Mitteilungen über das Seebad zu Swinemünde 1833

Aus: Wochenschrift für die gesamte Heilkunde. No. 52. Berlin, den 27. Dezember. 1833.
Autor: Kind, Richard Dr. med (1801-1875) Kreis-Physikus und Badearzt in Swinemünde, Erscheinungsjahr: 1833
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Pommern, Usedom, Swinemünde, Seebad, Badeort, Seebadeort, Badewesen, Badekarren, Badesteg, Badearzt, Badekur, Heringsdorf, Ostseebad, Putbus, Baderegeln, Kurgäste, Seeluft, Badekleid, Seewasser, Wannenbad, Herrenbad, Damenbad, Logierhaus, Badediener, Badedienerin, Bademeister, Bademeisterin, Kurort, Badekur, Kuraufenthalt, Streckelberg, Rügen
Das Seebad zu Swinemünde durfte gegenwärtig eines der besuchtesten deutschen Seebäder sein, indem sich im verflossenen Sommer die Zahl der dasselbe besuchenden Fremden auf 1.536 Personen belief, von denen 716 eigentliche Kurgäste waren, die Übrigen aber sich daselbst nur kürzere Zeit zu ihrem Vergnügen aufhielten. Nicht viel geringer war die Zahl der Gaste in den, vorigen Jahren.

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Diese nicht unbeträchtliche Frequenz verdankt die noch nicht zehn Jahre alte Badeanstalt weniger der Vorzüglichkeit ihrer Einrichtungen, die, wenn auch im Allgemeines den Zwecken entsprechend und von Jahr zu Jahr vervollkommnet, doch noch gar manches zu wünschen übrig lassen, als vielmehr dem Zusammentreffen verschiedener begünstigender Umstände.

Unter diesen dürfte wohl die ungemein bequeme, wohlfeile und rasche Kommunikation mit Stettin und Berlin obenan zu stellen sein. Außer den zahlreichen Mietwagen welche die Verbindung zwischen Berlin und Stettin fortwährend unterhalten, geht täglich eine Schnellpost von Berlin nach Stettin und von dort nach Berlin, und zwischen Swinemünde und Stettin sind während der Badezeit zwei Dampfschiffe fortwährend in Fahrt, von denen täglich eins von Swinemünde nach Stettin und das andere von Stettin nach Swinemünde abgeht.

Diese große Annehmlichkeit einer geschwinden und bequemen Reise würde schon allein gar Viele, welche ein Seebad besuchen wollen, bestimmen, Swinemünde den Vorzug vor andern Seebädern zu geben, welche entfernter liegen und nur nach längeren und oft recht beschwerlichen Land- und Wasser-Reisen erreicht werden können.

Für die Bewohner Pommerns, der Marken, Schlesiens und Sachsens ist daher Swinemünde das gelegenste Seebad, und deswegen auch von Fremden aus den genannten Provinzen, besonders aber von den Bewohnern Berlins, zahlreich besucht.

Ein anderer Vorzug Swinemündes besteht darin, dass sich die See selbst dort ganz vorzugsweise zum Bade eignet. Der Strand ist daselbst vollkommen sicher, vertieft sich nur ganz allmählich und besteht aus festem, ganz feinem Sande, der auch nicht das kleinste Steinchen enthält.

Der Wellenschlag, durch keine vorliegende Insel gemäßigt, entsteht bei jedem nördlich zwischen Westnordwest und Ost liegendem Windstriche, und ward schon einige Mal und auch in diesem Jahre, bei stärkerem aus Nordost wehendem Winde, welcher besonders im Spätsommer, der eigentlichen Badezeit, oft ziemlich anhaltend ist, so heftig, dass er die festgerammten Pfähle der Badestege aushob, die Badehütten umwarf, forttrieb und zum Teil zerstörte. Es versteht sich von selbst, dass in einem solchen Falle für die möglichst baldige Herstellung der Bade-Anstalten gesorgt wird.

