Jules Duval'e Geschichte der Auswanderung im 19. Jahrhundert.

Aus: Magazin der Literatur des Auslandes
Autor: Selle, Trautwein von, Erscheinungsjahr: 1863
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Europa, Amerika, Auswanderung, Auswanderer, Mecklenburg, Irland, Kur-Hessen
Ein in volkswirtschaftlichen Dingen wohlerfahrener, sehr gründlich unterrichteter Franzose, Herr Jules Duval, erster Redakteur des „Economiste francais", hat im vorigen Jahre ein Werk, betitelt: Histoire de l’émigration européenne, asiatique et africaine au XIXe siècle, ses causes, ses caractères, ses effets*) der Öffentlichkeit übergeben, welches 1861 der Pariser Akademie der moralischen und politischen Wissenschaften als Preisbewerbung zugegangen und nach einem höchst schmeichelhaften Berichte des Herrn Hippolyte Passy gekrönt worden war. Eine gekrönte Preisschrift ist nun freilich kein Werk, dem an sich schon die Unsterblichkeit gebührt, und im lieben Deutschland besteht sogar“, nicht bloß wegen gekrönter Lustspiele, ein gewisses Vorurteil wider dergleichen amtlich zur Klassizität erhobenen Geistesprodukte, indessen gibt es auch Ausnahmen von jeder Regel, und das Vorurteil muss dem Urteil Platz machen. Das Buch des Herrn Duval ist in der Tat einzig in seiner Art; es bietet eine konzentrische Rundschau über das gesamte Gebiet der Auswanderung des 19. Jahrhunderts und es fasst diese soziale Erscheinung in der ganzen Fülle ihrer Ursachen, in ihrem historischen Fortgang und ihrer vollen Bedeutung für Mutterland und Kolonie. Die Auswanderungsfrage ist Zeitfrage im eminentesten Sinne; nur wer einen freien Blick hat für die Bedürfnisse der Gegenwart und Verständnis für die Aufgaben der Zukunft, kann, wofern ihn tüchtiges Wissen unterstützt, ein gewichtiges Wort über das Thema der Auswanderung sprechen. Dem Franzosen Jules Duval gereicht es zur Ehre, das Drängen der Zeit nach frischer Ansiedelung begriffen zu haben; er würdigt jene wunderbare Kompensation der Lebenssäfte, die dem modernen Staate den Verlust an Bevölkerung reichlich wieder ersetzt oder ganz aufhebt; er weiß, dass die Völker verdumpfen und versumpfen, wenn sie sich einpferchen in die Landengen ihrer Täler und Berge, statt hinauszufahren auf die freie, unendliche See, welche die Menschheit aller Stämme mit einander verbindet. Herr Duval ist nicht so sehr Franzose, dass er den Fehler seiner Landsleute, das Ausland als Barbarei zu verabscheuen und mit ängstlicher Zähigkeit an der Scholle kleben zu bleiben, verschweigen oder beschönigen könnte; er zeigt unverblümt gerade auf diesen Fehler hin, tadelt und beklagt ihn mit der Schärfe, aber auch Wärme eines tief empfindenden Patrioten und erhärtet ebenso seine Vorurteilsfreiheit, indem er das Gemälde der Ansiedelungswunder der germanischen Welt vor den Augen der Söhne Frankreichs aufrollt. Die angelsächsische Rasse hat allerdings Großes geleistet; möge das deutsche Volk den rüstigen Stammverwandten nachfolgen! Den Wandertrieb haben die Deutschen vor den Franzosen vorauf; er ist ein Erbgut der altgermanischen Väter; uns, die wir im Herzen Europas wohnen, braucht man nicht gewaltsam anzuhalten, dass wir unser Herzblut über den Erdkörper ausschütten, wir tun es schon von selbst; bei uns gilt es nur, zu Heil und Macht der Auszügler, wie zu Heil und Macht des Mutterlandes, den regen Wandertrieb besser zu verwerten.

