzterer dem Publico geöffnet werden sollte, so ward an dessen vorerwähntem Einweihungs-Tage der Sarg des gedachten Herrn Hofrats Loescher wieder ausgegraben, um an der neuen Stelle zuerst beigesetzt zu werden. Ein Leichenwagen, welcher damals hier gehalten wurde (— und wohl wiederum, besonders für die St. Marien-Gemeinde, deren Tote eine gar weite Strecke zu ihrer Gruft getragen werden müssen, zu wünschen wäre —) von den mit schwarzem Tuch behangenen Rats-Pferden gezogen, nahm ihn auf, und führte ihn, vom Magistrate und von vielen Bürgern und Einwohnern gefolgt, unter Geläute aller Glocken der Stadt und unter Trauer-Musik nach dem neuen Friedhof in die dort erbaute Haupt-Kapelle. Auf solche Weise hat diese erste Leiche dort ihre bleibende Ruhestätte gefunden, und das Ganze eine höhere Weihe erhalten. — Zwei grau marmorne in der Vorderfront der Loescher’schen Kapelle eingemauerte Tafeln melden sowohl den Geburts- als den Todestag dieses Verstorbenen, und besagen, dass die Stadt Parchim ihrem würdigen Vorsteher dies Denkmal geheiligt habe.

Parchim, zur Markower Mühle

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Parchim, Wockertal

Parchim, Wockertal

Parchim, Wasserberg

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Parchim, St. Georgen-Kirche

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Parchim, Rathaus

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Parchim, Moltke-Denkmal

Parchim, Moltke-Denkmal

Parchim, Kirche

Parchim, Kirche

Parchim, Elde

Parchim, Elde

Parchim, Buchholz-Allee

Parchim, Buchholz-Allee

Parchim, am Eichberg

Parchim, am Eichberg