Mecklenburg, von 1196 bis zum Eintritt in den deutschen Reichsverband 1225

Aus: Geschichte von Mecklenburg von der ältesten bis auf die neueste Zeit
Autor: Dehn, Wilhelm Heinrich Martin (1801-?) Mecklenburger Theologe und Pädagoge, Autor von Schulbüchern, Erscheinungsjahr: 1836
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Mecklenburg, Landesgeschichte, Sitten-, Kultur- und Sozialgeschichte, Landeskunde, Geschichtsschreiber, slawische Völkerschaften, Slawen, Wenden, Obotriten, Wilzen, Anten, Lutezier, Kanut Leward, Pribislav, Niklot, Ostseeküste, Schwerin, Wismar, Doberan, Bützow, Güstrow, Schwaan, Oldenburg, Lübeck, Razisburg (Ratzeburg), Rugier, Rügen, Pribislav, Rostock, Adolf von Hostein, Graf Reinhold von Dithmarschen, Demmin, Casimir, Bogislav, Erzbischof Hartwig von Hamburg, Heinrich von Schwerin, deutscher Reichsverband, Plau, Penzlin, Parchim, Güstrow, Röbel, Bukow, Schönberg, Wismar, Adolf von Schaumburg, Gadebusch, Lübeck
22. Nach der endlichen Beilegung mehrjähriger unangenehmer Streitigkeiten im Jahre 1195, die Heinrich Borwin mit dem Domkapitel in Schwerin nach dem Tode des Bischofs Berno hatte, weil die Domherrn ihm nicht das Recht der Wiederbesetzung der erledigten Stelle zugestehen wollten, und die dadurch nur zuletzt ihr Ende erreichten, dass durch päpstliche Vermittlung für dies Mal der von Heinrich Borwin erwählte Bischof Brunward in der ihm gewordenen Würde erhalten, für die Folge aber die Besetzung von der Wahl des Kapitels abhängig sein sollte, trat ein Ereignis ein, das die wendischen Fürsten auf den Kriegsschauplatz führte und für sie von den wichtigsten Folgen wurde. Der Markgraf Otto II. von Brandenburg war nämlich mit dem Könige Kanut 1198 wegen einiger wendischer Grenzdistrikte in Krieg verwickelt worden und Letzterer erließ als Lehnsherr ein Aufgebot an Heinrich Borwin und Nicolaus, ihm mit ihren Kriegsscharen zuzuziehen. Mit Otto verbündeten sich Graf Adolf von Holstein und Adolf von Dassel, der nach dem Absterben des kinderlosen Grafen Bernhard von Ratzeburg, durch Verheiratung mit der nachgelassenen Witwe desselben, zu dem Besitze dieser Herrschaft gelangt war. Der Krieg währte lange, ohne durch irgend ein Ereignis von entscheidender Wichtigkeit beendigt zu werden. Endlich kam es 1201 bei Waschow im Amte Wittenburg zu einem Haupttreffen, das Adolf von Dassel verlor; den Sieg aber erkaufte Fürst Nicolaus durch seinen Tod. In der Kirche zu Doberan ward seiner irdischen Hülle eine Stätte. In Folge dieses glänzenden Sieges eroberte Kanut nicht nur die Grafschaft Ratzeburg, wozu das Land Wittenburg mit Zarrentin und Hagenow und das Land Gadebusch mit Rehna gehörten, sondern auch Lauenburg und Holstein gerieten in die Gewalt der Dänen und selbst das freie Lübeck musste ihnen seine Tore öffnen. Daher nannte denn, da Kanut sein Glück nicht lange überlebtes (†1202), sein Nachfolger Waldemar II. sich einen König der Dänen und Wenden und Herrn von Nordalbingien. Ein herrschsüchtiger Machthaber schaltete er in den seiner Gewalt unterworfenen Ländern mit der ungerechtesten Willkür, und als die Grafen Heinrich und Gunzelin II. von Schwerin — der ältere Bruder (s. 21) hatte der Regierung wieder entsagt — in eine Fehde mit einem gewissen Johann Gans, dessen Burg Grabow sie brachen, verwickelt waren, überzog es sie plötzlich 1208 mit Heeresmacht, eroberte die ihnen gehörende Feste Boitzeburg und vertrieb sie aus der von ihm verwüsteten Grafschaft, in welche er sie erst nach mehreren Jahren 1214 als seine Vasallen wieder einsetzte, ohne ihr früheres Lehnverhältnis mit dem Herzog Bernhard, der das Heinrich dem Löwen entrissene Herzogtum Sachsen empfangen hatte, weiter zu achten. Der deutsche Kaiser Friedrich II. schwieg nicht nur zu diesen Eingriffen in in seine Hoheitsrechte, sondern bestätigte selbst Waldemar in dessen Eroberungen, um an ihm einen Verbündeten zu erwerben.