Es ist Ärzten zu bekannt, als dass es hier noch einer Erwähnung bedürfte, dass die kräftigende Wirkung der Seebäder ganz besonders von der Stärke des Wellenschlages abhängig ist. Von der Richtigkeit dieses Satzes ist Jeder, der jemals Seebäder genommen, durch seine Empfindung unmittelbar überzeugt, wenn auch die theoretische Erörterung dieses Erfahrungssatzes ziemlich schwierig sein möchte. Weniger bekannt unter den Ärzten scheint es jedoch zu sein, dass sich die im Spätsommer und beginnendem Herbste genommenen Seebäder im Allgemeinen als heilkräftiger bewähren, als die mehr im Frühsommer genommenen, und eben so, dass zum gründlichen Gebrauche einer Seebade-Kur eine doppelt so lauge Zeit erforderlich ist, als zum Gebrauche der meisten Brunnenkuren, indem teils viele Kurgäste sich nicht sogleich mit dem Gebrauche der Seebäder recht vertragen können, ja zuweilen einer Vorbereitung dazu durch kühle Wannenbäder bedürfen, teils öfter durch Witterung und leichtes Übelbefinden, das weibliche Geschlecht auch während der Katamenien, einige Tage vom Baden abgehalten werden, und doch zu einer nur einigermaßen vollständigen Badekur wenigstens 35 Morgenbäder gehören.

Ganz unzweckmäßig aber und in vielen Fällen erfahrungsmäßig recht nachteilig ist es, durch tägliches zweimaliges Baden die Zeit der Badekur abkürzen zu wollen; obschon auch einige, doch nur die wenigsten Individuen es leidlich vertragen, täglich zwei Seebäder zu nehmen, die allerwenigsten aber — vielleicht mir Epileptische, mit andern schweren klonischen Krämpfen behaftete und Geisteskranke — von dem täglich zweimal genommenen Bade besonderen Vorteil erwarten dürfen.

Diese zwar schon oft vorgetragenen Bemerkungen lasse ich hier eine Stelle finden, weil das zu frühe Ankommen und zu kurz berechnete Verweilen vieler Badegäste mich davon überzeugt hat, dass manche meiner Herren Kollegen auf dem Kontinent diese Erfahrungssätze weniger zu beherzigen scheinen, und um sie zu ersuchen, ihre Kranken in der Regel nicht vor dem 10. Julius in die Ostseebäder zu schicken und denselben gleich anzukündigen, dass wenigstens sechs, unter Umständen auch acht Wochen zu der Kur erforderlich, die Herbstbilder aber (in der zweiten Hälfte des Augusts und bis gegen Ende des Septembers,) die kräftigsten und besonders bei Nervenkrankheiten die wirksamsten sind.

Nach dieser kurzen mir notwendig scheinenden Abschweifung kehre ich zur Beschreibung Swinemündes mit der dortigen Badeanstalten zurück.

Das Städtchen Swinemünde liegt auf der südlichen Seite einer schmalen Landzunge der Insel Usedom, unmittelbar an dem großen Hafen, welchen der hier 2.200 Fuß breite Swinestrom bildet.

Nördlich von Swinemünde befindet sich ein von angenehmen Spazierwegen durchschnittenes kleines Laubgehölz, die Hafenplantage genannt, durch welches man zu Fuß in 8 bis 10 Minuten zur See gelangt.

Diesen kurzen Weg pflegen die Herren zu Fuß zurückzulegen. Dadurch wird die an mehreren andern Seebade-Orten erforderliche, nicht unbeträchtliche Ausgabe für Mietwagen erspart. Die Damen, deren Badeplatz 10 Minuten weiter westlich liegt, fahren auch hier in der Regel zum Bade, und geben für eine Fahrt nach ihrem Badeplatze und von da zurück à Person einen und einen halben guten Groschen.

Das Städtchen vermag eine große Anzahl Fremder aufzunehmen, indem es für seine Einwohnerzahl, 4.500 Seelen, ungemein weitläufig gebaut und fast jedes Haus so eingerichtet ist, dass die Bewohner desselben während der Saison den größten Teil der Vordergebäude den Fremden einräumen können. Die bei weitem angenehmsten Wohnungen sind die am Bollwerk mit der Aussicht auf den beständig von größeren und kleineren Seeschiffen und unzähligen Booten belebten Hafen. Auch die Quartiere in der Königsstraße, der Lotsenstraße, der Lindenstraße und der neuen Straße, so wie am großen und kleinen Markt sind empfehlenswert. Die Straßen sind sehr breit und reinlich, die Häuser meistenteils nur einstöckig und nicht dicht an einander liegend; fast vor jedem Hause befindet sich ein umzäunter Sitzplatz.

