Auf dem Reiseweg

Sehr interessant ist das Monastyr St. Gièrge, zwei Stunden von Warschau gelegen.
Gleichsam anheimelnd aber berührte mich das Schloss des Fürsten Sobieski, König Jan III. des bekannten Türkenbesiegers. Schon der einstündige Weg nach Schloss Willanow erinnert an die preußische Heimat. Ziemlich rumpliges Pflaster mit Baumpartien in der Mitte der Straße mahnt an die Danziger nach dem Werder führenden Straßen, Langgarten und Kneipab, aber treffliches Fuhrwerk, das neben den unvermeidlichen Droschky besteht, hilft über die Schwierigkeiten hinweg. Hübsche Alleen mit Landhäusern lassen uns der schönen Danziger Allee gedenken. Rohrdächer, Windmühlen, Felder und Zäune an der Chaussee erinnern an den Weg von Oliva nach Zoppot; der links abgehende Landweg den wir befahren, mit Steinpflaster in der Mitte, mit seinen Gräben, Weiden, Rübenfeldern und Rohrdachhütten an die Danziger Niederung. Und dann plötzlich bei der Einfahrt in den Schlosspark ruft uns die ganze Anlage, obgleich grandioser ausgeführt, lebhaft das Schloss Oliva ins Gedächtnis. Daher kann ich mir es erklären, weshalb die Polen sogern nach Westpreußen zur Badesaison kommen, weil sie im gleichartigen Weichselgebiet ein Stück der eigenen Heimat wiederfinden. Man fährt beim fürstlich Sobieskischen Schloss, das jetzt dem Enkel, Grafen Potocki, gehört, vor der neuen gräflichen Kirche vor und geht von da durch die Parkanlagen zum alten Schlosspark mit seinen hohen uralten sorgfältig verschnittenen Hecken, und über den großen Rasenplatz in den mittleren Schlossbau direkt durch das Untergeschoss zu der schönen, von der Familie auf Sobieski‘s Todesstätte erbauten Kapelle, dann zu den, mit charakteristischen Bildern geschmückten, einst von ihm bewohnten altehrwürdigen Räumen und durch die Bildergalerie, die meistens Stücke der alt-deutschen Schule aufzeigt, in das Obergeschoss, das eine ungemein vollständige japanische Sammlung aufweist. Sie ist von ethnographischem Wert und enthält alles, was zu einem vornehmen japanesischen und chinesischen Haushalt erforderlich ist, bis auf die seidenen Gewänder und das Bett mit Mosquito-Vorhang ; eigenartig interessant und von kolossalem Reichtum zeigend. Pietätvoll nur den linken Flügel bewohnend, eröffnet Graf Potocki alle diese Schätze dem Publikum. Und in die Gärten ist auch dem Volk freier Zutritt gestattet, das in teilweise malerischer Tracht, die Frauen vom Lande mit den farbigen Kopftüchern geschmückt, die Männer mit braunem Tuchmantel und breitkrempigem Filzhut, den Sonntag unter den herrlichen alten Bäumen und gewaltigen Riesenhecken aufs Fröhlichste und überall in dezenter Weise genießt.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Krim- und Kaukasus-Fahrt - Bilder aus Russland