Wenn ein Franzose auftritt und uns die große Lehre von den Erfolgen und ferneren Aussichten des Wandertriebes vorträgt, dürfen wir nicht allzu stolz auf unfern kosmopolitischen Standpunkt sein und gut gemeinte Warnung verachten. Es ist wahr, die deutsche Auswanderung ist riesenhaft; sie könnte, führe sie im Styl der Jahre 1852—1854 fort, wo 160 — 250.000 Deutsche jährlich auswanderten, binnen wenig Jahrzehnten die halbe Erde mit deutschen Ankerplätzen füllen. Herr Jules Duval sagt: „Vielerlei Richtungen entsprechen dem kosmopolitischen Gelüste der deutschen Auswanderung. Keine andere Rasse empfindet eine so neugierige Abenteuerlust, die so mannigfaltig in Bezug auf ihren Gegenstand, so fest und zuversichtlich ist in dem Vertrauen auf den gastlichen Empfang, den ihr überall Natur und Menschheit schulten. So findet man sie denn in jedem Lande, das nicht unbedingt seine Tore verschließt. In Osteuropa besuchen die Germanen die Magyaren Ungarns, die Slaven Polens und Russlands, die Rumänen an der Donau, die Türken und die Griechen. Selbst jenseits dieses Kreises dringen sie bis zu den Tälern des Kaukasus, zu den Gärten der asiatischen Türkei, zu den Küsten Ägyptens vor. In Westeuropa sah man, wie sie die Sierra Morena bevölkerten. Afrika fassen sie im Norden bei Algier, im Süden bei den englischen Kolonien des Cap, des Kaffernlandes und Natals.

„Aber“, erklärt Herr Duval weiter, „es ist Amerika vorzüglich, nach welchem die Heerschaar der Auswanderer sich wendet, um dort Verwandte oder Landesgenossen wiederzutreffen, die sie herbeirufen und ihnen oft die Mittel zur Reise gewähren. Als könnten sie nicht vergessen, dass dort ihre Väter vor einem Jahrhundert (1738) die erste Schule für Sklavenkinder errichteten, ziehen sie die Staaten des Nordens vor, deren Klima überdies weniger von dem Deutschlands abweicht. Von dem Küstenstrich, den sie bei ihrem ersten Auftreten besetzten und wo viele noch am Tage nach der Ausschiffung verweilen, nämlich zu New-York, Boston oder Philadelphia, ziehen sie, anfangs in dichtgedrängten, je weiter sie aber vorschreiten, in immer vereinzelteren Trupps den Ohio entlang und verbreiten sich am oberen Missisippi, an den Ufern der Seen und bis tief in die fernen Einöden des Westens. Ein anderer Strom landet in New-Orleans und fährt den Missisippi hinauf, um sich in die unendlichen Ebenen zu stürzen, welche der Arkansas und der Missouri bewässern. Ein dritter Strom endlich landet geradezu bei Galveston und begibt sich in das Herz von Texas, welches bereits von allen Seiten in Angriff genommen ist usw. „Auf eine Bevölkerung von 28—30 Millionen Einwohnern der Bereinigten Staaten kommen ungefähr 4 Millionen deutschen Ursprungs."

