Juden im Mittelalter

Ein historischer Versuch über ihre bürgerlichen, literarischen und Handels-Verhältnisse
Autor: Depping, Georg-Bernard (1784-1853) deutsch-französischer Schriftsteller, Übersetzer, Geschichtsschreiber, Erscheinungsjahr: 1834
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Juden, Judentum, Mittelalter, Kulturgeschichte, Sittengeschichte, Sozialgeschichte, Religion, Juden-Verfolgung
                        Vorrede

Die Geschichte der Juden in Europa, besonders während des Mittelalters, ist sehr reich an Belehrungen für uns. Man sieht daraus, wie der Fanatismus die Gefühle der Sanftmut und Nächstenliebe, welche von Natur in das Herz des Menschen gepflanzt sind, gänzlich zu vertilgen vermag, und welchem Unglücke sich Verbannte aussetzen, welche in Zeiten der Barbarei mitten unter fremden Völkern ihre nationalen Sitten und eine Religion beibehalten wollen, die Denjenigen anstößig ist, bei welchen sie Aufnahme gefunden haben. Diese Geschichte hat die Aufmerksamkeit vieler Gelehrten auf sich gezogen, welche Untersuchungen darüber angestellt haben. Wolf und Bartolocci, Männer von der größten Gelehrsamkeit, haben Licht über die hebräische Literatur verbreitet. Nächst ihnen mag Rossi erwähnt werden, der Bibliograph dieser Literatur. Basnage und Jost haben die Geschichte der Juden geschrieben. Das Schicksal und die literarischen Erzeugnisse dieses Volkes in den verschiedenen Ländern Europas haben überall Erläuterer gefunden. So haben sich Muratori und der Graf Giovanni mit den italienischen, Rodriguez de Castro und Moldenhauer mit den spanischen, Ribeiro dos Santos und Ferreiro Gordo mit den portugiesischen Juden beschäftigt. De Boissi, Sauval, Brussel, der P. Bougerel haben viele Urkunden zur Geschichte der Juden in Frankreich gesammelt; Blossiers Tovey hat eine vollständige Geschichte der englischen geliefert; die Juden in der Schweiz sind der Gegenstand der Untersuchungen Ulrichs geworden; Hr. v. Reiffenberg hat eine Geschichte der belgischen entworfen, und auch Deutschland ist reich an Schriften über ihre Geschichte in diesem Lande; die Juden selbst haben sich hier durch Schriftsteller aus ihrer Mitte Achtung erworben. Von Spezialgeschichten wird es hinreichen, das Werk des Hrn. v. Aretin über die Juden in Bayern zu erwähnen. Ich könnte noch eine Menge anderer schätzbarer Werke über die Juden der verschiedenen Länder Europas anführen. ...

                              ************************
Inhaltsverzeichnis
    Erste Epoche. Vom sechsten bis zum zehnten Jahrhundert
Erste Epoche: Vom sechsten bis zum zehnten Jahrhundert

                        Erstes Kapitel

Von dem ersten Erscheinen der Juden in Europa. — Erste Zeugnisse ihrer Gegenwart in Frankreich. — Erste jüdische Gemeinden in Rom. — Politik der Kaiser gegen sie. — Strenge Konstantins. — Privilegien und Begünstigungen, deren sie unter Theodosius und seinen Nachfolgern genossen. — Ihr Zustand unter den Goten. — Härte, mit der sie Justinian behandelte; seine Gesetze in Beziehung auf die Juden. — Verfügungen Papst Gregors I, die Juden auf Sizilien betreffend. — Ihre Ausschließung von der Schifffahrt der Venetianer. — Barbarische Gesetzgebung der Westgoten über die Juden. — Ihre Verbannung aus Spanien und ihre Rückkehr. — Folgen der Revolution, welche die Mauren nach Spanien brachte.

                        Zweites Kapitel

Lage der Juden unter den fränkischen Königen. — Burgundische Gesetze. — Kanonen der Konzilien gegen die Juden; verschiedene Verfolgungen, die sie zu erdulden hatten. — Duldsame Politik Karls des Großen. — Glück der Hebräer unter der Regierung Ludwigs des Frommen; — Privilegien, die dieser Kaiser ihnen erteilte; — ihr Kampf gegen den Bischof Agobard. — Ihr Sklavenhandel außerhalb Frankreich. — Was sie am kaiserlichen Hofe ausrichteten. — Zustand der Juden unter Karl dem Kahlen. — Ihre Konferenzen zu Toulouse mit den Gesandten des Kaisers. — Misshandlungen, die man ihnen in der heiligen Woche zufügte; — barbarische Sitte in der Stadt Beziers. — Lage der Juden unter den letzten Karolingern. —

Zweite Epoche: Vom zehnten bis zum dreizehnten Jahrhundert.

