Geschichte der Stadt Greifswald - 18. Die große Feuersbrunst in Greifswald, am 1. März 1713.

Aus der Landesgeschichte Mecklenburg-Vorpommerns
Autor: Hahn, J. C. (? - ?) Gymnasiallehrer, Erscheinungsjahr: 1860
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Pommern, Sitten und Gebräuche,
Hinter dem Syndicatshause war der Stadtstall, in welchem die Pferde der sächsischen Truppen standen. Durch Unvorsichtigkeit eines Stallknechts brach wahrscheinlich Feuer aus, um 10 Uhr Abends, welches mit großer Schnelligkeit darin um sich griff. Die Einwohner Greifswalds eilten zum Löschen herbei, aber der sächsische Befehlshaber, der obengenannte Marquis von Saisan, in dem unglücklichen Wahne, die Bürger hatten dieses Feuer in Folge eines gegen ihn und seine Leute geschmiedeten Komplotts angelegt, ließ sie mit Gewalt zurücktreiben und die zu dem Feuer führenden Straßen absperren. Nun wurde die Bestürzung, Angst und Verwirrung der Einwohner auf den höchsten Grad gesteigert. Sie wussten, dass in dem alten Zeughause, das nahe an dem Herd des Feuers stand, ein bedeutender Vorrat von Pulver lag, der, wenn er entzündet wurde, der ganzen Stadt den Untergang bringen musste, und sahen zitternd mit jeder Minute dieser Katastrophe entgegen. Das Zeughaus blieb jedoch vom Feuer verschont, da ein starker Wind die Flammen über das Gebäude hinweg trieb und sie auf das Dach des Rathauses und einiger anderer Häuser warf. Nun erst erkannte der Kommandant den Ungrund seines Argwohns und gab das Löschen frei; aber die Löschanstalten waren zum Teil durch den Mutwillen der Russen verdorben und das Feuer hatte einen zu großen Umfang gewonnen, als dass die Einwohner allein desselben nunmehr noch hätten Herr werden können. In dieser äußersten Not eilte der edle Carlson mit seinen Seeleuten und Löschmaschinen herbei, und durch diese Unterstützung und seine zweckmäßigen Anordnungen setzte man der Feuersbrunst Schranken. Von dem Rathause konnte nur die sogenannte grüne Stube und das daneben befindliche gewölbte Archiv mit seinen Dokumenten gerettet werden. 36 Häuser mit ihren Nebengebäuden waren außer dem Rathaus ein Raub der Flammen geworden, aber man schätzte sich doch glücklich, dass der Schaden nicht noch größer geworden war. Ohne Carlsons Beistand wäre Greifswald wahrscheinlich ein großer Schutthaufen geworden, denn wie lange hätte sich wohl das baufällige Zeughaus in der Mitte eines Flammenmeeres halten sollen? Aus einem gänzlichen Untergange würde sich unsere Stadt schwerlich wieder erhoben haben, da es für die Einwohner schon schwierig genug war, in und auf den Trümmern vormaliger steinerner Gebäude elende hölzerne Hütten aufzuzimmern, die noch jetzt unsere besten Straßen verunzieren. Es hat also Greifswald kaum weniger als Anklam dem braven Carlson seine Erhaltung zu verdanken, was bei uns nicht hinlänglich anerkannt zu werden scheint.

Pferdestall auf dem Gut

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