Neueste Geschichte der Stadt Parchim - Vom Jahr 1800 bis zum 30. September 1818 - 3. Das Jahr 1807

Aus: Neueste Geschichte der Mecklenburg-Schwerinschen Vorderstadt Parchim vom Jahre 1801 bis 1852. Zur Ergänzung und Fortsetzung der Cleemannschen Chronik
Autor: Icke, Wilhelm Ludwig (17?-18?) Prokurator und Advokat in Parchim, Erscheinungsjahr: 1853
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Parchim, Stadt-Geschichte, Chronik,
Auch im Jahre 1807 hat eine Menge Kriegsleistungen beschafft werden müssen.
Insbesondere ist von den erheblichen Einquartierungen hier zu erwähnen im März, Mai, Juni und September holländischer Werber, und eine Anzahl Rekruten, resp. auf 10 Tage, im April 16 Offiziere und 160 Mann Franzosen, im August von der Equipage des Prinzen von Ponte-Corvo 1 Obrist, 1 Oberstallmeister als Major, 1 Capitain, 10 Offiziere und 179 Pferde, für welche letztere 50 Scheffel Hafer, 35 1/2 Zentner Heu und eben so viel Stroh verabreicht werden müssen, und bis zum 28. Oktober 1807 einschließlich 2 französische Obersten, 1 Kriegs-Commissair, 7 Capitains, 15 Offiziere und 56 Mann.

Unter den Fuhren sind vom Januar bis März 180? mehrere durch Gischower Bauern beschafft mit Lieferungs-Schuhen auch Sattel- und Sielen-Geschirr für die französische Armee, wie auch im März 5 Fuhren mit englischen Waren nach Schwerin.

Letztere betreffend muss hier folgende Erläuterung hinzugefügt werden. Schon vor dem preußischen Kriege hatte Napoleon, um den Handels-Verkehr des ihm feindlichen Englands zu stören, und wo möglich ganz zu unterdrücken, in allen von den Franzosen befestigten Städten harte Maßregeln gegen diejenigen getroffen, welche englische Güter und Waren besaßen, indem sie selbige loskaufen mussten, wenn sie sich derselben nicht beraubt sehen wollten. Noch strenger aber ward es hiermit seit der Publikation des am 24. Nov. 1806 zu Berlin erlassenen kaiserlichen Dekrets, wo durch jeder Verkehr mit Großbritannien verboten, und alles britische Eigentum für verfallen erklärt wurde. In Gemäßheit dieser Verordnung erging auch in Mecklenburg schon im Dezember desselben Jahres eine öffentliche Aufforderung wegen Angabe und Preis-Bestimmung der vorhandenen englischen Kaufmanns-Waren. Unterm 16. Januar 1807 aber wurden selbige auf Befehl des französischen Kaisers förmlich konfisziert, und alle Kaufleute gegen Ende des Februar-Monats angewiesen, ihre anerkannt englischen Waren jeglicher Art an das solcherhalb in Schwerin errichtete Magazin abzuliefern, wo sie meistbietend verkauft werden sollten. Auch die Stadt Parchim ward natürlich von solcher Gewalt-Maßregel nicht ausgenommen, und ihre Kauf- und Handelsleute haben somit zu ihrem nicht geringen Schaden einen Teil ihres rechtmäßig erworbenen Eigentums unentgeltlich hergeben müssen.

Mitten unter diesen Kriegs-Erleidungen konnten indes Parchims Einwohner am 15. Juli 1807 ein fröhliches Fest begehen. Ihrem geliebten Landesfürsten Herzog Friedrich Franz, welcher mit seiner Familie im Anfang der französischen Okkupation nach Altona hatte flüchten müssen, war in Folge der Verwendung des russischen Kaisers Alexander so wie nach Vorschrift des Tilsiter Friedens-Traktats der Besitz seiner Staaten wieder gegeben; Mecklenburg erfreute sich der Rückkehr desselben, so wie seiner am 11. Juli erfolgten Wiedereinsetzung, und alle fürstlichen Beamten wurden ihrer dem französischen Kaiser gemachten Angelobung wieder entbunden. Dies wichtige Ereignis durfte auch hier nicht ohne Zeichen herzlicher Teilnahme und nicht ohne Jubel vorübergehen, und man beeiferte sich vielmehr hiesigen Orts, schon gleich in den ersten Tagen- seine Gesinnungen der Anhänglichkeit und Freude öffentlich zu äußern. Deshalb versammelten sich am gedachten 15. Juli sämtliche Bürger aus den 3 Distrikten der Stadt mit Ober- und Unter-Gewehr erst auf dem Altstädter Marktplatze und dann in der St. Georgen-Kirche, wo in einer Predigt für die Wieder-Erlangung unseres Landesvaters gedankt wurde. Hierauf sang die Gemeinde das alte kräftige Lied: Herr Gott, Dich loben wir, begleitet von 3 Salven aus den Gewehren von 50 auf dem Kirchhofe postierten Bürgern und aus unseren kleinen Kanonen. Nach Beendigung des Gottesdienstes marschierte das Bürger Corps, welchem der Herr Bürgermeister Loescher ebenfalls eine Rede über die Bedeutung des Festes gehalten hatte, nach unserer Linden-Allee, wo selbiges auf Rechnung der Stadt gespeist ward, und, außerdem noch 165 Arme bewirtet wurden. Am Abend war auf dem Schießhause unentgeltliches Tanz-Vergnügen, welchem jeder Bürger mit seiner Familie beiwohnen konnte.