Der Verfasser erwähnt hierauf die deutsche Einwanderung in Kanada und Neu-Braunschweig, in die hispano-amerikanischen Republiken von Mexico bis Chili, wo die katholische Staatsreligion „sich unter Duldungsversprechen gebeugt hat", und in Brasilien, das die Anlockung deutscher Einwanderer mehr noch im Großen betreibt. „Es hat Bücher drucken lassen, Sendlinge ausgeschickt; es hat ein so großes Bedürfnis, durch freie Arme die Sklaverei zu ersetzen (?), die zusammenbricht." — Australien ist noch verführerischer gewesen, als die romanischen Länder Amerikas: Victoria, Neu-Süd-Wales, Melbourne, Süd-Australien, Van-Diemens-Land (Tasmanien), Neuseeland haben auf die von den Land-Compagnien gegen spätere Rückerstattung bewilligte freie Überfahrt hin dichte Massen deutscher Kolonisten an sich gezogen. Aber nichts destoweniger überragt Nordamerika seine australischen Nebenbuhler in gewaltigem Maße. Herr Duval macht das an folgenden Zahlen anschaulich: 1854 gingen aus Bremen 76.875 Auswanderer ab, davon wandten sich 75.500 nach den Vereinigten Staaten, aus Hamburg 28.310, von denen 20.835 die Union bevölkerten, aus Antwerpen (in demselben Jahre 1854) auch die schöne Zahl von 25.843 deutschen Menschen, unter welchen sogar 22.178 die nordamerikanischen Freistaaten aufsuchten; das Jahr 1857 zeigt in runder Summe 30.000 Deutsche, die von Havre de Grâce in die Weite fuhren, und 27.000 derselben nahmen wieder die „Union" zum Ziel.

Während bei unseren französischen Nachbarn das ganze Auswanderungswesen brach liegt und Herr Jules Duval eine wahrhaft ergreifende Klage über diesen Mangel an Energie des Marks und der Lebenssäfte seines Volkes anstimmt; während Frankreichs Bevölkerung stetig abnimmt und binnen Kurzem nicht mehr die Zahl der Bewohner Großbritanniens erreichen wird; während Frankreichs wuchernder Luxus die Ehen zur Unfruchtbarkeit verdammt und das Kapital der Nation in läppischen Spekulationen verschleudert wird, ohne überseeische Abzugs-Kanäle gegen die Aufhäufung in Einer Hand — sehen wir Deutschland von Lebenssäften strotzen, seine Kinder nach allen Weltgegenden hinauspilgern, Hab und Gut mit sich nehmend; wir sehen das deutsche Kapital in unabreißbaren Strömen über die Fremde sich ergießen; wir müssen staunen beim Anblick dieser mutvollen Abenteuerlust, dieses nie rastenden Unternehmungsgeistes, der die gesamte Erdenwelt umspannen zu wollen scheint. Was können nicht die Deutschen leisten und was könnten nicht die Deutschen leisten! Die deutsche Auswanderung ist ein nationales und nationalökonomisches Drama — und zwar ein Trauerspiel! Denn werden nicht jene Millionen an Menschen, an Arbeitskraft und Besitz dem Vaterlande geraubt? Vorläufig gewiss! Und der Betrag des Kapitalverlustes, den Deutschland alljährlich durch die Auswanderung erleidet, ist schon nach niedrigster Schätzung ungeheuer. Wenn, Dr. Faucher zufolge, der Durchschnittswert eines Mannes durch die Summe seines jährlichen Lebensunterhaltes ausgebrückt wird und man den von den, genannten Volkswirt angenommenen Zins von 80 Thalern, die jährlich ein bei der heutigen Humanität wohlgepflegter Gefangener kostet, auf 50 Thaler für jedweden armen Schlucker herabsetzt, so bleibt, wie ein Artikel im „Neuen Hamburg" scharfsinnig dargetan hat, der Einzelne (à 5 Pct. gerechnet) immer noch einem Kapital von Tausend Thalern gleichbedeutend. Also abgesehen von den miteingeschifften Gütern hat die Auswanderung deutscher Bürger ihr Vaterland gerade um soviel mal Tausend Thaler ärmer gemacht, als arbeitsfähige Männer" den deutschen Boden verlassen haben. 1854 zogen, um die schreckliche Zahl zu wiederholen, 250.000 Deutsche aus der Heimat fort; an ihnen hat das Nationalvermögen Deutschlands, erwägt man das Überwiegen des männlichen Geschlechts unter den Auswanderern, in dem Einen Jahre über hundert Millionen Thaler eingebüßt. Zwar ist in anderen Jahren der Aderlass nicht so furchtbar gewesen und bei einer auf 20 Jahre ausgedehnten Durchschnittsrechnung hat man den heimischen Verlust an Arbeits- und Steuer-Kraft nur auf 25 Millionen Thaler anschlagen wollen, eine Summe, die denn doch wohl etwas zu niedrig gegriffen ist. Allein, möge unser deutscher Gewährsmann hierin auch Recht haben, der Kapitalverlust, der überdem durch die Besitztümer der nicht ganz nackt Ausgezogenen vermehrt werden muss, erreicht unter allen Umständen eine schwindelnde Höhe; er ist, wofern kein Ersatz von irgend einer Seite kommt, eine wahre Skorpionengeißel für unser armes Vaterland, welchem Fleisch und Herzblut ausgetrieben wird. Wohin soll das führen? Haben wir nicht schon soziale Leiden genug?
Herr Jules Dural charakterisiert das Wesen der deutschen Auswanderung allerdings nicht in jeder Beziehung schmeichelhaft mit folgenden Worten:

