Gliederung der deutschen Auswanderung - Handel

Aus: Die deutsche überseeische Auswanderung seit 1871 . . .
Autor: Josephy, Fritz Dr. (?-?), Erscheinungsjahr: 1912
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Auswanderung, Auswanderer, Deutschland, Amerika, USA, Vereinigte Staaten, Auswanderungsschiffe, Auswanderungshäfen, Auswanderungsländer, Auswanderungsgründe, Auswanderungsagenten
Der Handel durchdringt die deutsche Volkswirtschaft wie die Blutgefäße den physischen Organismus, um ihm Leben und Kraft zuzuführen. Er ist der notwendige Gehilfe der Industrie. Wenn die Auswanderung aus allen anderen Berufszweigen im großen und ganzen als die Folge wirtschaftlicher Missverhältnisse anzusehen ist, so trifft das für diejenige aus dem Handelsgewerbe wenigstens nicht in erster Linie zu. Vielmehr erfolgte sie mit dem Bestreben, das deutsche Wirtschaftsgebiet über die politischen Grenzen des Reiches hinaus zu erweitern, der Industrie neue Absatzmärkte im Auslande zu sichern und günstige Länder für den; Import von Rohprodukten für die heimische Industrie aufzusuchen. Die Auswanderung galt in erster Linie der Gründung neuer Handelsniederlassungen im Auslande durch große Firmen. Es wandten sich auch allmählich deutsche Kaufleute dahin. Die Auswanderung derselben ist vielfach keine dauernde, sondern nur eine vorübergehende, sowohl bei den selbständigen Unternehmern wie bei dem kaufmännischen Hilfspersonal. In der Regel führten aber Handelsniederlassungen zu dauernden Ansiedlungen von Deutschen im Auslande, nach welchen immer neues kaufmännisches Personal zumeist auf Grund eines mehrjährigen Kontraktes geht. Der deutsche Kaufmann ist in der Fremde gern gesehen und vermöge seiner praktischen Veranlagung und technisch tüchtigen Ausbildung in hohem Maße befähigt, dem deutschen Export Pionierdienste zu leisten.

In der neueren Zeit machte sich im inländischen Handel ein Überangebot von Arbeitskräften und eine ungesunde Konkurrenz selbständiger Handelsunternehmungen bemerkbar, so dass ein Missverhältnis zwischen Erwerbsgelegenheit und wirtschaftlich tätiger Bevölkerung sich eingestellt hat. Untüchtige Unternehmer werden infolgedessen eliminiert, das bisherige Arbeitsgebiet des männlichen kaufmännischen Hilfspersonals wird durch das Eindringen des weiblichen Geschlechtes in die männlichen Berufe bedroht. Deshalb ist die Zahl der auswandernden Handlungsgehilfen im Steigen begriffen. Allein das Risiko ist für dieselben im Auslande immer noch sehr groß, besonders in den überseeischen Ländern. In Kolonisationsgebieten, wie z. B. Südamerika, können sie nur auf Grund eines Kontraktverhältnisses auf Erfolg rechnen. In denjenigen überseeischen Staaten dagegen, welche bereits eine hochentwickelte Industrie besitzen, wie beispielsweise in den Vereinigten Staaten, gehen sie keiner besseren, meist sogar trüberen Zukunft entgegen als in der Heimat, denn es besteht auch dort bereits vielfach ein Überangebot an kaufmännischem Hilfspersonal. Die schriftliche Anerkennung des Fleißes, der Geschäftsgewandtheit, die sich der junge Handlungsgehilfe in der Heimat erworben, und die gründliche technische Ausbildung nützen ihm in der Fremde weniger als in der Heimat. Wenn er überhaupt sich emporzuarbeiten vermag, muss er eine außerordentliche Elastizität und Anpassungsfähigkeit besitzen, und oft mit den niedrigsten Dienstleistungen anfangen.

Es ist das Verdienst der Zentralauskunftsstelle in Berlin und des Vereins für Handlungskommis von 1858 in Hamburg 51), in dieser Richtung aufklärend gewirkt zu haben.

Nach der seit 1899 vorhandenen offiziellen Statistik schwankte die Zahl der Auswanderer aus dem Handelsgewerbe, einschließlich der Versicherungsgewerbe, zwischen 1.878 und 3.583. In den letzten drei Jahren macht sich auch hier eine Aufwärtsbewegung der Auswanderung geltend. Die Zahl der „Selbständigen" aus dem Handelsgewerbe übertrifft fast durchweg diejenige aus den bisher besprochenen Erwerbszweigen. Verhältnismäßig hoch ist auch die Zahl der männlichen und weiblichen nichterwerbstätigen Angehörigen, am größten jedoch diejenige des Hilfspersonals, woran auch das weibliche Geschlecht beteiligt ist 52).

51) Derselbe hat eine Anzahl von Schriften herausgegeben: „Der Ratgeber“, ,,Nach Übersee", „Ins Ausland". Die denselben beigegebenen Konsulatsberichte orientieren den jungen Kaufmann über die Lage im Ausland.
52) Vgl. Tabelle VI b im Anhang.

Auswanderer, Schiffsuntergang

Auswanderer, Schiffsuntergang

Beladen eines Bananenfrachters

Beladen eines Bananenfrachters

Beladen eines Öltankers

Beladen eines Öltankers

Auf dem Promenadendeck

Auf dem Promenadendeck

Beladung mit Getreide

Beladung mit Getreide

Dampfschiff, im großen Salon

Dampfschiff, im großen Salon

Dampfschiff, im Zwischendeck

Dampfschiff, im Zwischendeck