                        Erstes Kapitel

Vorteile, deren sie sich unter der Regierung der Mauren erfreuten. — Ihre Verhältnisse zum Morgenlande. — Veränderungen in den Synagogen von Persien und Mesopotamien. — Vernichtung der Akademie von Pombeditha und Ankunft des Rabbi Moses zu Cordova. — Gründung einer jüdischen Akademie in dieser Stadt. — Schulen zu Granada, Toledo, Barcelona, u. s. w. — Übersetzung des Talmud ins Arabische. — Auszug daraus von einem Rabbiner der Akademie zu Cordova, der aus Marokko gekommen war und zum Rang eines Nagid erhoben wurde. — Theologische Abhandlungen eines andern aus Marokko gekommenen Rabbiners, der sich in Spanien niedergelassen. — Pflege der Wissenschaften durch die Juden von Andalusien, ihre Ärzte, Astronomen u. s. w. — Leben und Werke Aben-Esras. — Schriften des Maimonides über die Bibel, die Arzneikunde, u. s. w. — Sein Tod. — Verschiedene jüdische Ärzte. — Dichter und Grammatiker. — Sekte der Karaiden. — Samaritaner. — Eine Israelitin, die Maitresse des Königs von Kastilien, wird vom Volke ermordet.

                        Zweites Kapitel

Gelehrte Rabbiner von Languedoc. — Geschichte Jarchis. — Synagoge von Montpellier. — Ausschließung der Juden von der Stelle des Stadtamtmanns. — Zerstörung der Synagogen von Orleans und Limoges. — Judenmorde durch die Kreuzfahrer in Frankreich und Deutschland. — Bemühungen des heiligen Bernhard, um ihnen ein Ende zu machen. — Ermahnung des Abts von Cluny an Ludwig VII. — Ordonnanz in Betreff des Jahrmarkts zu Etampes. — Reichtum der Juden von Paris unter Philipp August. — Darlehen derselben an den Klerus. — Aufstand gegen die Juden und ihre Verbannung aus Frankreich. — Bemerkungen über Philipps Verfügung, — Verfolgung der Juden in England.

                        Drittes Kapitel

Dienstbarkeit der Juden in Italien. — Ereignisse in Bisignano und Chieti. — Die Juden von Rom erscheinen bei der Zeremonie der Besitznahme der neuen Päpste. — Sie zahlen eine Abgabe an Gewürzen an die päpstliche Kammer. — Sie besorgen die Finanz-Geschäfte. — Ihre Vertreibung aus Bologna. — Konzilium von St. Johann vom Latrau. — Itinerarium Benjamins von Tudela. — Reise um die Welt von Petachia.

Dritte Epoche: Vom dreizehnten bis zum sechzehnten Jahrhundert.

                        Erstes Kapitel

Aufführung der Juden während dieser Epoche. — Sie machen wenig Handelsgeschäfte in Frankreich. — Wucherprivilegien sind das einzige Ziel ihrer Bemühungen. — Ihre Dienstbarkeit auf dem Lande. — Beispiele von beträchtlichen Forderungen, die sie an die Großen hatten. — Gesetzliche Bestimmungen des Königs Philipp, um ihren Wucherverträgen zu begegnen. — Ähnliche Verfügungen werden in England erlassen; — ihre Unzulänglichkeit; — neue Ordonnanzen. Ludwig VIII erklärt die Forderungen der Juden für aufgehoben. — Ludwig der Heilige fasst mit den zu Melun versammelten Baronen einen Beschluss in Betreff der Juden. — Er gibt diesem Volke seine alten Synagogen zurück. — Strenge der Konzilien des dreizehnten Jahrhunderts gegen die jüdischen Wucherer. — Zu Poitiers werden Dominikaner mit der Untersuchung gegen dieselben beauftragt. — Statuten und Polizeiordnung der Juden von Pamiers. — Gemeinde von Montpellier. — Vermutliche Kolonie im Geraudanischen. — Aufstand zu Lincoln in England. — Digression über die Lombarden und Kahursiner. — Untersuchungen über den Ursprung der Letzteren. — Die Gesellschaften der Geldausleiher werden vom Papst unterstützt. — Gutachten des heil. Thomas von Aquin. — Hinrichtungen und Verbannung der Juden aus der Schweiz.

