Neubrandenburg, den 14. Februar 1825 – Kosten, Posten, Gehälter, Pensionen

Aus: Freimütiges Abendblatt, Band 8 (1826)
Autor: Redaktion - Freimütiges Abendblatt, Erscheinungsjahr: 1826
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg, Neubrandenburg, Stadtgeschichte, Bürgerschaft, Stadt-Verwaltung, Kosten, Gehälter, Pensionen, Sittenbild, Kultur-, Sitten- und Sozialgeschichte
Über die Liberalität unserer öffentlichen Kassenverwaltung hat man gewiss nicht Ursache sich zu beschweren, so drückend auch die Zeiten bisher waren und noch sind.

Im Frühlinge 1818 ward der damalige Kämmerer vom Magistrat zum zweiten Bürgermeister erwählt, und als bald darauf der erste Bürgermeister mit Tode abging, rückte er an dessen Stelle. Der hiesige erste Bürgermeister war sonst auch der landschaftliche Deputierte unserer Vorderstadt bei dem Engeren Ausschusse. Der geschwächte Gesundheitszustand des neuen Bürgermeisters machte ihm jedoch die Bekleidung dieser Stelle, wegen der damit verbundenen vielen und beschwerlichen Reisen fast unmöglich, er trat sie daher an den bald darauf von der Bürgerschaft unter Leitung einer Großherzogl. Kommission erwählten zweiten Bürgermeister ab, und erhielt dagegen von der Stadt eine jährliche Entschädigung von 160 Rthlr. Diese Summe hat er bereits 10 Jahre hindurch, also mit 1.600 Rthlr. erhalten.

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Im Februar 1818 starb der hiesige zweite Prediger. Seiner Witwe ward von der Stadt eine außerordentliche jährliche Pension von 160 Rthlr. bewilligt, welches für dieselbe seit den verflossenen 8 Jahren eine Summe von 1.200 Rlhlr. beträgt.

Im September 1823 wählte man wiederum einen neuen Kämmerer. Dieser wollte diese Stelle jedoch nur unter der Bedingung einer jährlichen Gehaltszulage von 200 Rthlr. annehmen, und da die Bürger-Repräsentanten überzeugt wurden, dass zu dieser Stelle weder hier im Orte, noch in der Nachbarschaft ein anderer dazu passender Mann vorhanden war, so ward die Zulage, welche bis zum kommenden Monat September 600 Rthlr. beträgt, bewilligt.

Zu gleicher Zeit erhielt der zweite Bürgermeister, wegen seiner von ihm dozierten bisherigen angestrengten Mühwaltungen, eine Gratifikation von 100 Rthlr.

Die bedeutende Summe dieser Liste beläuft sich daher schon auf 3.600 Rthlr. Rechnet man hierzu die beträchtlichen Holzzulagen, welche den Mitgliedern des Magistrats, und die Gehalts-, Miets- und Holzzulagen, welche den Schullehrern, wie die Gehalts-Emolumente, die den jüngst angestellten Schullehrern und Lehrerinnen bewilligt worden sind, so möchte man wohl die seit der letzten Bürgermeisterwahl entstandenen außerordentlichen Ausgaben der Stadt auf etwa 6.000 Rthlr. veranschlagen können.

Diese bedeutende Summe hat größtenteils aus der Bürgerkasse, welche bekanntlich alle ihre Zuflüsse aus den Taschen der Gemeindemitglieder erhält, bestritten werden müssen. Denn die Finanzen der Kämmerei sind bekanntlich nicht in den glänzendsten Umständen, ihre Schuldenlast ist in den letzten 10 Jahren verdoppelt und ihr Rechnungswesen ebenfalls nicht gut geordnet.

Dennoch ward vor einiger Zeit von den Bürger-Repräsentanten die Bewilligung einer nicht geringen Pension für die Witwe des verstorbenen Ratssekretärs verlangt, wiewohl die Kassenführung dieses Mannes nach seinem Tode eine große Unzufriedenheit erregt. Die Erklärung der Repräsentanten fiel mit Recht ablehnend aus.

Wie verlautet, sollen diese Männer bei den jetzt noch fortdauernden, die Anstellung eines Vize-Bürgermeisters betreffenden Verhandlungen sich eben so standhaft und patriotisch benehmen, damit besonders in der jetzigen trübseligen Zeit der Stadt hieraus wenigstens keine neue Lasten erwachsen, und die erst vor wenigen Jahren eingeführte neue Stadtverfassung nicht sogleich nach ihrer Entstehung verletzt werde. Die Administrationsgeschäfte, welche der erste Bürgermeister bisher besorgte, können bei der durch seinen Gesundheitszustand bewirkten Abnahme seiner Kräfte sehr wohl unter die übrigen Rats-Mitglieder verteilt werden, etwa gegen eine angemessene Gratifikation, welche von einem Teil des demselben bisher zugeflossenen Gehalts in Hinsicht der ihm entstehenden Erleichterung sehr wohl zu bestreiten ist. Denn die Wahl eines neuen Bürgermeisters würde wenigstens die vorherige, Anstellung eines neuen Senators notwendig machen, wenn anders die Stadtverfassung aufrecht erhalten werden soll, und dann sind neue Ausgaben unvermeidlich.

Der allgemeine Wunsch der gesamten Bürgerschaft endlich, nach so langer Zeit, von der Last der für die Stadtbedürfnisse erhöhten, früher sogar verdoppelten Akzise befreit zu werden, scheint in Hinsicht der oben angeführten bewilligten vielen außerordentlichen Ausgaben, für welche die Bürgerkasse doch eigentlich nicht bestimmt ist, in dieser drückenden Zeit ohne alle weiteren Rücksichten vor allen andern Ausgaben die größte Beherzigung aller derer zu verdienen, denen das Wohl der Stadt anvertraut ist.

Neubrandenburg, alte Wickhäuser

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Neubrandenburg, Dangel-Turm

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Neubrandenburg, Fritz-Reuter-Denkmal

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Neubrandenburg, Rathaus

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Neubrandenburg, Stargarder-Tor

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