Ein sehr großes gut eingerichtetes Familien-Quartier mit Stallung, Remise usw., gut möbliert und mit etwa fünf Stand Betten kostet für die Saison ungefähr 100 Rthlr. Kleinere Familien-Quartiere mit weniger angenehmer Aussicht kosten 25, 30 bis 50 Rthlr.; ein Zimmer nebst Schlafkabinett für einen Einzelnen kostet 15 bis 20 Rthlr., und es macht dabei keinen Unterschied, ob die Fremden 4, 6 oder 10 Wochen hier bleiben. Nur versteht es sich von selbst, dass, wenn sie den Ort vor Beendigung der Badezeit (den 20. Sept.) verlassen, sie nicht anderweitig über das Quartier disponieren können.

Zum Gebrauch der kalten Seebäder selbst sind am Strande an zwei verschiedenen gehörig von einander entfernten Stellen Badeplätze abgesteckt, deren Grund alljährlich aufs Neue durch Sachverständige sorgfältig untersucht wird. Der mehr östlich gelegene Badeplatz ist dem Gebrauche der Herren bestimmt, der Badeplatz für die Damen liegt weiter westwärts, und es führt zu demselben ein anderer Weg, so dass in dieser Hinsicht die Schicklichkeit auf keine Weise verletzt wird.

Es sind am Strande eine hinreichende Anzahl von Badehütten, d. h. kleine möblierte hölzerne Häuser, in welchen man sich aus- und ankleidet, auch in der See selbst einige, der Zahl nach aber noch nicht den Bedürfnissen entsprechende Badekarren eingestellt. Zu den letzteren gelangt man mittelst einer, in die See etwa 80 bis 100 Fuß weit geführten Brücke, Badesteg genannt, welche zugleich dazu dient, dass diejenigen Badenden, welche sich nicht in einem Karren, sondern in einer Badehütte auskleiden, über dieselbe gehen, um nicht so weit durch das flache Wasser waten zu, müssen, indem, wie schon erwähnt, die See sich bei Swinemünde so ungemein sanft vertieft, dass man erst 50 und mehr Schritte weit waten muss, ehe man eine Wassertiefe von etwa drei Fuß erhält.

Da es sich aber beim Gebrauche der kalten Seebäder hauptsächlich darum handelt, dass der Badende möglichst geschwind in das kalte Wasser gelange, zum Bade nur wenige Minuten verwende, und demnächst eben so geschwind das Bad verlasse und sich durch Reiben und rasches Ankleiden sofort vollkommen erwärme, so dürfte das langsame Hineintreten in die See, und noch mehr das langsame Herauswaten aus derselben, zur gänzlichen Verfehlung des Heilzwecks führen. Deswegen hat man überall, wo Seebäder eingerichtet sind, durch Vorrichtungen, die den überall verschiedenen Lokal-Verhältnissen entsprechen, das geschwinde Baden möglichst bequem zu machen gesucht.

Durch die Badestege oder Badebrücken wird hier diesem Zwecke möglichst genügt, obschon bei sehr niedrigem oder sehr hohem Wasserstande, welcher hier sehr veränderlich ist, die Stege in jenem Falle zuweilen zu kurz, in diesem zu lang sind.

Die Stege aber so weit in die See zu führen, dass sie auch bei dem niedrigsten Wasserstande ihren Zwecken ganz zu entsprechen und doch bei Sturm der Gewalt der Wellen zu widerstehen vermögen, ist eine Aufgabe, welche bis jetzt noch ungelöst geblieben ist.

Die Badekarren gewähren den Vorteil, dass die Badenden sogleich aus dem Karren in die See steigen, während diejenigen, welche sich einer Badehütte bedienen, entkleidet und nur in einen wollenen Mantel gehüllt, 60 bis 80 Schritte über Strand und Steg gehen müssen, um in die See zu gelangen, und eben so diesen Weg zurück zu legen haben, ehe sie sich nach genommenem Bade wieder ankleiden können.