                        Zweites Kapitel

Philipp der Kühne verweist die Juden aus dem Innern von Paris und unterwirft sie neuen Beschränkungen. — Philipp der Schone schützt sie gegen die Inquisition. — Judenverkäufe. — Übereinkunft mit dem Herzog von Burgund in Betreff der Juden 1304. — Verbannung der Juden aus Frankreich 1306. — Betrachtungen über diese strenge Verfügung. — Politik der deutschen Kaiser hinsichtlich der Hebräer. — Oberherrlichkeit, die sie geltend machten. — Privilegien der Juden in Polen und Schlesien. — Die Juden in Österreich.

                        Drittes Kapitel

Philipp der Schöne annulliert die Forderungen der Juden definitiv. — Den zum Judentume zurückgekehrten Konvertiten wird jede Freistätte versagt. — Die Zurückberufung der Juden unter Ludwig dem Zänker. — Bestimmungen der Regierung hierbei. — Neue Klagen über den Wucher. — Benehmen der Grundherrn im südlichen Frankreich. — Lage der Juden in der Dauphine, ihre Privilegien und Lasten. — Volksaufstand gegen die hebräische Nation. — Raserei der Pastoureaux. — Metzeleien, welche daraus entsprangen. — Große Pest im Jahr 1348 und neue Verfolgung der Juden. — Mäßigung der Behörden in den Städten am Rhein. — Vorfälle in Straßburg, der Dauphine, u. s. w.

                        Viertes Kapitel

Folgen des Vertrags von Bretigny. — Der Dauphin erlaubt den Juden die Rückkehr nach Frankreich. — Wichtige Akte, die 1360 zu ihren Gunsten erlassen wurde. — Modifikation ihrer neuen Privilegien. — Das erste bekannte Leihhaus wird in der Franche-Comté errichtet. — Medizinische Studien bei den Juden im südlichen Frankreich. — Verbesserung des Schicksals der Juden unter der Regierung Karls V. — Neue Freiheiten und Konzessionen. — Der Prevot von Paris, Aubriot, beschützt sie. — Das Volk greift das Judenviertel an. — Konzessionsurkunde Karls VI von 1388. — Erlaubnis zur Treibung von Wucher-Geschäften während 10 Jahren. — Ähnliche Konzessionen in Burgund. — Ihre Lage in andern Provinzen des Königreichs. — Aufhören der Privilegienbewahrer der Juden. — Denis Machault. — Karl VI nimmt unverhofft ihre Privilegien zurück und befiehlt ihnen, sich aus dem Königreiche zu entfernen. — Schwierigkeiten, die sich bei der Liquidierung ihrer Forderungen ergeben. — Die Lombarden treten an ihre Stelle. — Im Gebiete von Foix und der Dauphiné werden sie später vertrieben.

                        Fünftes Kapitel

Sie bleiben in der Provence. — Abgabe der provençalischen Israeliten an Gewürz — ihre Niederlassung in den Städten und Dörfern dieser Gegend. — Verfügung der Grafen von Provence. — Jüdische Ärzte werden von ihnen besoldet. — Privilegienbewahrer der Juden in dieser Provinz. — Volksaufstand und Verbannung der Juden aus der Provence im Anfange des 16ten Jahrhunderts. — Die Juden in Avignon. — Die Juden in Lothringen und Elsass während der letzten Jahrhunderte. Die Juden von Bordeaux und Bayonne. — Bemühungen der Juden, um nach Frankreich zurückkehren zu dürfen. — Ihre Verweisung aus England.

                        Sechstes Kapitel

Mathematische und astronomische Studien der Hebräer im südlichen Spanien. — Berühmte Astronomen im Dienste Alphons des Weisen. — Details über einige ihrer Werke. — Lebensart der Juden in Spanien nach den hebräischen Schriftstellern. Jüdische Bankiers am Hofe Peters des Grausamen. — Ihr Reichtum und ihr Einfluss in dieser Epoche. — Verfügung der Kortes gegen sie.