„Es scheint, dass die Rolle der Germanen in der Welt darin besteht, dass sie aus anderer Hand die Entwürfe zur Kolonisation empfangen und sie vollenden, indem sie Feldarbeit, Familie, Gemeinde, Religion, Wohlstand, sittlichen Ernst, alle Merkmale einer geregelten Gesellschaft einführen. Andere geben den Rahmen, sie füllen ihn aus. Tonangeber aus zweiter Hand, gründen sie keine nationale Kolonie (— Deus bene vertat omen! —); aber durch ihre eigentümlichen Geschicklichkeiten befruchten sie die von Andern geschaffenen Anpflanzungen. In dieser Strebensbahn zeigt sich Deutschland als die Gehilfin und die Schwester Großbritanniens, mit dem es gemeinsamer Ursprung verbindet."

Sollte diese Nebenrolle der Deutschen ewig dauern? Sollten wir nie selber die Initiative ergreifen, sollte Deutschland nie eine eigene deutsch, deutsch bleibende Ansiedlung stiften? Wären wir ewig dazu verdammt, die Nachtreter der Fremden zu sein? Gott ändre es, Gott bessere es! Aber wenn wir nicht selbst entschlossen Hand ans Werk legen, so wird uns keine Hilfe von oben kommen. Die Völker sind ihres Glückes Schmied. Wenn ein Volk sich nicht um seine eigenen Interessen zu scharen, zu sammeln versteht, werden es Fremde nicht dazu vermögen, denen seine Zersplitterung Vorteil bringt. Herr Duval bemerkt sehr tief:

„Dieser natürliche Hang zur Zerstreuung nach außen wird in Deutschland weniger als anderswo durch den Kultus des Vaterlandes bekämpft. Während die Völker lateinischer Rasse ihr Vaterland vor allem mit dem Lande selbst personifizieren, dem materiellen und geliebten Symbol der unsichtbaren Seelen-Einheit, sind bei den Deutschen, wie bei den Semiten, Familie und Name das Vaterland, mehr als der Staat, mehr als der Boden; mit ihnen fühlen sie sich nirgends verbannt. Ohne Zweifel ist es eben dieser Charaktergrundzug, welcher die teutonische Rasse an ihrer Konstituierung als einheitlicher Nationalkörper hindert, und die Naturanlage der Gemüter findet ihrerseits wieder einen Anhalt an jener Menge von Staaten zweiten Ranges, die unfähig sind, auf die Heizen irgend eine mächtige Anziehungskraft auszuüben."

