Herzog Bogislav X. und der Hofnarr.

Aus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen
Autor: Gesammelt von Temme, Jodocus Donatus Hubertus (1798-1881) Politiker, Jurist und Schriftsteller, Erscheinungsjahr: 1840
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Sage, Volkssage, Pommern, Rügen, Wenden, Rügenwalde
Nachdem der Herzog Erich im Jahre l474, und bald darauf auch sein ältester Sohn Wartislav gestorben war, da dachte seine herzogliche Witwe Sophia, das Regiment ganz an sich zu reißen, und sie scheute sich nicht, zu dem Ende ihre beiden noch lebenden Söhne, Casimir und Bogislav, durch Gift aus dem Wege räumen zu wollen. Mit dem Herzog Casimir glückte ihr das, und er starb plötzlich, wie alle Leute sagen, an Gift. Der Herzog Bogislav aber wurde auf seltsame Weise errettet. Denn als ihn eines Tages die Herzogin zu sich auf das Schloss hatte fordern lassen, war sie sehr freundlich gegen ihn, und gab ihm ein Butterbrot. Das war der junge Herzog nicht gewohnt, indem seine Mutter sich sonst wenig um ihn bekümmerte, und ihn herum laufen ließ, dass ihm die Bürgersleute in Rügenwalde zu essen geben mussten. Er dachte aber doch nichts Arges und wollte anfangen zu essen. Da nahte sich ihm der Narr der Herzogin, und sprach ihm heimlich: Bogislav, friss nicht, gib es dem Hunde, es ist unrein! Darüber wurde der Herzog aufmerksam, und er stellte sich, als wollte er essen, ging aber hinaus, und warf das Butterbrot dem Hunde vor, der es auffraß und den anderen Tag daran starb. — Herzog Bogislav schöpfte von nun an einen großen Argwohn gegen seine Mutter und hat nichts wieder von ihr angenommen.

Kantzow, Pomerania, II. S. 160.
Micrälius, Altes Pommerland, I. S, 295.

Temme, Jodocus Donatus Hubertus (1798-1881) Politiker, Jurist und Schriftsteller

Temme, Jodocus Donatus Hubertus (1798-1881) Politiker, Jurist und Schriftsteller