Dies ist bei übler Witterung nicht eben angenehm, nachteilig aber nur in sehr wenigen Füllen, indem der Eindruck der See selbst auf den Körper so gewaltsam und die Reaktion desselben gegen diesen Eindruck so lebhaft ist, dass die Einflüsse der Witterung nicht empfunden werden. So allein dürfte die durch die Erfahrung ganz festgestellte Erscheinung erklärlich sein, dass sich Niemand beim Seebade erkältet, und dass zarte Damen, welche sich sonst vor jedem Lüftchen fürchten und zu fürchten Ursache haben, ohne allen Nachteil beim Gebrauche der Seebäder sich Viertelstunden lang ganz entkleidet und nur von einem weiten wollenen, bis zum Knie reichenden Mantel umgeben, dem heftigsten Sturm und Regen aussetzen und dabei einstimmig behaupten, sich nie so wohl gefühlt zu haben, als nach einem solchen Bade, wo Sturm und Wellenschlag ihnen das Aufrechtstehen in der See unmöglich machten.

Während der Badestunden, das ist Morgens von 6 bis 12, und Nachmittags von 4 bis 8 Uhr, befindet sich auf den Badeplätzen außer dem Bademeister und der Bademeisterin, welche nur die polizeiliche Aufsicht zu führen, die Bademarken anzunehmen und die Hütten oder Karren aufzuschließen haben, sonst aber den Badenden keine Dienste leisten dürfen, eine hinreichende Zahl von Badedienern und Badedienerinnen, welche auf Verlangen für einen geringen Lohn den Fremden beim Aus- und Ankleiden helfen, sie auch in das Bad selbst begleiten; Dienste, deren besonders Damen nicht füglich entbehren können.

Diese Badediener und Badedienerinnen begießen auch auf Verlangen die Badenden von einer gewissen Höhe mit kaltem Seewasser, wozu sie sich am zweckmäßigsten lederner sogenannter Feuereimer bedienen.

Gemütskranken, Epileptischen und besonders allen denjenigen Personen, welche an nervösem Kopfweh leiden, tun diese Begießungen außerordentliche Dienste.

Zum Gebrauch der kalten Dusche, die bei Lähmungen einzelner Glieder, bei örtlichen Schmerzen und besonders bei Rückenmarksleiden, wenn diese sich überhaupt für das Seebad eignen, sich als sehr wirksam bewährt, befinden sich am Strande besondere kleine Häuser, in welchen dies Geschäft vorgenommen wird.

Warme Seebäder werden in dem dazu erbauten Badehause bereitet. Es befindet sich hinter den Dünen in der Hafenplantage an dem Wege, welcher zu dem Strande fuhrt, und ist zwischen Laubgehölz sehr hübsch gelegen.

Da der Salzgehalt des Ostsee-Wassers im Vergleich mit dem des Wassers der Nordsee, des mittelländischen Meeres oder gar des atlantischen Ozeans nur gering ist, eine Eigenschaft, welche beim Gebrauche der kalten Bäder vielleicht kaum in Betracht kommt, bei warmen Seebädern aber gar sehr zu berücksichtigen ist, so pflegen. Wenn es von den Fremden verlangt wird oder vom Arzt es angeordnet ist, die warmen Seebäder durch den Zusatz von Seesalz auf beliebige Weise verstärkt zu werden, so wie man gegenteils die warmen Nordseebäder in vielen Fällen mit süßem Wasser zu mischen genötigt ist.

Gewöhnlich wird in Swinemünde zu einem warmen Seewasserbad für einen Erwachsenen ein Pfund Seesalz zugesetzt.

Kranke, welche im Allgemeinen der kalten Seebäder bedürftig sind, aber wegen habitueller Störungen der Assimilationsorgane kalte Seebäder nicht vertragen können, pflegen ungemeinen Nutzen von dem Gebrauch warmer Seewasserbäder, welche mit Schwefelleber versetzt sind, zu empfinden. Auch Gichtischen und Herpetischen, wenn sie aus Gründen irgend einer Art sich nicht für den Gebrauch kalter Seebäder eignen, leisten diese geschwefelten Seebäder wesentliche Dienste. Gewöhnlich werden zu einem solchen Bade für einen Erwachsenen 4 Loth kalische Schwefelleber zugesetzt, und dasselbe auf + 28 Grad Reaum. erwärmt.