Der Autor fügt noch hinzu: „Die Gesetze und die Verwaltungsmaximen kommen der Auswanderung durch ihre willkürlichen Verstümmelungen legitimer Rechte des sozialen Lebens zu Hilfe." Es folgt eine Aufzählung von Beschränkungen der freien Bewegung des Einzelnen, als das ind: Ehehindernisse, Verkürzungen des Niederlassungsrechtes, Gewerbeprivilegien, Militärdienstpflicht, Eingriffe in die Gewissensfreiheit (die nach unserem Standpunkte indessen von den Herren sektiererischen Predigern, z. B. der orthodoxen Alt-Lutheraner, zum Schaden der Heimat übertrieben wurden) und ähnliche Dinge, die den Aufenthalt in einem Lande nicht angenehmer machen. Über das Maß der Berechtigung jener missliebigen Einrichtungen kann man mit Herrn Duval streiten und mag es auch fast komisch wirken, wenn man sich ausmalt, welche gewaltige Angst das brave Bayern vor der Auswanderungsfreiheit entfaltet hat, obgleich kein Vernünftiger ableugnen wird, dass ein allgemeines Reislaufen der Staatsbürger nur in sehr geringem Grade den Wohlstand des verlassenen Staates befördern dürfte. Inzwischen muss man doch der Wahrheit zu Liebe einräumen, dass die aufgezählten Beschränkungen des Individuums keine müßigen oder boshaften Erfindungen sind, vielmehr so mancher altreichsstädtische, bureaukratische und mecklenburgisch-feudale Zopf eine traurige Tatsache darstellt. Wir selber haben es ein paar Zeilen vorher laut und deutlich bekannt: der Auszug von Millionen deutscher Vaterlandsbürger ist, wofern nicht von irgend einer Seite Ersatz kommt, ein Unglück für die Heimat, und wir sagen weiter: ein doppeltes und dreifaches Unglück, wenn man jene Millionen an Menschen und Gütern unablässig dem Moloch des Yankeetums opfert, wenn man sie rings über die ungeheuren Flächen der Union oder Konföderation zerstreut und vereinzelt, sie nirgends zu kompakter Masse und festgestützter Eigenheit im idealeren Sinne sich zusammenschließen lässt! Dann ist und bleibt die deutsche Auswanderung eine „Landes-Kalamität!" Zum geistigen Dünger für die materialistische Yankee-Rasse ist der Deutsche etwas zu gut. Aber den Strom der Auswanderung willkürlich eindämmen, ihn durch administrative Mittel verstopfen, kann man dieses Unglücks wegen doch nicht. Tatsachen von so riesenhafter Ausdehnung macht man durch keinen Federzug zu Nichte. Besser wär's freilich, man grübe die Quellen der Unzufriedenheit möglichst ab.

Sehr lehrreich scheint uns das Beispiel des Uhrmachergesellen Zipp aus Mecklenburg, dessen Geschichte im März dieses Jahres die Runde durch die Zeitungen Europas machte.

Der besagte Uhrmachergeselle ging vor etwa zwölf Jahren auf Wanderung, durchreist, fechtend oder nicht fechtend, die halbe Welt, kommt endlich nach Syrien, jedoch nicht zur allergelegensten Zeit, indem die Herren Moslem just mit der Christen-Verfolgung beschäftigt sind. Um Schutz von hoher Obrigkeit zu empfangen, gibt er sich für einen Engländer aus und erlangt auch von der türkischen Behörde eine Art Pass auf den Namen: „Abdul Zipp, Engländer aus Mecklenburg!" In dieser geographischen Eigenschaft lebt er ganz sicher, geht wieder auf die Wanderschaft und dringt sogar bis Abyssinien vor, immer als „Mecklenburgischer Engländer" mit besonderer Rücksicht behandelt. Aber nach so viel Kreuz- und Querzügen, post tot discrimina rerum, kommt ihm der Gedanke der Heimkehr; er segelt nach den Gestaden der Heimat zurück, bringt auch etliche Tausend Thaler Verdienst und Ersparnis; in der Tasche mit. Unglücklicher Abdul Zipp!

Doch mit des Geschickes Mächten
Ist kein ew'ger Bund zu flechten.