23. Was Heinrich Borwin betrifft, so hatte er, nachdem der Kinderlose Nicolaus von Rostock in der Schlacht bei Waschow gefallen war, beide Landesteile wiedervereinigt und suchte, obgleich in völliger Abhängigkeit von Waldemar , seinen besten Kräften das Wohl seiner Untertanen zu fördern, indem er die verödeten Gegenden durch deutsche Kolonisten bevölkerte, neue Städte anlegte und mehrere geistliche Stiftungen gründete, wohin das Nonnenkloster zu Parchow, das er später nach Sonnenkamp (Neukloster) verlegte, und die Wallfahrtskapelle zu Tempzin gehören. Ebenfalls suchte er dem Seehandel aufzuhelfen und schaffte das barbarische Strandrecht ab. In späteren Jahren (1217) wohnte er noch einem Kreuzzeuge wider die heidnischen Esten und Liven bei. Nach seiner Rückkehr beschloss er den Abend seines Lebens, fern von den drückenden Mühen und Sorgen der Herrschaft, in friedlicher Stille zu vollbringen. Er teilte das Land unter seine beiden Söhne, die während seiner Abwesenheit bereits die Regierung verwaltet hatten; Heinrich Borwin (II.) erhielt 1219 das Land Rostock und Werle, Nicolaus (II.) aber Mecklenburg. Eide Fürsten setzten sich die Aufgabe, ihrem Vater nachzustreben und seine Regententugenden auch zu den ihrigen zu machen.