Übrigens wurden im Sommer und Herbst 1807 wiederum häufige Fuhren requiriert, um von hier aus ferner Schuhe und Sielen nach Schwerin, Branntwein nach Sternberg, Mehl und Hafer nach Güstrow, eben dahin mehreres Korn, Heu und Stroh aber nach Wismar zu befördern.

Von den Lieferungen im Jahr 1807 ist, vorerst eine der größeren hier anzuführen, bestehend in resp. 40 und 37 Zentner Heu und Stroh nach Wismar.

Daneben haben in solchem Jahre zur Heizung der Rats- und Quartier-Amtsstube, der Wachen und sonstiger zu militärischem Zwecke dienenden Gebäude 20 Faden Holz à 6 Thaler verbraucht werden müssen, und eben diese Quantität ist schon für die beiden letzten Monate des Jahrs 1806 in Anrechnung gebrachte Endlich aber sind für Medizin- und Lazarett-Kosten mit Inbegriff des für Militär- Beamten gelieferten Weins und des Werts neuer Fensterscheiben, welche statt der im Hospital zerbrochenen eingesetzt werden müssen, 190 Thaler verausgabt worden.

Gegen Ende des Jahrs 1807 ward Parchim zum Orte eines längeren Kantonnements spanischer Kavallerie bestimmt, und es war am 23. Dezember als, unter dem Befehl eines Obristleutnants, 40 Offiziere und 600 Mann nebst 699 Pferden vom Dragoner-Regiment Almanza, zu der mit Frankreich verbündeten spanischen Armee-Division des Generals, Marchese de la Romana gehörig, auf stattlichen Rossen, mehrenteils andalusischen Hengsten, ihren Einzug hieselbst hielten. Zur Ernährung derselben war allerdings ein ansehnliches Fourage-Magazin hier angelangt; es scheint aber in der ersten Zeit dieser Einquartierung noch keine gehörige Ordnung zur täglichen Verabreichung und Entgegennahme der Fourage, so wie zur Erteilung desfallsiger Bons eingeführt gewesen zu sein. Denn Schreiber dieses hat aus den in den konzernierenden Papieren vorgefundenen Annotationen nur ersehen, dass diese Dragoner das für ihre Pferde erforderliche Futter selbst aus dem Magazin geholt, und auf solche Weise 137 1/2 Schfl. Hafer, auch 98 Zentner Heu und eben so viel Stroh verbraucht hätten, so wie, dass ein spanischer Major außerdem noch 165 1/2 Zentner Heu von hiesigen Einwohnern, jedoch gegen Bons, eigenmächtig requiriert habe; doch ist nach baldiger Anstellung ordentlicher Magazin-Verwalter und, freilich mühsam, erreichter näherer Bekanntschaft mit den Anführern der einzelnen Abteilungen des Regiments auch dieser Gegenstand der Administration hinlänglich geordnet, und zu Ende geführt worden.

Parchim, Wasserberg

Parchim, Wasserberg

Parchim, St. Georgen-Kirche

Parchim, St. Georgen-Kirche

Parchim, Rathaus

Parchim, Rathaus

Parchim, Moltke-Denkmal

Parchim, Moltke-Denkmal

Parchim, Kirche

Parchim, Kirche

Parchim, Elde

Parchim, Elde

Parchim, Buchholz-Allee

Parchim, Buchholz-Allee

Parchim, am Eichberg

Parchim, am Eichberg

Parchim, Wockertal

Parchim, Wockertal

Parchim, zur Markower Mühle

Parchim, zur Markower Mühle