Die einfachen warmen Seewasserbäder werden, wenn man sich derselben fortwährend bedient, gewöhnlich auf + 25—26 Grad Reaum. erwärmt. Wer jedoch allein in der Absicht, um sich durch laue und kühle Wannenbäder zum Gebrauch der kalten Seebäder vorzubereiten, das Badehaus besucht, nimmt gewöhnlich nur drei Bäder, eins zu 24 Grad auf 15 Minuten, eins zu 22 Grad auf 10 Minuten, und ein drittes zu 20 Grad auf höchstens 5 Minuten.

Wannenbäder, welche kälter sind als 20 Grad, sind eben so unangenehm als unnütz, indem nach Wirkung und Empfindung ein Wannenbad von 20 Grad und ein Bad in der offenen See von 13 oder 14 Grad sich ganz gleichen, oder gar das Letztere weniger unangenehm und weniger aufregend ist als das Erstere.

Die meisten von den Kranken, welche sich überhaupt für das Seebad eignen, bedürfen dieser Vorbereitungsbäder nicht. Doch kommt es bei der Entscheidung dieser Frage nicht allein auf die Konstitution des Kranken, sondern auch und hauptsächlich auf die Witterung und auf die Wärme der See an.

Die meisten Fremden nehmen diese Vorbereitungsbäder ungern, teils weil sie glauben, dadurch in ihrer Kur aufgehalten zu werden, teils weil diese Bäder der Empfindung nach nicht angenehm sind.

Andererseits gewähren diese Vorbereitungsbäder den Vorteil, dass dadurch die ganz eigentümlichen unerträglichen Kopfschmerzen, welche der Gebrauch der kalten Seebäder manchen Personen, auch bei aller Vorsicht, verursacht, in den meisten Fällen vermieden werden. Ich sage in den meisten Fallen, denn fast jährlich sind einzelne Badegäste, wenn sie auch alle Wege einschlagen, die ihnen, oft so notwendigen und von ihnen so gewünschten kalten Seebäder vertragen zu lernen, dennoch genötigt, davon gänzlich abzustehen, weil die bei ihnen auf jedes Bad folgenden und oft schon in dem Augenblick, wo sie einen Fuß in die See setzen, oder, was wirklich wunderbar ist, sich nur der See nähern, beginnenden heftigen Kopfschmerzen ihnen den Fortgebrauch der kalten Seebäder geradezu unmöglich machen.

In diesen, glücklicher Weise nur sehr seltenen Fällen, helfen die nach Umständen sonst bei dem häufig nach kalten Seebädern sich einstellendem Kopfweh heilsamen Mittel (Aderlässe, Blutegel, Abführung, Fußbäder bei Plethora, oder gegenteils bei großer Reizbarkeit und Schwächlichkeit bittere Mittel, Eisentinkturen, warme und geistige Getränke vor dem Bade genommen usw.) ganz und gar nichts.

Es muss dies auf einer ganz eigentümlichen, bleibenden, oder auch vorübergehenden Disposition beruhen, indem einige dieser Personen überhaupt niemals die Seebäder vertragen, andere aber, welche das Baden in der See, als etwas ihnen ganz unmögliches, der entsetzlichen Kopfschmerzen wegen, bereits aufgegeben hatten, nach etwa 14 Tagen, ohne in der Zwischenzeit etwas für ihre Gesundheit unternommen zu haben, wieder einen Versuch damit machten, der zu ihrer Zufriedenheit ausfiel, dann täglich in der offenen See badeten und nie wieder darnach Kopfweh bekamen.

