Geschichte der Stadt Greifswald - 22. Der französische Krieg und die Okkupation des Landes durch die Franzosen im Jahre 1807.

Aus der Landesgeschichte Mecklenburg-Vorpommerns
Autor: Hahn, J. C. (? - ?) Gymnasiallehrer, Erscheinungsjahr: 1860
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Pommern, Sitten und Gebräuche,
Im Herbste des Jahres 1806 traten jene großen Ereignisse ein, welche die Monarchie Friedrichs des Großen zu Boden warfen und die Schöpfung eines neuen Preußens herbeiführten. Nachdem am 14. Oktober die preußischen Heere bei Jena und Auerstädt auseinander gesprengt waren, suchte Blücher mit einem Corps einen Haltpunkt in Lübeck, erlag daselbst aber der Übermacht. Ein anderes Corps unter dem Prinzen von Hohenlohe wollte sich nach Stettin werfen, wurde aber bei Prenzlow von den Franzosen geschlagen und zersprengt. Die flüchtigen Reste suchten Schutz in Schwedisch-Pommern, aber vergeblich. Da rettete sich Jeder so gut er konnte, verkaufte Waffen, Gepäck und Pferde um jeden Preis, aber nur Wenige entgingen der französischen Gefangenschaft.

Die Franzosen blieben anfangs ruhig jenseits der Peene, weil sie den Krieg mit Schweden vermeiden wollten. Am 2. November kamen aber doch einige hundert Mann nach Wolgast hinüber, nahmen die dort befindlichen Preußen gefangen und erpressten als Strafe für die Aufnahme derselben in die Stadt 1.000 Louisd'or. Mit dieser Beute zogen sie sich wieder auf das preußische Gebiet zurück.

Gustav IV. befand sich damals in Schweden. Napoleon machte ihm die annehmbarsten Friedensvorschläge, aber er wies sie starrsinnig zurück. Darauf drang der Marschall Mortier mit zehn- bis zwölftausend Mann in unser Land ein und trieb die schwedischen Truppen nach Stralsund zurück. Da die Franzosen keine Vorräte mit sich führten, so begannen die Requisitionen an Geld und Naturalien sogleich zum großen Schrecken der Einwohner, die in einem halben Jahrhunderte einen ungestörten Frieden genossen hatten und Kriegsdrangsale nur aus den Zeitungen und den Erzählungen ihrer Eltern und Voreltern kannten.

Dies Armeecorps war nicht stark genug, um Stralsund ordentlich zu belagern, und wurde auch bald gegen Kolberg verwendet. Wenn die Schweden es auf dem Rückzuge ernstlich verfolgt hätten, so würden sie ihm vielen Abbruch haben tun können, aber sie zogen nur langsam hinterher, so dass die Franzosen überall auf ihrem Durchzuge und auch hier in Greifswald noch arge Plünderungen verüben konnten.

Der König von Schweden kam darauf mit frischen Truppen nach Pommern und schlug auf dem Hofe zu Schlatkow, unweit Anklam, sein Hauptquartier auf. Dort hatte er eine Besprechung mit dem Marschall Brune, die auch zu keinem Resultate führte. Gustav IV. kündigte den bestehenden Waffenstillstand gerade zu der Zeit auf, wo Russland und Preußen zu Tilsit Frieden schlossen. Dieser unerklärliche Schritt zog den Marschall Brune am 13. Julius mit 60.000 Mann in sein Land, vor welchen er sich nach Stralsund flüchten musste. Unser Greifswald hatte die kostspieligen Gäste nun zum zweiten Male in seinen Mauern. Von den Wällen herab sahen viele Neugierige ihren Heranzug an, was die Franzosen für eine Demonstration hielten. Sie feuerten Flintenschüsse auf sie ab und ließen sich die Plünderung der Stadt nur durch eine große Geldsumme abkaufen.

Da die schwedische Landesverwaltung sich auch nach Stralsund zurückgezogen hatte und dort eingeschlossen war, so setzte der Marschall eine provisorische Regierung in Greifswald ein, die aus folgenden Mitgliedern bestand:

      von Tun, vormaliger Regierungs-Präsident.
      von Behr, vormaliger Landesdirektor.
      von Schwanfeld, vormaliger Deputierter.
      Baron von Ascheraden, vormaliger Deputierter.
      von Dahlenstierna, vormaliger Deputierter.
      von Boltenstern, Amtshauptmann zu Loitz.
      Hagemeister, Ober-Appellationsgerichts-Rat.
      Odebrecht, Syndicus von Greifswald.
      von Hochwächter, Gutsbesitzer.
      Hofrat Fabricius, Sekretär.

Durch diese provisorische Regierung ergingen alle französischen Befehle an das Land. Sie dauerte zwei Jahre, und an Brunes Stelle erhielt der Marschall Soult die Ober-Leitung. Er nahm zu Greifswald die Marienkirche zum Hauptmagazin, die Jacobikirche zur Feldbäckerei und das schwarze Kloster zum Feldlazarett in Beschlag.

In Stralsund herrschte unter den schwedischen Generälen die größte Uneinigkeit, und da der König keinen Ausschlag zu geben vermochte, so leisteten sie keinen nachdrücklichen Widerstand und ließen die Batterien zum Bombardement der Stadt fast ungehindert fertig werden. Da bat der Magistrat den König inständig, die Zerstörung der Stadt durch ihre Übergabe abzuwenden, worin er auch willigte. Am 20sten August verließen die Schweden Stralsund und gingen nach Rügen, von wo sie sich im September nach Schweden einschifften.

Die französische Regierung besetzte einige erledigte Professuren durch tüchtige Männer, als Rudolphi, Rühs und Kosegarten den Dichter, der vor den Franzosen aus seiner Pfarre zu Altenkirchen geflüchtet war. Ein kaiserliches Dekret vereinigte die akademischen Güter mit den Domänen und hob ihre Administration auf, aber als die Schweden wieder zum Besitz des Landes kamen, gaben sie dieselben sogleich an die Universität zurück.

In Schweden war der unglückliche Gustav IV. 1809 entthront und sein Oheim hatte als Karl XIII. den Thron bestiegen. Dieser schloss am 6. Januar 1810 Frieden mit Napoleon, durch welchen er sein Pommern zurück erhielt. Er setzte den Grafen v. Essen wieder zum Statthalter ein und berief einen Ständeausschuss nach Stockholm zur Vollendung der Verfassung. Da Wismar an Mecklenburg überlassen war, so erhielt das Tribunal nun seinen Sitz zu Greifswald und zwar in dem jetzigen Bungeschen Hause in der Büchstraße, dessen langjähriger Präsident v. Mühlenfels war. Das Hofgericht unter die Leitung des Direktors v. Möller hatte seinen Sitz in dem Hause des jetzigen Kreisgerichts. Außer diesen Obergerichten hatte jede Stadt ihr eigenes Stadtgericht und für das platte Land waren Kreisgerichte zu Bergen, Franzburg, Loitz und Greifswald eingesetzt. Die polizeilichen Angelegenheiten waren in jedem Kreise dem Landrat anvertraut.

Gustaf IV. Adolf (1778-1837) König von Schweden von 1792-1809

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Napoleons Krönung in Notre Dame

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Napoleon nach der Schlacht von Aspern

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Karl XIII. (1748-1818) König von Schweden

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