                        Siebentes Kapitel

Die Lebhaftigkeit des Handels zieht die Juden nach Aragonien. Verfügungen König Jakobs in Betreff der Gelddarleihen. — Öffentliche Disputation zu Barcelona zwischen den christlichen und rabbinischen Theologen. — Die jüdische Nation unter dem Einflüsse des Klerus. — Sie wird zu Barcelona einer Zollabgabe unterworfen. — Neue theologische Disputation zu Tortosa zwischen den Theologen und Rabbinern in Gegenwart des Gegenpapstes Benedikt XIII. — Bulle des Papstes gegen die Juden. — Bekehrungen, welche auf die Konferenzen zu Tortosa folgten. — Predigten Vinzenz Ferriers. — Berühmte und in den Klerus aufgenommene jüdische Konvertiten. — Letzte Epoche der hebräischen Literatur in Spanien. — Berühmte Schriftsteller aus dieser Epoche. — Gesetze Alphons V für die jüdischen Gemeinden in Portugal. — Rabbiner, die sich daselbst auszeichneten. — Geschichte Abarbanels. — Errichtung der Inquisition in Aragonien. — Allgemeine Vertreibung der Juden aus Spanien 1492. — Elend, das sie bei ihrer Auswanderung getroffen. — Die Ausgewanderten begeben sich großen Teils nach Portugal. — Ihr bürgerlicher Zustand in diesem Königreiche.

                        Achtes Kapitel

Hebräische Manuskripte, die sie dahin mitbrachten. — Hebräische Kalligraphen in Spanien und Portugal. — Die ersten Druckwerke der Juden in Portugal, aus dem 15ten Jahrhundert. — Verfolgung der Juden in diesem Lande. — Ihre Verbannung. — Übereinkunft in Beziehung auf die Inquisition — Schwarze Juden von Cochin — Tyrannei gegen die Konvertiten in Spanien.

                        Neuntes Kapitel

Dienstbarkeit der Synagogen in Italien. — Volksaufstand gegen die Juden in Neapel. — Synagogen von Bologna. — Benehmen der Päpste rücksichtlich der Juden. — Jüdische Gemeinde zu Venedig. — Errichtung der Leihhäuser. — Die ersten Leihhäuser kommen zu Perusa, Savona und in andern Städten zu Stande. — Jüdische Kolonien zu Livorno. — Ihr gegenwärtiger Zustand. — Geld-Erpressungen von den Juden in beiden Sizilien. — Sie verlassen das von den Franzosen eingenommene Neapel: — wollen dahin zurückkehren; — die Neapolitaner erheben sich gegen die beabsichtigte Einführung der Inquisition und die Juden werden definitiv aus dem Königreiche verbannt. — Sie finden Aufnahme zu Ferrara, müssen aber zuletzt auch von hier wieder abziehen. — Ausgezeichnete Rabbiner der italienischen Synagogen.

                        Zehntes Kapitel

Erste jüdische Druckereien in Italien. — Bemerkungen über die seltensten Ausgaben, welche aus denselben hervorgegangen sind. — Details über die Soncinatischen Buchdrucker, über die von ihnen errichteten Offizinen und die vorzüglichsten Bücher, die sie zu Tage gefördert haben. — Jüdische Druckereien aus dem sechzehnten Jahrhundert. — Rabbiner aus dieser Periode. — Über den „Trost Israels“ von Samuel Usque. — Andere Rabbiner. — Leo von Modena. — Sein Werk über die Sitten und Gebräuche der Israeliten. — Verschiedene Verfügungen der venetianischen Regierung. — Venedig schickt 1441 Juden nach Ravenna, um dem Geldmangel daselbst zu begegnen. — Die Juden von Triest, Udine und Genua. — Ihr Sklavenhandel zu Kaffa. — Bulle Pauls IV, welche die Privilegien der Juden aufhebt. — Pius IV stellt die meisten dieser Privilegien wieder her. — Die Juden werden von Pius V verwiesen, Sixtus V aber erlaubt ihnen die Rückkehr. — Blicke auf die Lage der Juden in Italien nach einem Schriftsteller des 17ten Jahrhunderts. — Portugiesische Juden in Holland. — Vertreibung der Juden aus Mähren, Böhmen, Österreich, Brandenburg, Regensburg. — Jüdische Sekte in Russland. — Sabbatai wird gezwungen, den Turban zu nehmen.