In einem Zimmer des Badehauses befindet, sich eine Vorrichtung zum Gebrauch der kalten Duschaszendent. Bei Fluor albus, bei Krankheiten der Prostata, bei gewissen Hämorrhoidalleiden bewährt sich die Anwendung derselben als ungemein heilsam. Scrophulösen Kindern pflegt es besonders gut zu bekommen, wenn sie bei täglichem Genuss der Seeluft am Strande, die noch gar nicht genug geschätzt und benutzt wird, anfangs etwa 14 Tage hintereinander zu + 26 Grad Reaum. erwärmte, mit einem halben Pfunde Seesalz versetzte Seebäder nehmen, und erst später, nach einer Pause von etwa 8 Tagen, in der offenen See gebadet werden, vorausgesetzt, dass sie ganz gutwillig in die See gehen, wozu doch Viele durch Beispiel und Ermahnungen sich bewegen lassen. Jedoch Gewalt dabei zu gebrauchen, halte ich für unverantwortlich, und habe davon die schrecklichsten Folgen gesehen.

Kinder unter vier Jahren eignen sich im Allgemeinen und mit sehr wenigen Ausnahmen gar nicht für den Gebrauch der kalten Seebäder.

Überhaupt wird hier mit dem Kaltbaden der Kinder, ungeachtet aller Abmahnungen von meiner Seite, unglaublicher Unfug getrieben. Ich habe da immer mehr Veranlassung, vor dem Missbrauch der Seebäder zu warnen, als zu dem Gebrauch derselben aufzufordern.

So viel von den eigentlichen Badeanstalten, an deren Verbesserung und Erweiterung fortwährend gearbeitet wird.

Unmittelbar an der See, eine kleine Meile von Swinemünde, liegt auf einer Anhöhe der reizende Ort Heringsdorf. In der Regel wählen Fremde, um die Seeluft zu genießen, den Weg dahin am Strande, obschon noch ein anderer sehr angenehmer Weg durch die Heide nach Heringsdorf führt, welchen man bei stärkerem Nordwind vorzieht. In Heringsdorf, von wo aus man eine imposante Aussicht auf die den steilen Abhang bespülende See hat, ist ebenfalls ein kleines, alljährlich von einigen Familien, welche die ländliche Stille dem Aufenthalt in dem lebhaften Städtchen Swinemünde vorziehen, besuchtes Seebad. Dieselben wohnen in einzeln stehenden, zwischen hochstämmigen Buchen sehr romantisch gelegenen Häusern. Ein ziemlich geräumiges Gesellschaftshaus enthält einen hübschen Salon und einige Zimmer nebst einer Restauration.

Weniger von Fremden besucht ist das am Wolgastsee sehr hübsch gelegene Dorf Corswandt und der eine starke Meile jenseits Heringsdorf gelegene ziemlich hohe Streckelberg, von wo aus man die Inseln Oie, Rüden und Rügen erblickt.

Endlich wird auch von vielen Fremden, deren Zeit und Verhältnisse es erlauben, von hier aus eine kleine Reise nach der so interessanten Insel Rügen unternommen.

Einige Male während der Badezeit geht ein Dampfschiff von Swinemünde nach Putbus, wodurch diese Reise weniger kostspielig wird und weniger Zeitaufwand fordert, als wenn man den Landweg über Greifswald wählt.

So viel von den Lokal-Verhältnissen des Seebades zu Swinemünde.

Aus dem Mitgeteilten geht gewiss hervor, dass Swinemünde für Fremde ein höchst angenehmer Aufenthaltsort und auch als Seebad ganz besonders empfehlenswert ist. Geschieht nun noch, wie jetzt zu hoffen steht, von Seiten des Staats etwas Wesentliches zur Erweiterung und Verbesserung der hiesigen Anstalten, so wird Swinemünde, vermöge seiner Lokal-Verhältnisse, vielleicht nach wenigen Jahren unter den Seebädern Deutschlands eines der besuchtesten sein.

Ostseebad Swinemünde, Badehütte und Strandkörbe vor der Dünenstraße

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Ostseebad Swinemünde, Strandpromenade, Blick in Richtung Westen

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Ostseebad Swinemünde, Osternorhafen

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Ostseebad Heringsdorf, Familienbad

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Ostseebad Heringsdorf, Strandpromenade und Kurhaus

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Ostseebad Heringsdorf, Seebrücke

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Ostseebad Heringsdorf, Strandleben

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Bademode um 1900 am Ostseestrand

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Badenixe um 1900

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Badefreuden um 1890

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Bademode und Bakarren um 1900

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Badenixe 1930

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Strandspaziergang

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