Im geliebten Heimatlande Mecklenburg will man ihm trotz der mitgebrachten Tausende nirgends das Niederlassungsrecht gönnen. Er sei nicht mehr Bürger und Staatsbürger von Mecklenburg, weil er sich von einem türkischen Kadi in einen englischen Abdul habe verwandeln lassen! Expatriatus est, infelix Abdul, sagt das mittelalterliche Latein!

Man müsste lachen über dergleichen Armseligkeiten, wenn man nicht eher Grund hätte, darüber zu weinen. Wenn uns Geschicklichkeit und Arbeitskraft, die wir verloren glaubten, sich freiwillig wieder anbieten, so nehmen wir sie nicht, wegen — Passformalitäten. Um dieselbe Zeit pilgern aber tausend fleißige Arme aus der Heimat auf Nimmerwiedersehen, und die beiden Mecklenburg dürfen sich nach einer von Herrn Duval gegebenen statistischen Übersicht äußerst glücklich schätzen, nur noch von Irland und Hessen-Kassel in der Anzahl der Auswanderer übertroffen zu werden. Irland, Kurhessen und Mecklenburg bilden die unerreichte Trias der Auswanderung Europas; in ihnen verhält sich die Summe der Auswanderer zu der Totalbevölkerung respektive wie 1:44 (Irland), 1:79 (Kur-Hessen) und 1:85 (Mecklenburg). Hiernach springt das Verhältnis; denn es folgt das ganze Großbritannien mit Einem Auswanderer auf 113 Einwohner, und ohne die „Insel der Heiligen" würde die Sache für Großbritannien noch günstiger stehen. So sind im Reiche der Auswanderung zwei deutsche Gebiete zwischen Irland und Großbritannien eingekeilt. Eine lehrreiche Tatsache! Nur ist zu bedenken, welcher Vorteil dem britischen Staate aus dem Loswerden der verhungerten Irländer und der Aussendung der Engländer und Schotten in britische Kolonien erwächst. Englands Kolonialmacht ist der schönste Ersatz für die unmittelbaren Einbußen an Menschenkraft. Indem England seine Söhne über das Meer entlässt, breitet es englische Art und Sitte und englisches Nationalbewusstsein nach den fernsten Gestaden aus und indem Englands Söhne den Fuß auf die neue Pflanzstätte setzen, rufen sie, wie die abziehenden Juda-Stämme im alten Testament, in ihr Vaterland zurück: Eure Pilger wollen wir sein und eure Bürger! O dass der deutsche Auswanderer auch so rufen könnte! Und er wird es können, wenn er ferner nur deutschen Seglern sich anvertraut, was eine deutsche Auswanderungsflotte und die starte Wurzel einer deutschen Seemacht bilden würde; er wird es können, wenn Deutschland sein ganzes Auswanderungsgeschäft selbständig in die Hand nimmt und wenn die deutsche Emigration sich auf Punkte vereinigt, welche das Zusammenbleiben der deutschen Elemente, also Ansiedelung in dichter, fest geschlossener Masse gewährleisten. Dann eröffnet die deutsche Auswanderung, wie es Herr J. J. Sturz mehrfach so trefflich ausgedrückt hat, die großartigste Perspektive der deutschen Zukunft: das eng verbrüderte Neu-Deutschland jenseits des Weltmeeres —: Deutsche Kolonialmacht!

Bauer und Bäuerin aus Biestow bei Rostock

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Hamburg 011 Segelschiffhafen

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Hamburg 013 St. Pauli-Landungsbrücken

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Landleben in Nordamerika

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Farmer

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Landleben in USA

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Niederrhein Dampfschiff Friedrich Wilhelm 1828

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Mittelbergers Reise nach Pennsylvanien im Jahr 1750.

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Auswanderer, Schiffsuntergang

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Auswandererschiff Etruria

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Dampfschiff, im Zwischendeck

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