24. Inzwischen bereitete sich ein Ereignis vor, das in seinen wichtigen Folgen das ganze Land berühren und die Verhältnisse desselben gänzlich umgestalten sollte. Der herrschsüchtige Waldemar hatte nämlich, wie wir gesehen haben (s. 22.), die Grafen von Schwerin wieder in ihr Erbe eingesetzt und sie lehnspflichtig gemacht. Die Gründe, welche ihn zu dieser Gnadenerweisung damals bewogen, sind der Geschichte unbekannt; dass seine Absichten aber gewiss keine redlichen waren, lehrt der Fortgang der Begebenheiten. Zuerst musste Graf Gunzelin seine Tochter Ida einem natürlichen Sohne Waldemars, dem Grafen Nicolaus von Holland, zur Ehe geben und demselben einen Teil der Grafschaft als Heiratsgut verschreiben. Als der Tod ihn nun dem Irdischen entrückte und sein Bruder Heinrich sich eben auf einer Wallfahrt nach dem gelobten Lande befand, nahm Waldemar ohne Weiteres von der Grafschaft unter dem Vorwande Besitz, dass es zu Gunsten seines aus jener Ehe entsprossenen Enkels Nicolaus geschehe, dessen Eltern bereits verstorben waren. So fand Graf Heinrich die Dinge umgewandelt, als er von 1222 Palästina heimkehrend, den Boden des Vaterlandes wieder betrat. Sogleich begab er sich zu Waldemar, der mit der Jagd sich vergnügend, sich auf einer kleinen Insel bei Fühnen aufhielt. Vergeblich blieben alle von Heinrich erhobene Vorstellungen, um auf friedlichem Wege sein geraubtes Eigentum wiederzuerlangen; da kam ein kühner Gedanke in ihm zur Reife, den das Glück gelingen machte. Im Dunkel der Nacht überfiel er mit wenigen Getreuen den König und seinen ältesten Sohn, brachte Beide auf das in Bereitschaft gesetzte Fahrzeug, erreichte ungefährdet die wendische Küste und führte die Gefangenen erst nach Lenzen und dann in das feste Schloss des ihm befreundeten Grafen von Danneberg. Mit Freude und Jubel wurde allenthalben die Kunde von dem Gelingen dieser verwegenen Tat empfangen und selbst Kaiser Friedrich nahm die Nachricht wohlgefällig auf, da die Verhältnisse jetzt anderer Art waren, als damals, wo Waldemar von ihm die Bestätigung seiner Eroberungen erhielt. Da nun die öffentliche Stimmung sich so günstig für Heinrich aussprach, so spannte derselbe seine Forderungen auch so hoch, dass so wenig der König, wie die um seine Freiheit unterhandelnden dänischen Reichsstände selbige zugestehen wollten. Sie vertrauten lieber dem alten Glücke, das früher den Sieg an ihre Fahnen geknüpft hatte, und das Los der Schlacht sollte die Entscheidung geben. Es fehlte dem kühnen Grafen Heinrich nicht an Verbündeten, zu welchen Fürst Heinrich Borwin von Rostock und Werle und der Erzbischof Gerhard von Bremen gehörten; die dänischen Kriegsscharen führte Waldemars Schwestersohn, Graf Albert von Orlamünde, der nach Adolfs von Holsteins Vertreibung (s. 12) das frühere Nordalbingien und Polabien (Ratzeburg) als des Königs Statthalter beherrschte. Bei Mölln stießen die Heere 1225 zusammen; die Dänen wurden geschlagen und Graf Albert selbst gefangen. Dann ward die dänische Besatzung aus Schwerin vertrieben und der gefangene Dänenkönig mit seinem Sohne im dortigen Schloss verwahrt. Jede Hoffnung zur Lösung seiner Fesseln musste Waldemar, nunmehr aufgeben, wenn er ferner die ihm gemachten Friedensbedingungen, ausschlug. Diese waren hart für ihn, doch durfte er sie nicht verwerfen, wollte er, anders, die Pforten seines Gefängnisses geöffnet sehen. Außer der Zahlung von 45.000 Mark Silber, musste er, mit Ausnahme der Insel Rügen, auf alle Besitzungen diesseits der Eider verzichten, darauf einen Eid ablegen, alle Zusagen getreu erfüllen zu wollen und drei jüngere Söhne als Geißeln stellen; dann erst ward er aus der Haft entlassen. So hatte ein von Land und Leuten vertriebener Graf einen der mächtigsten Könige seiner Zeit besiegt und Dänemarks Herrschaft auf deutschem Boden für immer vernichtet; die wendischen Fürsten aber traten aus freien Stücken als unmittelbare Fürsten in den deutschen Reichsverband. Von der Grafschaft Ratzeburg war Wittenburg an den Grafen Heinrich von Schwerin, Gadebusch an das Fürstentum Mecklenburg gekommen; der übrige Teil der Grafschaft fiel an Sachsen. Holstein bekam Adolf von Schaumburg, des entsetzten Grafen Adolf von Holstein Sohn und Heinrichs Verbündeter; Lübeck war eine freie Reichsstadt geworden. In dieser Zeit hatte bereits das Christentum feste Wurzeln in Mecklenburg geschlagen und die heidnischen Altare gestürzt; dabei war die wendische Sprache nach und nach durch die deutsche verdrängt; die lateinische diente als Schriftsprache. Unter den neuerstandenen Städten werden, außer den bereits vorgekommenen, Plau, Penzlin, Parchim, Güstrow, Röbel, Bukow, Schönberg und Wismar genannt.

Schwerin - Altes Schloss.

Schwerin - Altes Schloss.

Schwerin - Altstadt 1842.

Schwerin - Altstadt 1842.

Schwerin - Neustadt.

Schwerin - Neustadt.

Achwerin - Altstadt 1740.

Achwerin - Altstadt 1740.

Schwerin - Dom.

Schwerin - Dom.

Schwerin - Amtsstraße 1839.

Schwerin - Amtsstraße 1839.

Schwerin - Schloßgarten.

Schwerin - Schloßgarten.

Schwerin.

Schwerin.

Schwerin - Paulstadt.

Schwerin - Paulstadt.